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Neue Migrationsroute?

Irreguläre Migration aus Westafrika sucht neue Wege

Die Zahl der aus Senegal irregulär ausgereisten Migranten nimmt seit Jahren ab. Während die Migrationsroute durch die Sahara nach Libyen und von dort weiter über das Mittelmeer nach Europa an Attraktivität einbüßt, erhält eine für stillgelegt geglaubte Route über den Atlantik als Eintrittstor nach Europa neuen Zulauf. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex erhält größere Wichtigkeit.

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Senegalesen mit einer Piroge | © Stuart Gaunt / flickr / CC BY-NC-ND 2.0 © Stuart Gaunt / flickr / CC BY-NC-ND 2.0
Senegalesen mit einer Piroge | © Stuart Gaunt / flickr / CC BY-NC-ND 2.0

Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat

Senegal gilt in Deutschland als sicherer Herkunftsstaat. Politische Verfolgung findet in dem westafrikanischen Land nicht statt und Asylanträge von Senegalesen in Deutschland werden demnach nahezu ausnahmslos abgelehnt. Die Senegalesen, die ihr Land verlassen, tun dies seit Jahren mehrheitlich aus wirtschaftlichen Gründen. Sie sind auf der Suche nach einem besseren Leben für sich und ihre Familien. Die genaue Zahl der irregulär ausgereisten Migranten aus dem Senegal ist aufgrund der Personenfreizügigkeit in Westafrika nur schwer zu beziffern. Insgesamt geben die von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) veröffentlichten Zahlen jedoch einen Überblick darüber, wie viele Menschen irregulär über das Mittelmeer nach Europa reisten. Bis Mitte August 2018 wurden demnach 63.142 Personen als Migranten und Flüchtlinge registriert, die in Europa über das Mittelmeer ankamen. Davon wurden 26.350 Personen in Spanien registriert, 2018 bisher das Land in Europa mit den meisten registrierten Migranten und Flüchtlingen. 1.527 Menschen verloren nach Angaben der IOM im gleichen Zeitraum im Mittelmeer ihr Leben.

Die veröffentlichten Zahlen bestätigen, dass die Zahl der registrierten Migranten rückläufig ist – 2017 wurden im gleichen Zeitraum 119.137 Ankünfte und 2016 sogar 266.423 von der IOM registriert. Die wichtigsten Herkunftsländer der von IOM im Juli 2018 registrierten Migranten und Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika sind Eritrea (2.859 Personen), Sudan (1.595 Personen), Nigeria (1.248 Personen), Côte d´Ivoire (1.040 Personen), Mali (875 Personen) und Guinea (809 Personen). Ein IOM-Sprecher macht darauf aufmerksam, dass seit einigen Monaten ein deutlicher Rückgang von Ausreisenden aus Subsahara-Afrika Richtung Europa mit Ausgangspunkt Libyen zu verzeichnen sei.

Offizielle Stellen betonen regelmäßig, dass dieser Rückgang von Migranten aus Subsahara-Afrika Richtung Libyen auch mit dem seit November 2017 in sozialen Netzwerken kursierenden und von CNN veröffentlichten Video zusammen hängen dürfte, wonach Migranten in Libyen teilweise unter sklavenähnlichen Bedingungen leben müssten. Zahlreiche Gesprächspartner in Gambia und Senegal bestätigen, dass dieses Video eine abschreckende Wirkung hätte. Hinzu kommen Berichte über Erpressungen, Vergewaltigungen, Folter und unmenschliche Lebensverhältnisse in libyschen Lagern sowie das kriminelle Agieren skrupelloser Schlepperbanden. Derartige Berichte werden auch in senegalesischen und gambischen Medien zunehmend thematisiert. Auch in sozialen Netzwerken werden sie tausendfach verbreitet. Dies zeigt: Die Rolle der sozialen Medien bleibt wichtig und in ihrer Wirkung vielfältig.

