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Nachdem die Partei in jüngsten Umfragen nur knapp über drei Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte und damit bei den im kommenden September anstehenden Parlamentswahlen um den Wiedereinzug in den schwedischen Reichstag (für den eine Vier-Prozent-Hürde gilt) kämpfen muss, war die Zusammenkunft der Delegierten in der ältesten Universitätsstadt des Landes mit Spannung erwartet worden.
Zum Auftakt des dreitägigen Parteitages hielt die Parteivorsitzende, Ebba Bush Thor, eine selbstbewusste und optimistische Rede, in der sie alle großen Themen des anstehenden Wahlkampfes einbezog und vor allem eines klarstellte: entscheidend seien nicht die Umfragen, entscheidend sei das Resultat am Wahlabend. In der Folge präsentierte sie ihren Plan für einen politischen Wechsel in Schweden und einen gesellschaftlichen Wandel, den nur die politischen Kräfte der bürgerlichen Allianz in Schweden erreichen könnten. Dabei grenzte sie sich – ohne die Partei beim Namen zu nennen – deutlich von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten ab und betonte, dass ihre Partei für einen Wandel der Hoffnung stehe und nicht für einen Wechsel, der auf Hass und Ausgrenzung basiere. Die Erneuerung des Wohlfahrtsversprechens sei bei diesem Wandel ein wichtiger Schritt und solle konsequent vorangetrieben werden.
Wandel durch Hoffnung statt Wandel durch Ausgrenzung und Hass
Mit Blick auf den Themenkomplex der inneren Sicherheit sprach sich die Parteichefin für 10.000 zusätzliche Polizisten aus und widmete sich im Laufe ihrer Rede mehrfach den sogenannten „No-Go-Areas“ in mehreren schwedischen Städten. Die Sicherheit müsse in diesen Gebieten ebenso wieder hergestellt werden, wie die Chancengleichheit der Menschen vor Ort. In diesem Zusammenhang seien vor allem die Schulen von zentraler Bedeutung. Die sozialdemokratisch geführte Regierung versuche seit Monaten, die eigene Planlosigkeit in diesen Bereichen zu vertuschen, um bei den anstehenden Parlamentswahlen wiedergewählt zu werden. Dies könne nur durch ein starkes Ergebnis der bürgerlichen Allianz verhindert werden, so Bush Thor weiter.
Thematischer Schwerpunkt bleibe jedoch die Familienpolitik. Bush Thor unterstrich während ihrer 45-minütigen Rede mehrfach die Bedeutung der Familie für die eigene Partei und machte sich für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie stark. Diese Fokussierung solle eine Entwicklung in Gang setzen, welche Frauen auch vom Entscheidungsdruck befreie, zwischen Kind und Karriere wählen zu müssen. Auch Gesundheitsvorsorge und Pflege müssten endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die ihnen zustehe. Dabei bezeichnete die 30-jährige ihre Partei unter dem Beifall der Delegierten als Stimme der Familien und Älteren, die fest entschlossen sei, mehr Verantwortung in Gesundheitsthemen zu übernehmen und dies ab September 2018 auch wieder in Regierungsverantwortung tun werde.
Christdemokraten nicht nur für religiöse Menschen wählbar
Zum Abschluss ihrer Rede ging Ebba Bush Thor schließlich auf die politischen Gegner ein und unterstellte ihnen gezielt falsche Unterstellungen über die Christdemokraten in Umlauf zu bringen. So seien christliche Werte zwar eine wichtige Basis der KD-Parteiarbeit, die Religionszugehörigkeit sei jedoch keineswegs entscheidend für die Mitgliedschaft oder die Wahl der Christdemokraten. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Parteien wolle man den Bürgerinnen und Bürgern auch vor der anstehenden Wahl nicht alles versprechen, sondern gezielt Prioritäten setzen und die dabei gegebenen Wahlversprechen auch umsetzen. Daher müssten weitere vier Jahre sozialdemokratische Regierung verhindert werden und die bürgerlichen Kräfte des Wandels ein starkes Resultat bei den Reichstagswahlen einfahren.
In den anschließenden Debatten berieten die Delegierten über 300 Anträge in zahlreichen Bereichen von Familienpolitik bis hin zu Außen- und Sicherheitspolitik. In der überwiegenden Anzahl der Fälle setzten sich die Vorschläge des Parteivorstandes durch, große Überraschungen blieben aus. Im Folgenden sollen einige wichtige Bereiche kurz dargestellt werden:
Familienpolitik
Die Delegierten hoben – ähnlich wie zuvor die Parteivorsitzende – hervor, dass die Familienpolitik weiterhin den Markenkern der schwedischen Christdemokraten darstelle und die politischen Parteien die Familien ins Zentrum der Aufmerksamkeit und des eigenen Handelns rücken sollten. Zudem wurden die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie maßgebliche Investitionen im Bildungsbereich für den Fall einer Regierungsbeteiligung in Aussicht gestellt.
Migration
Die Delegierten sprachen sich dafür aus, die bisherige Parteilinie in Bezug auf Migration weiterzuführen, die „Herz und Verstand“ in Sachen Asyl- und Migrationspolitik vereine. Eine geregelte Einwanderung solle nach wie vor möglich sein, Menschen ohne Schutzbedürftigkeit müssten Schweden nach einer rechtsstaatlichen Prüfung jedoch auch wieder verlassen.
Außen- und Verteidigungspolitik
In diesem Bereich wurde eine große Bandbreite von Themen diskutiert. Die Delegierten sprachen sich schließlich mit großer Mehrheit für die Beibehaltung einer humanen Außenpolitik aus, was auch die entwicklungspolitische Zusammenarbeit einschließt. Eine mögliche NATO-Mitgliedschaft Schwedens wurde nicht erneut diskutiert, sodass die bisherige Parteiposition der Annäherung an die NATO weiterhin Bestand hat.
Wahlen
Bei den Wahlen zum Parteivorstand wurde Ebba Bush Thor ohne Gegenkandidaten erneut zur Parteichefin gewählt und wird ihre Partei damit in den kommenden Monaten als Spitzenkandidatin in den Parlaments-Wahlkampf 2018 führen. Bei der Wahl zum zweiten Stellvertreter setzte sich der Europaabgeordnete Lars Adaktusson mit 150 Stimmen gegen das bisherige Vorstandsmitglied Emma Henriksson durch, die 117 Stimmen auf sich vereinen konnte.
Fazit
Der Parteitag der schwedischen Christdemokraten in Uppsala war entgegen der jüngsten Umfrageergebnisse von großem Optimismus und Zuversicht geprägt. Zahlreiche Delegierte sowie der Parteivorstand verwiesen immer wieder auf die Tatsache, dass die eigene Partei in den Meinungsumfragen zwischen den Wahlen zumeist deutlich schlechter abschneidet, als am Wahltag selbst. Ebba Bush Thor rief die Delegierten zum Abschluss des Parteitages auf, im anstehenden Wahlkampf alles zu geben und aktiver zu sein, als die politischen Mitbewerber. Dies habe sich bereits in den vergangenen Wahlen ausgezahlt und solle in den kommenden Monaten wiederholt werden. Vom Parteitag in Uppsala solle ein Zeichen des Aufbruchs ausgehen, der den Start eines politischen Wandels für Schweden markiere, so Ebba Bush Thor abschließend.