Country reports
Rückkehr nach Europa
Grundlage für die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Slowakei und der EU ist das "Europa-Abkommen" vom Oktober 1993. Ein weiterer Schritt zur Integration in die EU war im Juni 1995 der offizielle Antrag der Slowakei für die Mitgliedschaft.
Trotz der guten Ausgangsposition der Slowakei und ihres Potentials, vergleichbar mit dem der Nachbarstaaten der Visegrad-Gruppe, wurde im Dezember 1997 auf dem EU-Gipfeltreffen in Luxemburg beschlossen, mit der Slowakei keine Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Der Grund dafür war, dass der Bericht der Europäischen Kommission über die Fortschritte der Slowakei auf dem Weg in die EU zwar die Erfüllung aller wirtschaftlicher Kriterien und die Fähigkeit der Übernahme von Verpflichtungen, die aus der Mitgliedschaft in der EU hervorgehen, positiv bewertete, die politischen Kriterien von Kopenhagen jedoch zu diesem Zeitpunkt als nicht erfüllt angesehen wurden.
Nach den Parlamentswahlen in der Slowakei im September 1998 und der damit verbundenen Abwahl des autoritären Regimes von V. Meciar, kam es zu einer grundlegenden Dynamisierung der Vorbereitungen auf den EU-Beitritt. Die Europäische Kommission schlug der neuen slowakischen Regierung vor, eine hochrangige gemischte Arbeitsgruppe einzusetzen, um die Vorbereitungen des Landes auf den EU-Beitritt zu beschleunigen. Wichtig in diesem Kontext war das sogenannte "Screening", d.h. die Prüfung der slowakischen Gesetzgebung in Hinblick auf eine Harmonisierung mit der europäischen Gesetzgebung.
Der Beginn der Beitrittsverhandlungen bedeutet für die Slowakei eine weitere wichtige Etappe auf dem Weg zurück nach Europa. Zur Erreichung dieser Zielsetzung will die slowakische Regierung eng mit den anderen drei Visegrad-Staaten zusammenarbeiten.
Politische und wirtschaftliche Reformen
Neben der Erfüllung der politischen Kriterien, konzentriert sich die slowakische Regierung sehr intensiv auf die wirtschaftlichen Aspekte der EU-Mitgliedschaft. Im Mittelpunkt stehen dabei umfassende Reformen mit dem Ziel, die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft des Landes zu erhöhen, die makroökonomische Stabilität wieder herzustellen und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen.
Ende Februar 2000 unterzeichneten das zuständige Kommissionsmitglied für Wirtschaft und Finanzen, Pedro Solbes, und der für Wirtschaft zuständige stellvertretende Ministerpräsident der Slowakischen Republik, Ivan Miklos, in Brüssel eine "Gemeinsame Bewertung der mittelfristigen wirtschaftspolitischen Prioritäten der Slowakischen Republik" für den Zeitraum bis zum Jahre 2004. Das Dokument stellt eine Reihe von wirtschaftspolitischen Maßnahmen vor, die vor allem auf eine Senkung des Leistungsbilanzdefizits ausgerichtet sind. Sollten alle vorgeschlagenen Maßnahmen vollständig und termingerecht umgesetzt werden, so ist damit zu rechnen, dass noch bis zum Jahresende die makroökonomischen Ungleichgewichte beseitigt sein könnten. Von 2001 bis 2004 dürften die positiven Ergebnisse der Reform in einem sich beschleunigenden Wirtschaftswachstum zum Ausdruck kommen. Ab dem Jahre 2002 erwarten die Wirtschaftsfachleute dann eine Wachstumsrate von über 5%.
Gegenwärtig konzentrieren sich die Bemühungen der Regierung auf die Umstrukturierung der Unternehmen und den Abschluss der Privatisierung. Dies sind entscheidende Maßnahmen, die zu einer funktionierenden Marktwirtschaft beitragen sollen.
