Country reports
Präsident unter Korruptionsverdacht – Toledo auf den Spuren seines Vorgängers Fujimori?
Bisher konnte Perus Staatspräsident Alejandro Toledo Manrique zwar nicht mit großen politischen Erfolgen glänzen, jedoch galt er immerhin als ehrlich, unbestechlich und als Kämpfer gegen die Korruption. Aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfen im Zusammenhang mit der versuchten Einflussnahme auf die Berichterstattung des Fernsehkanals Panamericana Televisión hat sich dies schlagartig geändert.
Wie nun bekannt wurde, fanden Anfang des Jahres sieben Treffen zwischen dem Staatspräsidenten und dem damaligen Präsidenten von Panamericana Televisión, Pedro Arbulú Seminario, statt. Arbulú wirft Präsident Toledo vor, bei diesen Gesprächen mehrfach auf eine regierungsfreundliche Berichterstattung gedrängt zu haben. Außerdem soll Toledo versucht haben, einen seiner Gefolgsleute als neuen Eigentümer von Panamericana Televisión zu installieren. Toledo streitet die Gespräche mit Arbulú selbst nicht ab. Er weist jedoch alle Vorwürfe der versuchten Einflussnahme von sich, ohne jedoch glaubhaft erklären zu können, warum sich ein Staatspräsident so intensiv und persönlich um die Belage eines einzelnen privaten Fernsehsenders kümmern muss.
Toledo wieder auf dem Tiefpunkt
Skandale wie der oben beschriebene, erneut nicht haltbare Versprechen mit zweifelhafter politischer Notwendigkeit (Toledo kündigte an, den peruanischen Mittelstand wiederzubeleben, was bei einem Armenanteil von 54 Prozent der Bevölkerung und fast vier Millionen Menschen in extremer Armut auf viel Unverständnis stieß.) sowie die Ungeschlossenheit und Undiszipliniertheit der Toledo-Fraktion Perú Posible im Kongress führten dazu, dass die Meinung der Peruaner über ihr Staatsoberhaupt auf dem Tiefpunkt angelangt ist.
Der aktuellsten Umfrage (Universität Lima/Befragung in Callao und Lima) zufolge weiß Alejandro Toledo nur noch 17 Prozent der Befragten hinter sich. Mehr als 75 Prozent sind mit der Arbeit ihres Staatsoberhauptes unzufrieden. Andere Meinungsumfragen sehen Toledo nur noch bei lediglich 10 Prozent. Nach den Gründen ihres Missmutes befragt, gaben die Interviewten an, dass Toledo seine Versprechen nicht halte, seine öffentlichen Äußerungen widersprüchlich, die Resultate seiner Amtszeit unbefriedigend und seine Führungsqualitäten mangelhaft seien.
Peru-Posible-Fraktion im Kongress verkleinert sich weiter
Betrachtet man das Auftreten der Perú Posible-Mehrheitsfraktion im Kongress, tritt die Führungsschwäche Toledos am offensichtlichsten zu Tage. Interna werden an die Öffentlichkeit gefördert, Kollegen diskreditiert, Abmachungen nicht eingehalten - die Beschreibung „politischer Hühnerhaufen“ wäre dem Auftreten der bis dato 41 Perú-Posible-Abgeordneten noch geschmeichelt. Ganz offensichtlich besitzt Präsident Toledo – gleichzeitig Vorsitzender von Perú-Posible – keinerlei Einfluss auf das Gebaren seiner Parteifreunde und Volksvertreter. Nun wurde – wieder einmal – die Notbremse gezogen, um sich damit gleichzeitig weiter zu schwächen, denn bereits im Februar waren fünf Fraktionsmitglieder ausgeschieden.
