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Country reports

Überwältigender Sieg für die Thai Rak Thai Partei

Parlamentswahlen in Thailand

Mit dem erneuten Sieg der Thai Rak Thai scheint sich auch die seit vier Jahren eingeleitete Ein-Partei Herrschaft der thailändischen Regierungspartei zu konsolidieren: „Where in the world is a single-party government called a dictatorship? What’s wrong with it when people have faith in me?“ so Thaksin am Vorabend der Wahlen.

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Nie war es in der jüngeren Geschichte Thailands so einfach gewesen, ein Wahlergebnis zu antizipieren wie bei den gestrigen Parlamentswahlen (den zweiten Wahlen auf der Grundlage der Reformverfassung von 1997) - lediglich die präzise Anzahl der Sitze für die alte und nunmehr erneut bestätigte Regierungspartei Thai Rak Thai, die Partei Thaksin Shinawatras, bot noch ein wenig Spannungspotential. Die Wahlen, deren Wahlbeteiligung bei einer Rekordhöhe von über 70% bei insgesamt 44.8 Mio. Wahlberechtigten lag, wurden von Analysten bereits lange im Vorfeld als Referendum zu Thaksin bewertet.

Mit dem erneuten Sieg der Thai Rak Thai scheint sich auch die seit vier Jahren eingeleitete Ein-Partei Herrschaft der thailändischen Regierungspartei zu konsolidieren: „Where in the world is a single-party government called a dictatorship? What’s wrong with it when people have faith in me?“ so Thaksin am Vorabend der Wahlen.

Insgesamt waren 20 Parteien zur Wahl zugelassen, davon waren jedoch nur vier konkurrenzfähig – die Regierungspartei Thai Rak Thai (Thais lieben Thais), die Chart Thai Partei (Partei der Nation), die Demokratische Partei und die neu formierte Mahachon Partei (Partei der Massen).

Nach ersten vorläufigen Hochrechnungen (zum Zeitpunkt der Berichterstattung landesweit ca. 62% der Stimmen ausgezählt) kam die Thai Rak Thai auf 366 Sitze von 500, die Demokratische Partei auf 96 Mandate, die Chat Thai auf 27 Sitze und die Mahachon Partei auf lediglich 2 Mandate. Selbst in Bangkok – dort hatten die „Democrats“ bei den Gouverneurswahlen im August letzten Jahres noch haushoch gewonnen und das Bangkoker Wählerpotential wäre ausschlaggebend für die Aufrechterhaltung des Systems der „checks and balances“ gewesen - hat die Thai Rak Thai überragend gewonnen. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung (fast 90% der Stimmen in Bangkok ausgezählt) hat die TRT in Bangkok 31 von 37 möglichen Sitzen gewonnen. Lediglich im Süden, der traditionellen Hochburg der Demokratischen Partei konnte die Regierungspartei nur in einem Wahlkreis von insgesamt 54 ein Mandat erzielen, wohingegen die TRT im Nordosten, der strukturschwächsten Region Thailands, und im Norden (Thaksins Heimatregion) aber auch in der Zentralregion wiederum gänzlich überlegen war.

Kritiker aus den Reihen der Opposition sprechen von einer „parlamentarischen Diktatur“. Wenn sich die Ergebnisse der Hochrechnungen bestätigen, dann wäre die Thai Rak Thai in der Zukunft in der Lage, durch eine Zweidrittelmehrheit im Parlament alleine Verfassungsänderungen zu beschließen; ein Mißtrauensvotum seitens der Opposition wäre nicht mehr möglich.

Thaksin Shinawatra ist es in den vergangenen vier Jahren gelungen, die Machtposition seiner Partei derart zu stärken, die weder die Oppositionsparteien oder Kritik seitens Gruppierungen innerhalb der Zivilgesellschaft, noch mannigfaltige Korruption oder Krisen wie SARS und Vogelgrippe und selbst mahnende Stimmen aus dem Königshaus und Tsunami nicht zu schwächen vermochten. Mit seinen populistischen Wahlversprechen von vor vier Jahren – günstige Gesundheitsvorsorge, Kleinkredite etc. - die er auch zu großen Teilen umgesetzt hat, spricht er die Massen an.

Vier Jahre „Thaksinokratie“ haben allerdings auch umfassende Veränderungen in den politischen Rahmenbedingungen Thailands hinterlassen und vor allem die Errungenschaften der Reformverfassung von 1997 in den Hintergrund gedrängt – so die Thaksin-Kritiker: versuchte Einflußnahme der Regierungspartei auf die „unabhängigen Organe“ der Verfassung, Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien, Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit, Außerkraftsetzen politischer Opposition.

Welches waren die Faktoren, die erneut zu einem Wahlsieg der Thai Rak Thai und zur weiteren Popularität der Person Thaksin Sinawatra als solcher beigetragen haben?

