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Presse- und Meinungsfreiheit im Südlichen Afrika: Neigung zum Kontrollzwang

by Gaby Neujahr
Weltweit ist die Presse- und Meinungsfreiheit nach den Ereignissen vom 11. September 2001 unter Druck geraten. Im Namen des globalen Krieges gegen den Terror wurden und werden mit so genannten „Anti-Terror-Gesetzen“ in vielen Ländern Presse- und Meinungsfreiheit drastisch beschnitten. Keine Ausnahme von diesem Trend bilden die Länder des südlichen Afrika, so eine gerade erschienene Studie der unabhängigen amerikanischen Organisation Freedom House. Die US-Studie deckt sich mit den jüngsten Berichten des Media Institute of Southern Africa.

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In gerade mal zwei von zehn Ländern des südlichen Afrika ist die Freiheit der Presse respektiertes Allgemeingut. Zu diesem Schluss kommt die US-Organisation Freedom House, New York, in ihrer jüngst veröffentlichten globalen Pressefreiheits-Studie. Besonders bitter ist, dass lediglich in drei Ländern eine Verbesserung der Lage zu erkennen ist, während in den sieben weiteren leichte bis drastische Rückschritte zu verzeichnen sind.

Von den zehn Ländern des südlichen Afrika gelten lediglich Südafrika und Botswana als Staaten, in denen die Pressefreiheit gewährleistet ist. Als zumindest teilweise frei werden Lesotho, Malawi und Namibia bewertet. Keine Pressefreiheit dagegen attestiert Freedom House den vier Ländern Angola, Mosambik, Swaziland und Simbabwe.

„Besonders bedrückend ist die Tatsache, dass sogar einige normalerweise demokratische Länder keine lebhafte unabhängige Medienindustrie aufweisen. Grund dafür ist oft die massive Einflussnahme der Regierungen“, stellt Jennifer Windsor fest, leitende Direktorin von Freedom House.

Mit der Beurteilung der Lage befindet sich Freedom House in bester Gesellschaft. Auch das Media Institute of Southern Africa (MISA) beklagt, dass in den SADC-Ländern zwar zahlreiche Lippenbekenntnisse zur Pressefreiheit zu hören seien, denen aber keinerlei Taten folgen.

Südafrika nicht ohne Tadel

Selbst ein Land wie Südafrika, das in der US-Studie gut abgeschnitten hat, muss sich von MISA und Freedom House Kritik gefallen lassen. Zwar sind im Vorjahr die Versuche zur drastischen Änderung der Sende-Bestimmungen für den öffentlich-rechtlichen Sender SABC zunächst gescheitert. Doch Insider vermuten darin lediglich eine Taktik, den Sender langfristig doch an die Kette zu legen. Dabei sei die Bereitschaft zu vorauseilendem Gehorsam gerade bei den SABC-Journalisten eh schon sehr ausgeprägt, stellen die Amerikaner in ihrer Studie fest.

Einen Aufschrei der Empörung provozierte in Südafrika vor wenigen Wochen die Vorlage eines „Anti-Terror“-Gesetzes. Erfahrene Journalisten wehren sich vehement gegen die darin vorgesehenen Einschränkungen von Recherchemöglichkeiten, die quasi Abschaffung jeglichen Informantenschutzes. Interviews mit Insidern der Terrorszene, Recherchen in deren Umfeld oder aber Recherchen bei den Sicherheitsorganen könnten so jederzeit unterbunden werden. Beklagt werden auch die vagen Formulierungen in der Vorlage. Damit würde dem Missbrauch des Gesetzes Tür und Tor geöffnet, so MISA im Chor mit den leitenden Chefredakteuren des Landes.

Botswana, Mosambik und Lesotho zeigen Aufwärtstrend

Nur mäßige Noten kassiert auch Botswana, derzeit Liebling der westlichen Welt, wenn es um die Pressefreiheit geht. Zwar ist eine ausgeprägte Medienvielfalt vorhanden, doch wenn es darum geht, Medien „gefügig“ zu machen, schreckt die Regierung auch vor einem Werbe-Bann nicht zurück. So soll unliebsamen, regierungskritischen, Medien die wirtschaftliche Grundlage entzogen werden.

Einen Aufwärtstrend dagegen verzeichnen beide Institutionen beim Blick nach Mosambik. Zwar könne noch nicht von völliger Pressefreiheit gesprochen werden, trotzdem wären deutliche Anzeichen für eine Besserung der Lage sichtbar. Nicht übersehen werden dürfe dabei aber, dass die Regierung noch immer alle großen Medienhäuser fest unter ihrem Kuratel habe. Zwar sei die Pressefreiheit in der Verfassung verankert, doch im journalistischen Alltag sei davon bisher wenig zu spüren.

Ähnlich positiv beurteilen MISA und Freedom House auch die Lage in Lesotho. Grundsätzlich respektiere die Regierung die Pressefreiheit, doch veraltete Gesetze legten den Journalisten noch immer Maulkörbe an. Und wie in einigen anderen Ländern Afrikas werden missliebige Medien auch in Lesotho gern mit Prozessen überzogen, bei denen die Schadenersatzforderungen exorbitante Höhen erreichen.

Simbabwe im Krieg gegen die Freie Presse

Zur Gruppe der Länder, in denen die Pressefreiheit zunehmend untergraben und behindert wird zählen Angola, Malawi, Swaziland, Namibia, Sambia und natürlich Simbabwe. Während sich dies in Namibia vor allem darin manifestiert, dass Präsident Sam Nujoma nun auch das Kommunikationsministerium leitet und er weiter an seinem Anzeigenboykott gegen die größte unabhängige Tageszeitung des Landes festhält, stehen Journalisten und Medien in Simbabwe fast täglich mit einem Bein im Gefängnis. Der Katalog der Gesetze, die eine unabhängige Berichterstattung verhindern, wächst stetig. Massiv werden einheimische Reporter psychisch unter Druck gesetzt und körperlich bedroht.

Nur noch eine unabhängige Tageszeitung, die „Daily News“, stemmt sich dem entgegen. Doch der Preis, den die Mitarbeiter dafür zahlen, ist hoch. Erst vor wenigen Wochen wurde die im April dieses Jahres zur Chefredakteurin gekürte Nqobile Nyathi verhaftet und erst nach Stunden wieder auf freien Fuß gesetzt. Ihr wird „Präsidentenbeleidigung“ vorgeworfen. Wenige Tage später wurden mehrere Manager des Blattes kurzzeitig verhaftet. Auch ihnen wird unter anderem die Beleidigung von Präsident Robert Mugabe vorgeworfen. Zahlreiche Prozesse der Regierung gegen das Blatt hängen wie ein Damoklesschwert über dem Blatt.

Offen bleibt bei all dem die Frage, warum die Regierungen der SADC-Länder so wild darauf versessen sind, ihren Medien einen Maulkorb zu verpassen. Kaitira Kandjii und Zoé Titus von MISA meinen, dass ein überbordendes Kontrollbedürfnis der Regierungschefs für die Lage zumindest mitverantwortlich sei. Und sie weisen auf den Zynismus hin, der in diesem Verhalten steckt. Denn mit den gleichen Mitteln hätten schon die Kolonialherren die Völker unterdrückt.

Dass einige Staatschefs obendrein viel zu verbergen haben und mit ihren Repressionen gegen Medien nur eine allzu kritische Berichterstattung über eigene Fehlleistungen und den Raubbau am eigenen Land verhindern wollten, sei natürlich eine weiterer Grund für diese Politik, meinen die beiden MISA-Mitarbeiter.


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July 17, 2003
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