Country reports
Gegenüber anderen Wahlkämpfen fehlen nach Ansicht politischer Experten die sonst üblichen gewalttätigen Auseinandersetzungen, aber auch den im Fernsehen übertragenen Debatten zwischen den Präsidentschaftskandidaten fehlte es an inhaltlichem Gehalt.
Angesichts der nach ihrer Meinung fehlenden Wahloptionen riefen die linken Organisationen, Gewerkschafts- und Studentenvereinigungen zur ungültigen Stimmabgabe auf.
Das Wahlgesetz sieht vor, dass ab Donnerstag dieser Woche nach dem geltenden Wahlgesetz keine Wahlumfragen mehr veröffentlicht werden dürfen.
Anmerkungen zur Sitzverteilung nach dem geltenden Wahlgesetz
Das Wahlsystem des Landes ist kompliziert und hat traditionell nicht nur den Wähler, sondern auch die Parteien und ihre Kandidaten verwirrt.
Zur Wahl der Abgeordneten ist das Land in 40 Wahlbezirke eingeteilt: in 26 Bezirke, in denen ein Mandat nach dem Mehrheitswahlrecht (uninominal) und in 14 Bezirke, in denen zwei bis sechs Mandate nach einem gemischten Proportional-/ Mehrheitswahlrecht (plurinominal) vergeben werden. Zunächst werden zwischen den Parteien nach dem Quotienten (aus gültigen Stimmen und verfügbaren Mandaten) und Halbquotienten (Hälfte des Quotienten) Mandate vergeben und auf die Kandidaten übertragen. Eine Partei, die den Quotienten erreicht hat, kann nicht an der Mandatsverteilung nach dem halben Quotienten teilnehmen. Bleiben Mandate als sogenannte Residualmandate übrig, so werden sie auf die Kandidaten nach Anzahl der erhaltenen Stimmen verteilt.
Dieses Wahlsystem begünstigt die beiden traditionellen großen Parteien sowie die wahltaktische Arithmetik zwischen den Teilnehmern einer Wahlallianz, um sich über die Residualmandate die Mehrheit im Parlament zu sichern. So erlangte beispielsweise die PRD bei den letzten Wahlen 50 % ihrer Parlamentssitze über diese Residualmandate.
Klare Führung für Martin Torrijos in den Meinungsumfragen
Martin Torrijos liegt mit seiner Wahlallianz Patria Nueva bei den Meinungsumfragen unangefochten mit rd. 47 % der Wählersympathien (davon rd. 7 % aufgrund der Allianz mit der PP) an der Spitze, gefolgt von Ex-Präsident Guillermo Endara (1989 – 94) und seiner Partei Solidaridad mit rd. 29 %. An dritter Stelle folgt der ehemalige Außenminister der gegenwärtigen Regierung, José Miguel Alemán von der Wahlallianz Visión de País mit rd. 19 % der Wählerpräferenzen. Er hat als einziger der Kandidaten gegenüber vorhergehenden Umfragen kräftig zugelegt. Schlusslicht bildet Ricardo Martinelli mit seiner Partei Cambio Democrático mit rd. 7 %.
Für Martin Torrijos spricht, dass er sich auf die größte und wohl auch am besten organisierte Partei stützen kann und rd. drei Viertel der Befragten zusicherte, dass sich ihre Meinung bis zu den Wahlen auf keinen Fall ändern würde. Auch aus den bisherigen Fernsehdebatten der Präsidentschaftskandidaten ging Martin Torrijos als klarer Sieger hervor.
Die Wahlallianz Patria Nueva wird durch die PRD (Partido Revolucionario Democrático) und die PP (Partido Popular) gebildet. Der Juniorpartner PP - ursprünglich Partido Demócrata Cristiano – hatte sich im Zuge einer Öffnungspolitik für Kräfte der politischen Mitte im Juli 2001 in Partido Popular umbenannt. Die PDC war in der Zeit der Militärdiktatur unversöhnlicher Gegner der PRD und wichtiger Träger des bürgerlichen Widerstandes. Im offiziellen Parteiregister des Obersten Wahlgerichts verfügen sie über rd. 485.000 Mitglieder (davon 50.000 von der PP).
