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Am 16. Dezember 2001 waren die Portugiesen aufgerufen, die Gemeinderäte und die Oberbürgermeister in ihren 308 Kommunen neu zu wählen. Die Wahlbeteiligung war mit etwas über 60 % ähnlich wie bei den letzen Kommunalwahlen im Jahre 1997. Die für Portugal ungewöhnlich kalten Temperaturen am Wahltag haben nicht zu der großen und befürchteten Wahlenthaltung geführt.
Gemeinderatswahlen haben in Portugal große politische Bedeutung. Es fehlt, wie in vielen größeren Ländern zwischen nationaler und kommunaler Ebene eine regionale Gebietskörperschaft. Diesbezügliche Reformvorhaben wurden durch eine Volksbefragung von den Portugiesen 1998 verworfen.
Die Sozialisten regieren Portugal seit Oktober 95 nunmehr in der 2. Legislaturperiode mit Antonio Guterres als Ministerpräsident. Die langjährige Regierungspartei PPD / PSD (liberal- konservativ), die mit Francisco Sá Carneiro und Anibal Cavaco Silva mehr als 14 Jahre die Geschicke des Landes bestimmt hatte, bildet die wichtigste und stärkste Opposition im portugiesischen nationalen Parlament.
Der seit dem Rücktritt von Prof. Marcelo Rebelo de Sousa vom Amt des Parteivorsitzenden. des PPD / PSD eingesetzte innerparteiliche Gegner - der letzte Außenminister der Regierung von Cavaco Silva, José Manuel Durão Barroso - war u. a. zum Vorsitzenden der Partei im Mai 99 avanciert, da er ein erklärter Gegner der Zusammenarbeit des PPD / PSD mit dem rechtskonservativen PP / CDS war. Ohne eine solche Zusammenarbeit - und dies wurde auch Durão Barroso kurz nach seinem Amtsantritt klar - hat das bürgerliche Lager im Lande keine Möglichkeit, die sozialistische Regierung abzulösen.
Allgemeine Parlamentswahlen waren in Portugal für September 2003 vorgesehen. Die sozialistische Regierung zeigt jedoch zunehmend Ermüdungserscheinungen, so dass schon seit mehr als einem Jahr Gerüchte über vorgezogene Neuwahlen umlaufen.
Durão Barroso gilt innerhalb seiner Partei als schwach und rangiert in der Popularitätsskala portugiesischer Politiker weit hinter dem amtierenden Ministerpräsidenten. Fehlendes Charisma und Führungsschwäche werfen ihm seine innerparteilichen Gegner vor. Auf dem letzten Parteitag behauptete sich der Vorsitzende gegenüber seinen Konkurrenten nur knapp.
Seit seinem Amtsantritt verwendet José Manuel Durão Barroso viel Kraft und Energie für die Konsolidierung seiner Führungsposition. Er möchte seine Chance nutzen, als Kandidat für das Ministerpräsidentenamt gegen Antonio Guterres im Spätsommer 2003 anzutreten.Nach dem Ergebnis der Kommunalwahlen vom 16. Dezember wird ihm keiner aus der Führungsmannschaft seiner Partei diese Chance streitig machen.
Der PSD ist klarer Sieger der Kommunalwahlen. Von den insgesamt 308 zur Wahl ausstehenden Gemeinderäten entfielen auf die portugiesische EVP-Mitgliedspartei 159. 113 Oberbürgermeister stellt künftig die sozialistische Partei, 28 die Kommunisten und 3 die Rechtskonservativen.
Der wichtigste Gemeinderat ist wegen seines hohen symbolischen Wertes und wegen der Größe der Hauptstadt Lissabon. Hier trat für die sozialistische Partei der bisherige Amtsinhaber João Soares (Sohn des langjährigen Ministerpräsidenten und Staatspräsidenten Mario Soares) gegen den Newcomer Pedro Santana Lopez vom PSD an.
Mit 41,98% gegenüber 41,70% für Soares siegte Santana Lopez und ist neuer Oberbürgermeister. Noch überwältigender war in Porto der nicht erwartete Wahlsieg von Rui RÃo, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und wirtschaftspolitischer Sprecher der PPD / PSD im nationalen portugiesischen Parlament. Er siegte mit 42,75% gegenüber dem langjährigen sozialistischen Minister und Amtsinhaber Fernando Gomez von der PS. Der PSD gewann darüber hinaus in den Städten Faro, Coimbra, Cascais, Tavira und in vielen kleineren Gemeinden.
Der Vorsitzende des PPD / PSD im Norden des Landes, Luis Filipe Menezes, setzte mit seinen 60,2% der gültigen Stimmen Maßstäbe. Er ist nunmehr zum zweiten Mal als Oberbürgermeister der Stadt Villa Nova de Gaia auf der anderen Seite des Douro-Flusses, gegenüber von Porto, bestätigt. Dieses hervorragende Ergebnis wird seine nationalen Ambitionen beflügeln.
Antonio Guterres gab in der Wahlnacht die Niederlage seiner Partei zu und übernahm die politische Verantwortung. Er unterrichtete vor laufenden Kameras und Medienvertretern, er wolle den Staatspräsidenten bitten, seinen Rücktritt als Ministerpräsident des Landes anzunehmen.
Staatspräsident Jorge Sampaio hat nach Rücksprache mit wichtigen Spitzenpolitikern aus allen Parteien dem Gesuch seines Parteifreundes stattgegeben. Er löste daraufhin das Parlament auf, und legte den 17. März einvernehmlich als Datum für vorgezogene allgemeine Parlamentswahlen fest.
In diesem Fall hätte Durão Barroso mit seinem PPD / PSD gute Chancen, die Stimmung im Lande zum Regierungswechsel für das bürgerlich konservative Lager zu nutzen. Dies um so mehr, als der Vorsitzende des rechtskonservativen PP / CDS, Paulo Portas, die Enttäuschung über das Wahlergebnis seiner Partei zugab. Damit wird eventuell der Weg frei für einen Wechsel in der Vorsitzendenfunktion des PP / CDS, was Durão Barroso die notwendige Zusammenarbeit für einen Wahlsieg auf nationaler Ebene zwischen beiden Parteien des bürgerlichen Lagers erleichtern könnte.