Migration als Gemeinschaftsaufgabe

Viele Familien investieren ihr gesamtes Vermögen in das Abenteuer einer irregulären Migration und müssen ihrem an Schlepperbanden geratenen Familienmitglied in Libyen anschließend zusätzliche Mittel überweisen, damit die Weiterreise über das Mittelmeer überhaupt möglich ist. Die viel zu teuren Preise für die von Schleppern in alten und überfüllten Booten organisierte Überfahrt treiben ganze Familien in den Ruin. Viele der Boote schaffen es ohnehin nie nach Europa – immer mehr von ihnen werden von der libyschen Küstenwache aufgehalten und an die libyschen Küste zurück gebracht, andere der maroden Boote überstehen die Überfahrt über das Meer nicht.

Die Todeszahlen von irregulären Migranten in der Sahara und deren ungewisses Schicksal in Libyen schrecken viele ab, die über eine irreguläre Migration auf dem Landweg bis nach Nordafrika nachdachten. Die von IOM in Libyen registrierten Migrantenzahlen belegen, dass die Zahl der aus Senegal stammenden Migranten seit Jahren rückläufig ist. Durch die Bewegungsfreiheit innerhalb der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft CEDEAO/ECOWAS kann bis Niger eine Fortbewegung unkontrolliert erfolgen. Libyen ist nicht Teil der CE-DEAO/ECOWAS, wobei die wenigsten Migranten über offizielle Grenzen das Land betreten. Daher ist die Nennung konkreter Zahlen irregulär Ausreisender praktisch unmöglich, lediglich die Zahl der Rückkehrer kann mittels der von IOM organisierten freiwilligen Rückführungen beziffert werden.

Zahl der Rückkehrer nach Gambia steigt

Einige der irregulär Ausgewanderten entscheiden sich in Libyen mithilfe der IOM dazu, in ihr Ursprungsland zurück zu kehren. Nach Auskunft der IOM in Gambia sind von Januar 2017 bis Juli 2018 3.500 Gambier in das Land freiwillig von einer irregulären Migration zurück gekehrt – weit mehr als von IOM ursprünglich erwartet. Für das seit 2017 bestehende IOM-Büro sah die Planung der kommenden drei Jahre eine begleitete Rückführung für 1.500 Personen vor. Die Zahl der Rückführungen ist somit bereits zur Hälfte der Arbeitsplanung um mehr als das doppelte angestiegen. 98 Prozent der freiwilligen Rückkehrer nach Gambia sind männlich, 90 Prozent jünger als 35 Jahre. 70 Prozent der zurückgekehrten Gambier reisten aus Libyen, ca. 20 Prozent aus Niger zurück.

Die IOM organisiert und bezahlt in solchen Fällen die freiwillige Rückreise und bietet vor Ort im Herkunftsland Beratungsleistungen zur Lebensgestaltung an. In Gambia erhält jeder Rückkehrer von der IOM einmalig 65 Euro in bar für den Transport vor Ort, nicht wenig in einem Land dessen monatliches durchschnittliches Einkommen unter 50 Euro liegt. Die Gründe für eine Umkehr irregulärer Migranten sind unterschiedlich: vielen geht das Geld zur Bezahlung von Schleppern aus, andere sind traumatisiert von den Erlebnissen der bisherigen Reise und kehren ernüchtert in ihr Herkunftsland zurück. Zu Hause müssen sie mit einem herben Ansehens-Verlust rechnen. Sie gelten den Meisten als Versager, die die Hoffnungen ihrer Familien auf eine finanzielle Verbesserung ihrer Lebenssituation nicht erfüllen konnten.

Die Zahl der freiwilligen Rückkehrer aus Libyen in Herkunftsländer in Subsahara-Afrika korreliert mit den geringer werden Registrierungen irregulärer Migranten in Europa und lässt darauf schließen, dass die Migrationsroute durch die Sahara an Bedeutung verliert. Neueste Berichte deuten darauf hin, dass sich die irreguläre Migration verlagert und neue Wege gen Europa gesucht werden – dabei erhält auch die irreguläre Ausreise mit Booten von der westafrikanischen Küste über den Meeresweg erneute Bedeutung.