Ihr Präsidentschaftskandidat Martin Torrijos ist der Sohn des Ex-Diktators Omar Torrijos (1968 – 1978) und 40 Jahre alt. Er hat Politische Wissenschaften und Volkswirtschaft studiert und war Innen- und Justizminister in der Regierung von PRD-Mitglied Präsident Ernesto Pérez Balladeres (1994 – 99). Als Präsidentschaftskandidat der PRD verlor Martin Torrijos 1999 knapp gegen die gegenwärtige Präsidentin Mireya Moscoso – die PRD zog aber als stärkste Partei ins Parlament ein. Gegenwärtig ist er Generalsekretär der PRD. Erster Vizepräsident ist der Unternehmer Samuel Lewis Navarro, zweiter Vizepräsident ist Ruben Arosemena, Abgeordneter, Präsident der PP und ehemaliger Parlamentspräsident.
Juniorpartner in dieser Allianz ist zweifellos die PP, die sich denjenigen Wählern anbietet, die zwar Martin Torrijos wählen wollen, ihre Stimme aber nicht der historisch vorbelasteten PRD geben wollen. Die Wählerbasis der PRD ist vor allem im städtischen Bereich angesiedelt.
Wahlplattform von Ex-Präsident Guillermo Endara ist die Partido Solidaridad (PS). Im Parteiregister des Obersten Wahlgerichts verfügt sie über rd. 73.000 Mitglieder. Präsidentschaftskandidat Guillermo Endara ist 68 Jahre alt und hat Rechts- und Politikwissenschaften studiert und war engster Mitarbeiter des mehrmaligen Präsidenten Arnulfo Arias Madrid. In dessen Regierungen übte er verschiedene Funktionen aus. Darüber hinaus war er Präsident in einer Allianz mit der damaligen PDC von 1989 – 94. Rd. ein Drittel der Anhänger von Guillermo Endara sind parteilos bzw. haben keine Parteipräferenzen.
Mit Arnulfo Arias Madrid zuammen gründete er die Partido Arnulfista (PA) im Jahre 1990, distanzierte sich aber aufgrund von Differenzen mit der gegenwärtigen Staatspräsidentin und Parteivorsitzenden Mireya Moscoso. Schließlich verkündete er seine Präsidentschaftskandidatur im Namen der PS, gegründet 1993 und bei den Wahlen 1999 Allianzpartner der PRD.
Die Wahlallianz Visión de País setzt sich zusammen aus der gegenwärtigen Regierungspartei Partido Arnulfista (PA), dem Movimiento Liberal Republicano Nacionalista (MOLIRENA) und dem Partido Liberal Nacional (PLN). Im Parteiregister verfügt die Allianz über rd. 380.000 eingeschriebene Mitglieder. Ihr Präsidentschaftskandidat ist der ehemalige Außenminister unter der gegenwärtigen Präsidentin Moscoso, José Miguel Alemán. Er ist 48 Jahre alt und studierte Rechts- und Politikwissenschaften und übte in der Präsidentschaft von Guillermo Endara das Amt des Innen- und Justizministers aus. Die PA besitzt vor allem im ländlichen Bereich starke Wählerpräferenzen.
Auf die Partido Cambio Democrático stützt sich der vierte Präsidentschaftskandidat Ricardo Martinelli. Seine Partei verfügt nach dem Parteiregister über rd. 57.000 eingeschriebene Mitglieder und wird von ihm in patriarchalischer Manier geführt. Ricardo Martinelli ist 52 Jahre und hat Betriebswirtschaft studiert. Er gehört dem Unternehmersektor an und übte verschiedene Funktionen in Unternehmerverbänden aus. Im öffentlichen Bereich war er Vorstandsvorsitzender der Panamá-Kanalbehörde.
Parteienentwicklung
Die politische Entwicklung des Landes wird seit Ende der siebziger Jahre von zwei grundsätzlichen Strömungen gekennzeichnet: dem „Torrijismo“ als Ausdruck der militärischen Anlehnung der 1979 von dem Diktator Omar Torrijos gegründeten PRD und dem „Arnulfismo“ als Fortsetzung der nationalistisch-caudillistischen Tradition unter dem dreimaligen Präsidenten des Landes Arnulfo Arias Madrid in der Partido Arnulfista.
