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Country reports

Referendumsinitiative des Präsidenten und Spaltung des Parlaments

by Dr. Manfred Lohmann
Am 15. Januar hat Präsident Leonid Kutschma ein Dekret Ă¼ber ein Referendum auf Volksinitiative unterzeichnet. Dieses soll am 16. April 2000 stattfinden. Die darin gestellten Fragen betreffen die Auflösung des gegenwärtigen Parlaments, die Bildung eines Zwei-Kammer-Parlaments, Begrenzung der Abgeordnetenimmunität und die Reduzierung der Abgeordneten auf 300 (bisher 450). Ferner soll danach die Annahme der Verfassung durch ein weiteres Referendum bestätigt werden. Das Oberste Gericht hat bereits die Legitimität des Referendums bestätigt. Nach Berechnungen der Zentralen Wahlkommission (ZWK) wird dieses ca. 50 Mio. Griwnja (20. Mio. DM) kosten.

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Das Referendum wird "auf Initiative des Volkes" durchgefĂ¼hrt, obwohl es ein offenes Geheimnis ist, daĂŸ es von Kutschma inspiriert wurde. Hauptorganisator ist Kutschmas Berater Olexandr Wolkow MP, einer der groĂŸen ukrainischen Oligarchen, der während der Präsidentschaftswahl auch einen Wahlstab von Kutschma leitete.

Mit der Vorbereitung des Referendums befaĂŸt sich Wolkows neugegrĂ¼ndete Partei "Demokratytschnyj Sojus" (Demokratische Union). Laut Verfassung mĂ¼ssen fĂ¼r die DurchfĂ¼hrung eines Referendums mindestens drei Millionen Unterschriften gesammelt werden. Die ZWK hat inzwischen bereits 3,9 Millionen Unterschriften registriert. Wolkow soll eigene Gelder fĂ¼r den Druck der Unterschriftenlisten bereitgestellt haben.

Hauptziel des Präsidenten ist es, durch die obere Kammer des neuen Parlaments, in der nach bisherigen Informationen von ihm ernannte und gewählte Vertreter der Regionen sitzen werden, die Arbeit der kĂ¼nftigen Werchowna Rada (WR) zu beeinflussen.

Angesichts der drohenden Auflösung hat sich im Parlament am 13. Januar eine nicht-linke Mehrheit (Koalition von 11 Fraktionen mit 237 Abgeordneten) mit Ex-Präsident Krawtschuk als Koordinator gebildet und versucht, die linke Leitung der Werchowna Rada abzusetzen. Am 18. Januar beschloĂŸ die Mehrheit, den Sprecher Tkatschenko (Chef der linken Bauernpartei) und seinen ersten Vize Martynjuk (Kommunistische Partei) abzusetzen. Da Tkatschenko dagegen heftig protestierte, verlieĂŸen die Vertreter der Mehrheit letztendlich den Saal, um ihre Diskussion in der Lobby fortzusetzen.

Seit 21. Januar gibt es zwei separate Tagungsorte des Parlaments: die Linken (ca. 180 Abgeordnete) blieben im Gebäude der Werchowna Rada, die Vertreter der Mehrheit (ca. 240) zogen ins Kultur- und Konferenzzentrum "Ukrajinsky Dim" (Ukrainisches Haus, frĂ¼her Lenin-Museum). Die Sitzungen der Mehrheit fĂ¼hrt Vizepräsident Medwedtschuk (SDPU) an. Am 21.01. wurde eine Untersuchungskommission zur Kontrolle und ĂœberprĂ¼fung der Tätigkeit von Tkatschenko und seiner Verwaltung gebildet.

Ferner wurde ein Wechsel im Vorsitz von ParlamentsausschĂ¼ssen vorgenommen. Bisher standen linke Abgeordnete an der Spitze von acht AusschĂ¼ssen; in neunzehn AusschĂ¼ssen fungierten Linke als erste Stellvertreter (insgesamt hat das Parlament 22 AusschĂ¼sse). Seit 1. Februar werden diese AusschĂ¼sse von Vertretern der Mehrheitskoalition geleitet.

Zum neuen Sprecher der Werchowna Rada wurde am 1. Februar Iwan Pljustsch gewählt. Er hat diesen Posten bereits 1991 - 94 bekleidet. Er gehört keiner Gruppe von Oligarchen bzw. 'Businessmen' (wie z.B. Pintschuk,Wolkow,Surkis,Timoschenko) an, die ihn beeinflussen könnten. Medwedtschuk sicherte sich die Position des ersten Stellvertreters. Zum stellvertretenden Sprecher wurde Hawrysch gewählt (parteilos, Fraktion "Wiedergeburt der Regionen").

Falls die Parlamentskrise weiterhin anhalten sollte, kann der Präsident laut Verfassung die Tätigkeit des Parlaments vorzeitig beenden, wenn es nicht innerhalb von 30 Tagen (d.h. in diesem Falle bis 16. Februar) zu Plenarsitzungen zusammentritt. In diesem Falle wĂ¼rde am 16. April neben dem Referendum auch eine Parlamentswahl stattfinden.

Die zweite Variante sieht vor, daĂŸ die Parlamentswahl einige Monate nach dem Referendum stattfinden wird. Inzwischen unterstĂ¼tzt Kutschma die zentristische Mehrheit der WR. Jedenfalls will er laut seinem Pressesprecher Martynenko keinen Termin mit Tkatschenko vereinbaren, bevor dieser nicht seinen RĂ¼cktritt einreicht. Auch das Justizministerium bewertet die bisherigen BeschlĂ¼sse der Mehrheit als legitim.

Jedoch zeigen sich auch innerhalb der Mehrheitskoalition WidersprĂ¼che. Beim Wechsel der ParlamentsfĂ¼hrung am 1. Februar drohten die Parteien Rukh (Udowenko) und "Reformen und Ordnung", sie wĂ¼rden die Mehrheitskoalition verlassen, falls Kostenko als Vizesprecher gewählt werde. Ferner haben die Parteien "Reformen und Ordnung", Rukh (Kostenko), KongreĂŸ ukrainischer Nationalisten und "Werktätige Ukraine" inzwischen Vorbehalte bezĂ¼glich des Referendums geäuĂŸert.

Inzwischen wollen Kommunistische, Progressiv-Sozialistische und Bauern-Partei eine alternative Volksbefragung starten, deren Hauptpunkt die Ablösung der Präsidentschaft als Institution ist. In einigen Regionen finden bereits Unterschriftensammlungen statt.

Am 15. Februar soll eine Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in die Ukraine kommen, um sich ein Bild von der Parlamentskrise und Ă¼ber das Referendum zu machen.

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Gabriele Baumann

Gabriele Baumann

Head of the KAS Office Nordic countries

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