Megathema Migration positiv belegt

Migration war in Westafrika stets präsent und erhält bis heute im Senegal eine positive Konnotation. Prinzipiell wird in gesellschaftlichen Debatten ein „Grundrecht auf Migration“ betont. Die in Europa geführte Migrationsdebatte – sei es die Diskussion über die Einhaltung der Dublin-Regeln oder über Seenotrettung – wird kritisch betrachtet. Durch künstliche und kaum zu bewachende Staatsgrenzen sowie familiäre Beziehungen über mehrere Länder hinweg, kann die westafrikanische Migrationsphilosophie nur wenig verwundern. Über Jahr-hunderte hinweg bewegten sich Stämme frei in der Region und wurden erst seit der Schaffung von Nationalstaaten in ihrer Bewegungsfreiheit reglementiert. Die 15 Staaten umfassende CEDEAO/ECOWAS bietet ihren Staatsbürgern theoretisch Bewe-gungsfreiheit. In der Realität behindern allerdings korrupte Zoll- und Grenzbeamte, sehr hohe Transportkosten und die schlechte Infrastruktur eine solche Idee. Die Frustration darüber ist vor allem bei jungen Menschen zu spüren. Deren Reisedrang gepaart mit einer großen Unzufriedenheit über herr-schende Einschränkungen – auf dem Kontinent aber auch bzgl. der Visavergabe europäischer Länder – birgt auch politische Sprengkraft.

Senegal: Vom Einwanderungs- zum Auswanderungsland

Senegal ist in Westafrika traditionell auch ein Einwanderungsland. Während der zwei Jahrzehnte währenden Diktatur in Gambia bis Januar 2017 hielten sich zahlreiche Gambier in ihrem Nachbarland auf. Auch Einwanderer aus Mali und Guinea führen dazu, dass mindestens 300.000 Einwanderer im Senegal leben. Spätestens seit den 2000er Jahren entwickelte sich Senegal jedoch auch zum Auswanderungsland. Heute leben mindestens drei Millionen Senegalesen im Ausland. Deren Rücküberweisungen machen mit ca. 2 Mrd. Euro jährlich knapp 13 Prozent des senegalesischen Bruttoinlandsproduktes aus und sind somit auch wirtschaftlich von zentraler Bedeutung. Nach Nigeria und Ghana erhält Senegal in Subsahara-Afrika die höchsten Rücküberweisungen – vor allem aus Europa und Nordamerika, obschon 60 Prozent der ausgewanderten Senegalesen in westafrikanischen Ländern leben.

Einfluss der Diaspora steigt – auch durch eigene Abgeordnete

Die politische Relevanz der senegalesi-schen Diaspora ist seit der Parlamentswahl 2017 auch in der Nationalversammlung abgebildet. Seitdem sind unter den 165 Abgeord-neten auch 15 direkt in der Diaspora gewählte Abgeordnete zu finden: je sechs aus Europa und Subsahara-Afrika sowie je ein Abgeordneter aus Nordafrika, Asien und Amerika. Diese 15 Diaspora-Abgeordneten sollen die politischen und wirtschaftlichen Interessen der im Ausland lebenden Senegalesen in die Gesetzgebungsprozesse und gesellschaftliche Auseinandersetzung miteinbringen. Die Diaspora gilt als 15. Region Senegals und wird expressis verbis auch im 2014 von Staatspräsident Macky Sall vorgestellten Senegalesischen Entwicklungsplan PSE hervorgehoben.

Neue alte Migrationsroute?

Im Sommer 2018 mehren sich Berichte, wonach Migranten erneut mit Pirogen und anderen Booten über das Meer aufbrechen. Ihr Ziel sind die Kanarischen Inseln, 1.500 km vor der Küste Westafrikas gelegenes spanisches Territorium und somit Teil der Europäischen Union. 2006 kamen mehr als 31.000 irreguläre Migranten mit Booten auf den Kanarischen Inseln an.

In den letzten Jahren ging die Zahl jedoch auf nahezu Null zurück. Der Grund hierfür ist in erster Linie ein Erfolg von Frontex!

Die seit 2004 bestehende Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache ist seit Beginn der „Operation Hera II“ zur Überwachung der Kanarischen Inseln im August 2006 vor der Küste Senegals vertreten. Die operative Arbeit wird von der spanischen Guardia Civil vorgenommen, die mit zwei Schiffen, einem Helikopter und spanischen Grenzschutzbeamten im Senegal vertreten ist. Wie der spanische Botschafter im Senegal, Alberto Virealla, betont, funktioniere die Kooperation zwischen Senegal und Spanien „exzellent“ und umfasse neben einer engen Zusammenarbeit bei der Verhinderung einer irregulären Ausreise über das Meer auch eine Abstimmung bei Fragen von Rückführungen von Senegalesen aus Spanien.