Víctor Valdez Meléndez, Perú-Posible-Abgeordneter aus Pucallpa, wurde aus Partei und Fraktion ausgeschlossen. Offizieller Grund: ständige Undiszipliniertheit und Nichteinhaltung fraktionsinterner Vereinbarungen. Allerdings weiß jeder politisch interessierte Peruaner, dass der Ausschluss Valdez mit dessen Beharren auf einer gerichtlichen Untersuchung des Falles „Ugaz“ zu tun hat. Drei weitere Fraktionsmitglieder erhielten einen „strengen Verweis“ vom höchsten Perú Posible-Gremium, dem Comité Ejecutivo Nacional (CEN) - unter ihnen auchAnel Townsend Diez Canseco, eine der bekanntesten und beliebtesten Vertreterinnen von Perú Posible. Kaum ein anderes Thema hat die peruanische Öffentlichkeit und Politik in den letzten Wochen so gespalten wie der Fall des ehemaligen außerordentlichen Bevollmächtigten zur Korruptionsbekämpfung Viele Peruaner – unter ihnen auch Präsident Toledo – sehen in Wenig hilfreich für die zukünftige Politikgestaltung der Regierung Sicher erscheint jedoch allen Beobachtern, dass es spätestens zum peruanischen Nationalfeiertag am 28. Juli eine größere Kabinettsumbildung geben wird. Es ist davon auszugehen, dass sich der Anteil der Perú Posible-Mitglieder im Kabinett erhöhen wird, da der Staatschef immer mehr davon abrückt, wichtige Positionen mit parteilosen Experten zu besetzen. Jüngstes Besipiel: Neuer Chef der staatlichen Gesundheitsbehörde EsSalud wurde Mitte März das Perú Posible-Parteimitglied Einen Vertrauten hat der Staatspräsident allerdings Ende April verloren. Kaum im Amt, schon musste der Chef des Nationalen Sicherheitsrates Consejo Nacional de Inteligencia (CNI) wieder seinen Hut nehmen. Erst am 30. Januar hatte der Anwalt und Berater Präsident Seit mehr als 20 Jahren gibt es in Peru die Bestrebungen, über ein Parteiengesetz die staatliche Finanzierung politischer Parteien und Gruppierungen zu regeln. Immer wieder geben die undurchsichtigen Zuwendungsquellen von Parteien und Kandidaten Anlass zu Spekulationen über die Einflussnahme Dritter auf diese. Allzu oft findet Parteiarbeit nur im Vorfeld von Wahlen statt – nicht zuletzt aufgrund fehlender finanzieller Ressourcen. Wie wenig transparent die Finanzierung von Politik und Politikern im Lande ist, veranschaulicht ein Beispiel der im vergangenen November stattgefundenen Kommunal- und Regionalwahlen. Obwohl eine gesetzliche Offenlegungspflicht besteht, haben von den insgesamt mehr als 106.000 zur Wahl angetretenen Kandidatinnen und Kandidaten bis heute lediglich 50 (!) einen Nachweis über die Herkunft und die Ausgaben ihrer Wahlkampfmittel bei der staatlichen Wahlprüfbehörde Jurado Nacional de Elecciones (JNE) erbracht. Die Grundlage für eine staatliche Parteienfinanzierung wurde im Januar 2003 getroffen, als sich mehr als die Hälfte der 120 Kongressabgeordneten für ein Parteiengesetz aussprachen und die entsprechenden Kongressausschüsse mit der Erarbeitung beauftragten. Bereits ein Jahr zuvor hatte die Debatte um das Parteiengesetz unter den 19 offiziellen politischen Gruppierungen und Parteien des Landes begonnen. Mittlerweile zeichnen sich Kernelemente ab wie der kostenlose Zugang der Parteien zu bestimmten Radio- und Fernsehsendezeiten, die Begrenzung der Spenden auf 20.000 US-Dollar bei natürlichen Personen bzw. 60.000 Dollar bei juristischen Personen, eine noch nicht definierte Wahlkampfkostenhöchstgrenze und – als Kernelement des neuen Gesetzes - eine staatliche Parteienfinanzierung. Sollte die derzeit geplante Regelung vom Parlament verabschiedet werden, so würde dies den Parteien ca. einen US-Dollar pro Stimme einbringen. Die Verteilung der staatlichen Zuwendung würde sich auf die gesamte Wahlperiode erstrecken, um so einem Missbrauch der Gelder vorzubeugen. Zudem ist geplant, die Zuwendungen lediglich für Weiterbildungs- und Informationsmaßnahmen freizugeben. Inwiefern und wann dieses ehrgeizige Projekt umgesetzt wird, ist noch völlig offen. Klar ist lediglich, dass die Regelung frühestens ab 2006 gelten wird. Bis dahin muss noch viel Überzeugungsarbeit getan werden, da 69% der Befragten Bürger Limas und Callaos (Umfrage Januar 2003/Universität Lima) eine staatliche Parteienfinanzierung ablehnen. Am 1. Januar 2003 übernahm Gleich zu Beginn seiner vierjährigen Amtszeit sorgte der dem Wahlbündnis Unidad Nacional zugehörige 57-Jährige für eine Verbannung der überhand nehmenden Protestveranstaltungen * Ende 2002 fanden im Zentrum Limas täglich durchschnittlich neun (!) Protestmärsche statt –*aus dem Zentrum und dem Regierungsviertel Limas. Der Bürgermeister hat dabei nicht nur die Unterstützung der massiv unter den Protesten leidenden Händler und Kaufleute. Auch die Mehrheit der Limeñer steht hinter ihm. Einer Umfrage Ende April zufolge genießt Im Bereich Infrastrukturmaßnahmen ließ der neue Bürgermeister den Versprechungen des Wahlkampfes Taten folgen. Erste neuralgische Verkehrsstaupunkte wurden entschärft, größere Straßenbauprojekte begonnen. Als äußerst positiv wurde von den Bürgern zudem aufgenommen, dass Mit zum positiven Meinungsbild dürfte außerdem beigetragen haben, dass die neue Stadtverwaltung Limas allein in den ersten drei Monaten ihrer Amtszeit fast zehn Millionen US-Dollar einsparen konnte. Das zuweilen etwas rigide und autoritäre Auftreten wird dem neuen Bürgermeister aufgrund seiner bisherigen Bilanz nachgesehen. Dennoch wird Mit zum hektischen politischen Geschehen der vergangenen Wochen beigetragen hat ein öffentlichkeitswirksamer Protestmarsch. Von 35.000 Anfang März gestarteten Koka-Bauern erreichten immerhin fast 15.000 Mitte April die Hauptstadt Lima. Die Bauern hatten den weiten und beschwerlichen Weg von Auslöser des Protestmarsches war die Verhaftung ihres Führers Natürlich beharrten die Teilnehmer des Marsches auch auf der Freilassung Mitte April wurden drei ehemalige Minister des im selbstgewählten japanischen Exil lebenden Ex-Staatschefs Nach Vor den Militärs des Landes macht die Vergangenheitsaufarbeitung ebenfalls nicht halt. Alle sechs ehemaligen regionalen Militärchefs, die diesen Posten unmittelbar vor den Präsidentschaftswahlen im April 2000 innehatten, wurden nun angeklagt. Es gilt als sicher, dass jeder der Generale in den sechs Monaten vor der Wahl monatlich jeweils 50.000 US-Dollar von Auch die Vorwürfe an den Hauptschuldigen, den flüchtigen Im Laufe der ersten neun Regierungsjahre soll der peruanische Staat dort Waren im Wert von mehr als 300 Millionen US-Dollar erworben haben. Trotz dieser massiven Vorwürfe weigert sich Japan nach wie vor,Der Fall „Ugaz“
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Diskussion um ein Parteiengesetz
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Vergangenheitsaufarbeitung geht weiter –
Fujimori-Minister verhaftet