Die Slowakei will bis zum Jahresende 2002 die Anpassung ihrer Legislative an den gemeinsamen Besitzstand (Acquis Communautaire) abschliessen. Bis dahin soll auch die entsprechende Verwaltungskapazität aufgebaut werden.
Ziel der Slowakei ist zunächst die Integration in den europäischen Binnenmarkt und, nach der Erfüllung der Konvergenzkriterien, die Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion.
Hinsichtlich der Ziele der Außen- und Sicherheitspolitik der EU ist eine große Übereinstimmung mit den Interessen der Slowakei festzustellen. Das Land ist bereit, sich an der Herausbildung einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität intensiv zu beteiligen.
Im Hinblick auf die Tatsache, dass ein Teil der Grenzen der Slowakei nach einem EU-Beitritt zu deren Außengrenze wird, hat die Slowakei bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt großes Interesse an einer engeren Zusammenarbeit vor allem in den Bereichen der Grenzkontrollen, des Asylrechts, der Migration und auch im Kampf gegen organisiertes Verbrechen, Terrorismus sowie Drogenschmuggel.
Die Slowakei wird keine Ausnahmenregelung hinsichtlich der Anwendung des Acquis Communautaire fordern. In einigen Bereichen werden jedoch Übergangsfristen eingefordert, um insbesondere mehr Zeit zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der slowakischen Wirtschaft zu bekommen. Diese Übergangsfristen sollen im einzelnen begründet werden. Ferner ist geplant, konkrete Zeitvorgaben und Zielerreichungskriterien auszuhandeln. Darüber hinaus sollen auch die Kosten der Anpassung an den Acquis Communautaire und die Finanzmittel zur Deckung der Umstellungskosten genannt werden.
Die Position der slowakischen Regierung
Die slowakische Regierung hat zu den Punkten des EU-Beitritts, die sie als entscheidend ansieht, eigene Vorstellungen definiert:
- Binnenmarkt
Der europäische Binnenmarkt ist für die Slowakei die Grundlage der europäischen Integration. Anträge auf Übergangsfristen werden in solchen Bereichen notwendig sein, in denen die derzeitige Leistungsfähigkeit der slowakischen Wirtschaft nicht dem europäischem Standard entspricht (z. B. Einlagen- und Gläubigerschutz, Investitionsschutzabkommen und Einsatz des Instrumentariums der Geldmengenpolitik). Weitere sensible Bereiche, für die eine einvernehmliche Lösung mit Übergangsfristen gefunden werden muss, ist der Erwerb durch Ausländer von landwirtschaftlichen Boden und Forstflächen sowie von Immobilien. Es ist ferner davon auszugehen, dass die Slowakische Republik Übergangsfristen zur Anpassung einiger Steuergesetze beantragen wird.
- Landwirtschaft
Der Anteil der Landwirtschaft am BIP und der Anteil der Beschäftigten in der slowakischen Landwirtschaft nähert sich den Prozentzahlen des EU-Durchschnitts an. Deshalb dürfte die Eingliederung der Slowakei in die gemeinsame Agrarpolitik der EU keine sonderlichen Schwierigkeiten bereiten. Für die Slowakei ist eine vollberechtigte Beteiligung an der gemeinsamen Agrarpolitik der EU ein natürlicher Bestandteil der Mitgliedschaft. Die slowakische Regierung verspricht sich von einer gemeinsamen Agrarpolitik eine Konsolidierung der landwirtschaftlichen Produktion und eine weitere Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der slowakischen Landwirtschaft bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des typisch ländlichen Charakters vieler slowakischer Gebiete.
- Transport und Verkehr
Auf Grund der zentralen Lage des Landes muss die Slowakei erhebliche Anstrengungen zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur unternehmen.
