Am 13. Juni fanden in Korea zum 2. Mal (nach 1998) Kommunalwahlen statt. 4415 Posten waren zu vergeben für Provinzgouverneure, Bürgermeister, Stadtverordnete und Beiräte. An fast 14.000 Wahllokalen haben 46.4% (!) der Bevölkerung gewählt - eine enttäuschend geringe Politikbeteiligung (1998:52,7%), für deren Entschuldigung die Fußballweltmeisterschaft in Südkorea nur teilweise herhalten kann.
Die 10.894 Kandidaten haben sich auf 9 Gouverneure, 7 Oberbürgermeister sowie 232 Bürgermeister und fast 3500 Provinz- und Staatsräte verteilt (Quote 2,5:1). Die Ergebnisse (14.06.2002):
Stadt, Provinz
Partei
Seoul
GNP (Grand National Party)
Pusan
GNP
Taegu
GNP
Incheon
GNP
Kwangju
MDP (Millennium Democratic Party)
Taejon
GNP
Ulsan
GNP
Kyonggi
GNP
Kangwon
GNP
N. Chungchong
GNP
S. Chungchong
ULD (United Liberal Democrats)
N. Cholla
MDP
S. Cholla
MDP
N. Kyongsang
GNP
S. Kyongsang
GNP
Cheju
MDP
11 von 16 Provinzgouverneuren werden der oppositionellen Grand National Party (GNP) angehören, während die Regierungspartei, Millennium Democratic Party (MDP), lediglich 3 Positionen in der "Stammprovinz" des Parteigründers und jetzigen Staatspräsidenten Kim Dae-jung gewinnen konnte. Kommentar:
Südkorea blickt auf eine sehr kurze gerade 15 Jahre alte demokratische Geschichte zurück; von "Tradition" kann keine Rede sein. Dementsprechend haben Kommunalwahlen ("Keimzelle der Demokratie") kaum Konjunktur: auch authentische Bürgerbeteiligung muss - noch - gelernt werden.
Während des diesjährigen Wahlkampfes fielen vor allem die unappetitlichen Begleitumstände des Rufmordes und der üblen Nachrede in den politischen Streitigkeiten zwischen Regierung und Opposition auf ("character assassination").
Fast genau 6 Monate später (Dezember 2002) wird in Korea ein neuer Präsident direkt vom Volk gewählt; die Kommunalwahlen gelten zurecht als aussagefähiges Stimmungsbarometer für die Gewinnchancen der beiden Präsidentschaftsanwärter Lee Hoi-chang (GNP, Opposition) und Roh Mu-hyun.
Demnach hat nun die GNP wirklich die besseren Chancen - und damit deren Kandidat Lee Hoi-chang. Nahezu 2/3 der südkoreanischen Verwaltungseinleiten werden von der Opposition geleitet und politisch geprägt, lediglich 2 Provinzen und die südlich gelegene Insel Chejudo befinden sich noch unter MDP-Administration (die nordwestliche Provinz South Chungchong wird von der United Liberal Democrats (ULD) "bestimmt", deren Hauptstadt Taejon jedoch von der GNP).
In diesem Zusammenhang muss noch einmal das brisante Thema "Umgang mit Nordkorea" erwähnt werden. Denn obwohl die Kommunalwahlen auf den ersten Blick wenig mit der außenpolitischen Konzeption Südkoreas gegenüber dem feindlichen zweiten Land gleichen Namens zu tun haben, beeinflusst die beiden koreanischen Teilstaaten jede noch so "lokale" Politikgestaltung im jeweils anderen Land.
Die jüngsten kritischen Bemerkungen des vor zwei Monaten noch klar in Führung liegenden MDP-Kandidaten im Hinblick auf die "unnötige" Stationierung von US-Truppen im Lande und die asylsuchenden Nordkoreaflüchtlinge in den Botschaften Spaniens, Deutschlands und Japans in Beijing haben Unmut und Ablehnung hervorgerufen und die Position der ums politische Überleben kämpfenden Regierungspartei weiter geschwächt.
Die Mehrzahl der jüngeren Generation Südkoreas, geboren nach 1953 und damit gewöhnt an den "natürlichen" Zustand einer Doppelexistenz von koreanischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsprägungen, kümmert sich vorrangig um innersüdkoreanische "Anliegen (hier eine politikmüde Indifferenz zu vermuten, wäre falsch!)". Sie lehnt freilich eine nationale Wiedervereinigung rundweg ab (zu teuer, zu utopisch, zu gefährlich). Der so oft beschworene Patriotismus der Südkoreaner, zumindest der heute 40 - 50-jährigen Mittelklasse, findet seine Grenzen am 38. Breitengrad.