Die persönlichen Kontakte der spanischen Polizisten mit ihren senegalesischen Kollegen und die tägliche Zusammenarbeit hinter den Kulissen erleichtert es den spanischen Behörden auch bei im Senegal unpopulären Themen wie der Rückführung eigener Staatsbürger erfolgreich zu sein. Die Mission vor der senegalesischen Küste wird drei Monate im Jahr von der EU und neun Monate jährlich von Spanien finanziert. Spanien ist auch in der Entwicklungszusammenarbeit im Senegal stark engagiert.

So betont der spanische Botschafter in Dakar etwa: „Das spanische Erfolgsrezept in Sachen Migration ist, mit den Ländern der Region auf vielfältige Weise zusammenzuarbeiten. Das heißt: Armut bekämpfen, wirtschaftliche Entwicklung und Handelsbeziehungen stärken, kulturellen Austausch vertiefen. Wenn die Europäische Union die Migration kontrollieren will, wird sie nur dann erfolgreich sein, wenn auch die Herkunftsländer etwas davon haben.“ Der Erfolg dieses spanischen Ansatzes von „Leistung gegen Gegenleistung“ ist erstaunlich, da sich der senegalesische Staatspräsident Macky Sall 2017 deutlich positionierte und klar formulierte, dass eine Verknüpfung von Entwicklungszusammenarbeit mit dem Thema Migration bzw. die Rückführung irregulärer senegalesischer Migranten aus europäischen Ländern für ihn nicht hinnehmbar sei. Es gibt daher auch Spekulationen darüber, ob zwischen Spanien und Senegal weitere bilaterale Abkommen geschlossen wurden, z.B. im Hinblick auf bestimmte Quoten für eine Bleibeperspektive senegalesischer Migranten in Spanien.

Kooperation und Verweigerung

Die Regierung in Dakar pendelt in ihrer Migrationspolitik zwischen Kooperation und Verweigerung. In der Zusammenarbeit mit Frontex und der spanischen Regierung zeigt sich die Regierung Macky Salls sehr kooperativ und identifiziert sich selbst mit einem funktionierenden maritimen Grenzschutz. Die Frontex-Patrouillen sind stets von spanischen und senegalesischen Polizisten besetzt. Der senegalesischen Regierung scheint es bei dieser Kooperation auch darum zu gehen, Todesfälle vor der Küste Senegals zu vermeiden und irreguläre Migranten von dieser riskanten Ausreise abzubringen. Der Druck der sehr aktiven senegalesischen Zivilgesellschaft ist diesbezüglich nicht zu unterschätzen. Die hohe Zahl an Todesfällen auf dem Meer wie in den 2000er Jahren wurde und wird nicht unkritisch hingenommen. Allein die Präsenz spanischer Kontrollboote und des Helikopters wirken abschreckend. Der Einsatz von modernen Radarsensoren, Nachtsichtgeräten und Infrarotkameras ist bekannt und wird in den (sozialen) Medien thematisiert.

Auch die senegalesische Polizei hat inzwi-schen eine Sondereinheit für irreguläre Migration. Gemeinsam mit ihren spanischen Kollegen kontrollieren sie Fischerboote nach möglichen irregulären Migranten. Wer im Verdacht steht, auf die Kanarischen Inseln reisen zu wollen, wird zurück an die Küste gebracht. In den vergangenen Wochen wurden gescheiterte irreguläre Migranten von der senegalesischen Polizei registriert, ver-nommen und in Untersuchungshaft genommen.

Rückführung ist im Senegal ein Tabuthema

Während die senegalesischen Behörden bei der Prävention einer irregulären Migration kooperieren, trifft bei der Rückführung von ausreisepflichtigen Staatsbürgern aus Europa das Gegenteil zu. Die senegalesische Regierung weigert sich – anders als die gambische Regierung –, nicht freiwillig zurückkehrende Staatsbürger aufzunehmen. Zu groß ist der innenpolitische Druck, einen nach vielen Strapazen und finanziellen Aufwendungen nach Europa ausgereisten Bürger wieder aufzunehmen, weil er dort nicht anerkannt wird. Auch die hohen Einnahmen durch Rücküberweisungen spielen dabei eine Rolle. Macky Sall möchte im Vorwahljahr außerdem unbedingt vermeiden, als Handlanger Europas betrachtet zu werden.

