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Country reports

Regierung Abel Pacheco sechs Monate im Amt

by Reinhard Willig

Fehlendes Politik-Managment lässt Reformdruck steigen

Angesichts der politischen Entwicklungen der letzten sechs Monate ist es schwierig, mehr als allgemeine Tendenzen aus der bisherigen Regierungsarbeit herauszuarbeiten.

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Die Unterstützung des Präsidenten beim Bürger ist jedenfalls ungebrochen. Sämtliche Umfragen (CID/Gallup, Unimer) zeigen in dieser Hinsicht ähnliche Ergebnisse: weniger als 8 % der Befragten äußerten sich negativ über die Amtsführung des Präsidenten, während fast zwei Drittel eine sehr gute bzw. eine gute Meinung haben. Er wird vom Bürger als ehrenhafte, glaubwürdige und dialogorientierte Persönlichkeit gesehen. Damit liegt Abel Pacheco an der Spitze der Bewertung der Präsidenten des Landes in den letzten 25 Jahren. Allerdings sind auch 75 % der Befragten der Meinung, dass die Regierung bislang noch nicht „gestartet“ ist. Damit lastet weiterhin eine hohe Erwartungshaltung auf ihr. Lediglich 30 % glauben, dass bereits sechs Monate nach dem Regierungswechsel Veränderungen im Lande zu spüren sind.

Als konkrete Ergebnisse der bisherigen Regierungsführung sind zu nennen: die handelspolitische Öffnung (speziell der Vertragsabschluß mit Kanada) sowie die Suche nach einer Lösung der strukturellen Haushaltsprobleme des Landes. Daneben gelang es Pacheco, den Kampf gegen die Korruption sowie den Umweltschutz als nationale Prioritäten zu verankern. Ebenso die vorurteilsfreie Diskussion um moderne Kommunikationstechnologie, die positive Haltung zum politischen Dialog sowie Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft zur Lösung nationaler Probleme.

Zu nennen ist ebenfalls die Entspannung im Verhältnis zu Nicaragua, wo zwischen beiden Präsidenten eine dreijähriger „Waffenstillstand“ vereinbart wurde, um vertrauensbildende Maßnahmen zu entwickeln.

Permanente Konsensfindung als neuer Politikstil, aber ...

Mit der Wahl von Abel Pacheco zum Präsidenten wurde das bisherige traditionelle Zwei-Parteien-System durch ein Vier-Parteien-Schema abgelöst. Damit verfügt der Präsident nicht mehr über eine dominierende Fraktion im Parlament. Politische Entscheidungen sind nur über Koalitionen zu erreichen – bislang unbekannt im politischen System und Praxis des Landes.

Entsprechende Reformen (parlamentarische Geschäftsordnung, Mechanismen zur Konfliktlösung zwischen Exekutive und Legislative etc.) wurden jedoch bislang nicht vorgenommen. Hinzu kommt, dass die Fraktionen nicht monolithisch sind, sondern sich die Mehrheit der Abgeordneten– zumeist personalistisch ausgerichteten - Partikularinteressen verbunden fühlen. Das permanente Streben nach Konsens mit und zwischen sämtlichen parlamentarischen Kräften bedeutet, dass wesentliche Reformen bis zur Unkenntlichkeit harmonisiert werden.

Die Diskussionen um das haushaltspolitische Notprogramm und seine Verwässerung im parlamentarischen Tagesgeschäft haben der Regierung ihre Grenzen aufgezeigt, aber auch die Notwendigkeit einer professionellen Politikgestaltung, speziell im wirtschaftspolitischen Bereich.

... zunehmender Zwang zu reformpolitischen Definitionen

Im Wahlkampf hatte der damalige Kandidat Abel Pacheco für den Fall seines Wahlsieges die „Stunde der Umarmung“ angekündigt. Er versprach eine Regierung der Nationalen Einheit, in welche die fähigsten Fachleute ohne Ansehen ihrer parteipolitischen Farbe berufen werden sollten.