- Umwelt
Das Kapitel Umwelt wird im Verhandlungsverfahren eines der kompliziertesten sein. Die Slowakei wird diesbezüglich mehrere Übergangsfristen beantragen. Erklärtes Ziel der Regierung ist die ausnahmslose Übernahme aller EU-Gesetze im Umweltschutzbereich. Die wirtschaftliche Situation des Landes lässt jedoch die umfassende Übernahme der technisch anspruchsvollen Normen und Standards bis zum angestrebten Beitrittstermin nicht zu.
- Regionalpolitik und Kohäsion
Die Slowakei erwartet, dass die EU nach ihrer Erweiterung auch zukünftig eine Regional- und Kohäsionspolitik entsprechend dem Solidaritätsprinzip verfolgen wird. Das Land ist bereit, alle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der zugeteilten Mittel für die Regional- und Strukturentwicklung zu erfüllen. Bis zum EU-Beitritt will sie weiterhin effektiv die Hilfsprogramme PHARE, ISPA und SAPARD nutzen.
- Energiewirtschaft
Die Sicherheit der Kernkraftwerke ist eine der Prioritäten der slowakischen Regierung. In diesem Sinne hat die Slowakei erhebliche Finanzmittel in bestehende Anlagen investiert. Vor dem Hintergrund der Energieversorgung und des Energiebedarfs des Landes ist die slowakische Regierung in den Verhandlungen der Europäischen Kommission zu weit entgegen gekommen. Sie hat eine frühere Stilllegung von zwei Blöcken im Kernkraftwerk Jaslovske Bohunice in den Jahren 2006 und 2008 angekündigt.
Die Regierungskonferenz
Die Slowakei hat ein großes Interesse daran, dass durch eine Reform der EU im Rahmen der aktuellen Regierungskonferenz die Voraussetzungen zum Beitritt für alle Kandidaten geschaffen werden. Neben der Bearbeitung der "Left-overs" von Amsterdam erwartet die Slowakei, dass die Regierungskonferenz institutionelle Vorschläge zum Aufbau einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik verabschiedet und die Sitzverteilung im Europäischen Parlament neu regelt.
Hinsichtlich der ungelösten Probleme von Amsterdam, wünscht die Slowakei, dass jedes Land einen Kommissar benennen kann. Sie spricht sich gegen regionale Rotationsmodelle oder eine unterschiedliche Klassifizierung der Kommissare aus. Ferner befürworten die slowakischen Entscheidungsträger eine stärkere Berücksichtigung der Bevölkerungsgröße bei der Entscheidungsfindung im Europäischen Ministerrat. Ferner wird die Einführung von Mehrheitsentscheidungen unterstützt, wobei die Einstimmigkeit in einigen zentralen Punkten beibehalten werden sollte.
Der EU-Beitritt im Jahre 2004
Die Slowakei erklärt sich bereit, die gesetzliche Anpassung in Hinblick auf den Acquis Communautaire bis zum 1. Januar 2004, den voraussichtlichen Termin des Beitritts zur EU, zu verabschieden.
Die slowakische Regierung erwartet, dass die Europäische Kommission mit Beginn der Beitrittsverhandlungen das Prinzip der Differenzierung bei der Eröffnung der einzelnen Kapitel wie auch bei den eigentlichen Verhandlungen anwenden wird. Bis zum Jahresende 2001 sollten Verhandlungen für alle 31 Kapitel eröffnet worden sein.
Die slowakische Verfassung sieht vor, ein Referendum über den EU-Beitritt des Landes durchzuführen. Der slowakischen Regierung ist sehr daran gelegen, dass die Bevölkerung den Sinn und das Ziel einer EU-Mitgliedschaft versteht, auch wenn der Beitritt des Landes zur EU von 60% - 70 % der Bevölkerung unterstützt wird.
Es ist nun wichtig, diese Unterstützung langfristig auszubauen. Die EU-Mitgliedsstaaten können dazu einen Beitrag leisten, in dem sie ihre Bevölkerung über die Notwendigkeit der EU-Osterweiterung informieren und so der Verbreitung unbegründeten Bedenken wegen möglicher negativer Folgen einer Erweiterung entgegentreten.