Senegalesen starten erneut mit Booten

Seit einigen Monaten häufen sich wieder die Versuche, von Westafrika über das Meer Europa zu erreichen. Dies dürfte auch mit den etablierten europäischen Abkommen mit Staaten wie Niger und Tschad zusammenhängen. Da dort die Grenzkontrollen zunehmen und die Situation für Migranten in Libyen physisch und finanziell immer unberechenbarer wird, suchen sich Migrationswillige neue Wege Richtung Europa. Dabei wird offensichtlich auch auf Routen zu-rückgegriffen, die seit Jahren als stillgele gt galten.

Nahezu wöchentlich wird über solche Auswanderungsversuche berichtet. Mitte August wurden in Dakar mehrere Dutzend Senegalesen daran gehindert, als irreguläre Migranten über das Meer aufzubrechen. Unter den 33 Identifizierten waren zwei Frauen. Das Boot war mit 51 Kanistern mit je 60 Litern Kraftstoff sowie Säcken mit Reis, Zucker und Zwiebeln befüllt. Da das Boot mit Wasser volllief, kehrte es an die Küste in Dakar zurück. Bereits eine Woche zuvor berichteten Medien in Gambia darüber, dass 79 Migranten von der gambischen Küstenwache gerettet worden seien. 58 der 79 registrierten Migranten seien Senegalesen, die übrigen 21 gambische Staatsbürger, so ein Sprecher der gambischen Immigrationsbehörde. Auf dem Boot sei ein Feuer ausgebrochen, weshalb Panik aufkam und sieben Migranten über Bord sprangen.

Einschätzung

Die aktuelle Zunahme von Migranten, die eine riskante Überfahrt mit maroden und überfüllten Booten vom Senegal auf die 1.500 km entfernten Kanarischen Inseln wagen offenbart, wie schwierig eine effektive Eindämmung irregulärer Migrationsbewegungen ist. Erweist sich die Durch- oder Ausreise aus bestimmten Ländern schwierig, werden neue Routen gefunden. Prinzipiell aufhalten lassen sich Migrationswillige auch durch abschreckende Bilder und Erfahrungsberichte offensichtlich nicht.

Der gesellschaftliche und ökonomische Druck für eine irreguläre Migration bleibt hoch. Der positive Bezug zur Migration in westafrikanischen Gesellschaften erschwert zudem eine effektive Debatte über Risiken und die mangelnden Perspektiven in Europa.

Die Präsenz von Frontex vor der Küste Senegals zeigte und zeigt Wirkung. Die Zahl der irregulär auf die Kanarischen Inseln ausgewanderten Migranten aus Senegal konnte seit 2006 erheblich reduziert werden. Ohne die Frontex-Präsenz wäre die Zahl der Überfahrten über das Meer und der Todesfälle sicherlich deutlich höher. Die personelle und finanzielle Aufstockung für Frontex ist daher richtig und lässt auch der Entwicklungszusammenarbeit eine größere Bedeutung zukommen.

Die Erfahrung mit Frontex zeigt auch wie sehr Europa ein Teil der Lösung der irregulären Migrationsproblematik sein kann.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen und Perspektiven vor Ort – vor allem für die junge Generation – bleiben zentral, um Fluchtursachen wirksam reduzieren zu können. Neben der Ausweitung von legalen Migrationsmöglichkeiten, z.B. durch Ausbildungspartnerschaften oder Hochschulkooperationen, bleibt es außerdem wichtig, das größtenteils falsche, da als Eldorado dargestellte, Europabild in Afrika richtig zu stellen. Doch selbst dann bleibt die Frage, ob in einem sozio-kulturellen Kontext, in dem Migration prinzipiell als etwas Positives angesehen wird und gar ein „Menschenrecht auf Migration“ postuliert wird, eine Eindämmung irregulärer Migrationsbewegungen tatsächlich möglich sein wird.

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Dr. Thomas Volk

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thomas.volk@kas.de
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