Das gegenwärtige Parteiensystem des Landes beginnt sich langsam ab dem Jahre 1978 auzuprägen, als Omar Torrijos versuchte, im Rahmen einer vorsichtigen demokratischen Öffnung den „Torrijismo“ in Form der PRD zu institutionalisieren. Nach dem Tod von Omar Torrijos beginnt sich Mitte der 80er Jahre im Gegenzug eine breite antimilitaristische Koalition (Alianza Democrática de Oposición – ADO), hauptsächlich bestehend aus „Arnulfisten“ und Christdemokraten herauszubilden.
Auch nach dem Tod von Torrijos bleibt der Militarismus vorherrschend in der PRD und 1983 übernimmt Manuel António Noriega die Führung. Die Wahlen von 1984 werden zugunsten der PRD manipuliert und die Verbindungen von Noriega mit der Rauschgiftmafia werden publik. Trotzdem kann sich Noriega bis 1989 an der Macht halten und im Hintergrund die Fäden ziehen. Bei den Wahlen 1989 siegt der ADO-Kandidat Guillermo Endara mit überwältigender Mehrheit. Er wird unterstützt durch Arnulfisten, Christdemokraten sowie weiteren Parteien. Als Noriega die Wahlen annullieren lässt, marschieren die Amerikaner ins Land, verhaften ihn und stellen ihn u.a. wegen Rauschgiftvergehen, Geldwäsche und Waffenhandel vor Gericht. Guillermo Endara kann schließlich Ende 1989 sein Amt antreten.
1990 wird die Partido Arnulfista in der Tradition von Ex-Präsident Arnulfo Arias Madrid gegründet und der interne Reformprozess der PRD eingeleitet. Beide Parteien bleiben die wesentlichen politischen Kräfte, um die sich eine Reihe von kleineren Parteien in wechselnden Allianzen gruppieren. Versuche, einen dritten Block im politischen Kräfteverhältnis zu etablieren, scheitern. In den beiden letzten Wahlgängen gewannen jeweils PRD (Ernesto Pérez Balladares 1994) und PA (Mireya Moscoso 1999).
Situation des Landes
Die allgemeine Situation des Landes wird von nicht gelösten Problemen auf allen Ebenen bestimmt. Im wirtschaftlichen Bereich reichte das geringe Wachstum nicht aus, um den Wohlstand der Bürger wachsen zu lassen. Die Lethargie der Regierung in der Wirtschaftspolitik führte dazu, dass das Land heute kaum über internationale Freihandelsverträge verfügt, um sich in die Globalisierungstendenzen zu integrieren. Die traditionellen Wachstumsmotoren Banken- und Finanzierungssektor sowie die Freihandelszone beginnen zu stocken. Lichtblicke sind der Panamá-Kanal und der Tourismussektor, die jedoch zur Wettbewerbsfähigkeit Kapitalzuflüsse benötigen, wozu jedoch wichtige Voraussetzungen, wie Stabilität der makroökonomischen Größen und Rechtssicherheit nicht in ausreichendem Maße gegeben sind.
Im Zuge der unzureichenden wirtschaftlichen Entwicklung hat sich die soziale Problematik verschärft. So steht die staatliche Sozialversicherung angesichts der Kapitalent-nahme der Regierung, alarmierender Korruption und fehlender Reformbereitschaft vor dem Bankrott. Zwei Drittel der auf rd. 9 Milliarden US-Dollar geschätzten Auslandsschulden sind in der Amtszeit der nächsten Regierung mit den entsprechenden Auswirkungen auf den Finanzmarkt fällig bzw. umzuschulden.
Wie beim Amtsantritt der aktuellen Regierung von Mireya Moscoso werden etwa 40 % der Bevölkerung mit der Armutsproblematik konfrontiert, die offene Arbeitslosigkeit liegt bei rd. 16 % und mehr als zwei Drittel der neuen Arbeitsplätze fallen im informellen Sektor ohne soziale Absicherung und Arbeitsplatzstabilität an.