Tatsächlich bezog er Vertreter des größten Wahlverlierers PLN (Partido de Liberación Nacional) ins Kabinett und in Führungspositionen der staatlichen Verwaltung mit ein und berief den Ex-Präsidenten Oscar Arias zu seinem persönlichen Berater. Im Parlament konnte er sich die Unterstützung des PAC (Partido de Acción Ciudadana) und des ML (Movimiento Libertario) sichern, indem er einen Sparkurs bei den Staatsausgaben und ethische Schwerpunkte setzte und speziell das ML am Parlamentspräsidium beteiligte. Wirtschaftspolitisch versprach er einen Kurs, in dem die soziale Entwicklung im Mittelpunkt steht.

Nach sechs Monaten Amtszeit scheint sich jedoch die „Stunde der Definitionen“ anzukündigen. Durch den Rücktritt bzw. die Entlassung einer Reihe von politischen Führungspersönlichkeiten wurde nicht nur der „Abelismus“ entscheidend geschwächt, auch kamen Zweifel am Anti-Korruptionskurs des Präsidenten auf. Die gemeinsame Achse im Parlament nahm Schaden und stellt sich zunehmend als Hemmschuh zur Verabschiedung von Reformen heraus. Die ersten konkreten Ergebnisse der Regierung zeigten mit dem haushaltspolitischen Notprogramm und dem Abschluss des Freihandelsabkommens mit Kanada ein eher marktwirtschaftliches Gesicht. Das Auftauchen von Wirtschaftsexperten des als neoliberal geltenden vorherigen Präsidenten Miguel Angel Rodríguez in Schlüsselpositionen der Regierung ist unübersehbar.

Reform der öffentlichen Finanzen als Grundlage für Wirtschaftswachstum und soziale Reformen

Innerhalb der Regierungsmannschaft hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass lediglich marktwirtschaftliche Reformen Costa Rica wieder auf den Wachstumspfad früherer Jahre bringen und die Grundlage für eine nachhaltige Armutsbekämpfung legen. Zu diesen Reformen gehört an erster Stelle die Reform der öffentlichen Finanzen mit den Schwerpunkten: Beseitigung des Haushaltsdefizits in Höhe von 5 % des BSP, Erhöhung der Steuereffizienz und Kürzung von Staatsausgaben.

Allerdings ist das Kräfteverhältnis zwischen Reformbefürwortern und –gegnern ausgeglichen, so dass Gefahr besteht, auf halbem Wege stehen zu bleiben. Heute beinhaltet das Wirtschaftsmodell des Landes Elemente sowohl des traditionellen Importsubstitutionsmodells mit starkem Staatsinterventionismus und –monopolen als auch des Modells der Wirtschaftsliberalisierung mit Exportförderung und Strukturanpassungsprogrammen.

Verbesserung des Politik-Managements erforderlich

Die von den Bürgern als vordringliche Aufgabenfelder angesehenen Bereiche, wie die Bekämpfung von Armut und Inflation sowie Arbeitsplatzbeschaffung sind eng mit der Notwendigkeit marktwirtschaftlicher Reformen im hybriden Wirtschaftsmodell verbunden.

Wenn sich die wirtschaftliche Situation der Bürger nicht spürbar verbessert, könnte sich dies als die entscheidende Schwäche der Regierung herausstellen. Obwohl einige Reformprojekte im wirtschaftlichen Bereich verabschiedet wurden (haushaltspolitisches Notprogramm 2002, Haushalt 2003, Freihandelsvertrag mit Kanada etc.), hat die öffentliche Meinung erhebliche Zweifel, ob die Regierung über die notwendige wirtschaftliche Fachkompetenz verfügt, das Land wirtschaftspolitisch in die richtige Richtung zu lenken. Die Führungskraft des Präsidenten und seiner Regierung traten hinter dem Protagonismus der Fraktionen im Parlament zurück, der sich allerdings mehr an Partikularinteressen orientiert als an gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen. Deshalb muss die Regierung sich ein klare politische „Tagesordnung“ geben, die über die allgemeinen Zielsetzungen von Regierungsprogramm und Entwicklungsplan hinausgeht und der breiten Öffentlichkeit die Richtung im tagespolitischen Geschäft kommuniziert.

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