  • Die Thai Rak Thai (TRT) hat als erste thailändische Partei die Vorteile von „politischem Marketing“ erkannt: der Markenname TRT unter dem CEO (Chief Executive Officer) Thaksin ist gleichbedeutend mit einem Entscheidungsträger, der sich in jeder Hinsicht durchsetzt - auch über rechtstaatliche Grundprinzipien hinwegsetzend. Die „Marketingprodukte“, mit denen die Partei vor vier Jahren in einem ebenfalls erdrutschartigen Sieg an die Macht gelangt ist, sind populistische Politikstrategien – gut verkäufliche Massenprodukte. Das Wahlergebnis läßt darauf deuten, daß die Mehrheit der thailändischen Bevölkerung Thaksins Ignoranz gegenüber Rechtstaatlichkeit, Bürgerrechten und Good Governance toleriert, solange die „Produkte“ üppig verteilt und die populistischen Politikstrategien tatsächlich implementiert werden.
  • Thailands beispiellose Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Asienkrise von 1997 mit einer durchschnittlichen Wirtschaftswachstumsrate von 6% auf der Grundlage der „dualtrack policy -Wirtschaftspolitik“ der Thaksin-Regierung;
  • Paralyse und Ineffizienz der Opposition aufgrund der graduellen Absorbierung kleinerer Oppositionsparteien seiten der TRT sowie Zersplitterung der Opposition kurz vor den Wahlen. Mitte des Jahres hatte sich ein Flügel aus den Reihen der „Democrats“ abgespalten und eine neue Partei „Mahachon“ gegründet als sog. „Dritte Kraft“, die einerseits das theoretisch dualistische Lager TRT versus Democrats bzw. die de facto monopolistische Herrschaft der Thai Rak Thai aufbrechen sollte. Diese Abspaltung hat die ohnehin wenig konsolidierte Opposition zunehmend geschwächt und damit die Regierungspartei vor den Wahlen weiter gestärkt.
  • Hartes Durchgreifen der thailändischen Regierung im Kampf gegen die Drogen und Hardliner-Strategie gegenüber des Konflikts im Süden des Landes: trotz anhaltender internationaler Kritik wird die Politik des „starken Mannes“ von einem Großteil der thailändischen Bevölkerung goutiert.
  • Tsunami: sofortige und kontinuierliche Präsenz des thailändischen Premierministers am Unglücksort, sein persönlicher Oberbefehl über das Krisenmanagement – auch das öffentliche Eingeständnis von Fehlern – der Einsatz seiner Kabinettsmitglieder und aller Helferteams sowie unmittelbare Bereitstellung finanzieller Entschädigungen für die Betroffenen haben ihm einen weiteren Popularitätsgewinn kurz vor den Wahlen eingebracht.

Vor vier Jahren ist die TRT mit dem Wahlkampf-Slogan „Think New- Act New“ an die Macht gelangt, das diesjährige Motto lautete zunächst „Four Years of Repair – four Years of Reconstruction“, das dann im Laufe des Wahlkampfes zu „Building Opportunities“ umbenannt wurde. Die größte Oppositionspartei „Democrats“ hatte ihren Wahlkampf unter dem Motto „201 campaign“ eröffnet, um das Ziel, mindestens 201 Sitze im Parlament zu erreichen und damit die absolute Mehrheit der TRT zu verhindern, offenkundig nach außen zu vertreten. Die kurz vor den Wahlen von den Democrats abgespaltene Mahachon-Partei trat unter der Motto „three against one formula“ auf, um dem Wähler die Möglichkeit einer Koalition aus Mahachon, Democrats und Chat Thai als Gegenpol zur TRT zu insinuieren.

Die Wahlkampfthemen der TRT beinhalteten:

  • Beendigung der Armut u.a. durch die Entsendung sog. „poverty eradication caravans“ in alle Provinzen, um Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitslose durchzuführen;
  • Reform im Bildungswesen, vor allem in bezug auf die Gewährung von Darlehen für Stipendien und Schulgelder;
  • Etablierung von „Village Funds“ und „Village Banks“, um den Bauern erweiterte Kreditmöglichkeiten zu schaffen;
  • Ausweitung des vor vier Jahren eingeführten 30 Baht Gesundheitssystems;
  • Schaffung von Wohnungsprojekten für die in den Städten lebenden unterprivilegierten Bevölkerungsschichten;
  • Initiierung von weiteren Infrastrukturprojekten, um die Verkehrs-, Transport- und Umweltprobleme in Bangkok und anderen größeren Städten zu lösen;
  • Programme für die Versorgung und Pflege älterer Menschen und Geschenke für alle Neugeborenen;
  • Reform der öffentlichen Verwaltung;
  • Bekämpfung von Korruption.

Der primäre Herausforder, die Demokratische Partei, hatte ebenfalls eine populistische Agenda aufgestellt – mehr Arbeitsplätze, kostenfreie Ausbildung und Gesundheitsfürsorge; die Chart Thai Partei versprach, Korruption und Kriminalität zu besiegen, während sich die Mahachon Partei lediglich als neue Alternative für die Thai-Bevölkerung präsentierte und sich in der Wahlpropaganda auf Kritik an Thaksin, den sie als „modernen Dikator“ bezeichnete, beschränkte, ohne eine wirkliche inhaltliche Alternative aufzuzeigen.

Die Oppositionsparteien, die die TRT wegen ihrer populistischen Strategien kritisiert haben, bemächtigten sich im Wahlkampf ähnlicher Strategien, konnten aber mit den Mitteln der TRT nicht konkurrieren.

Die Hauptthemen des Wahlkampfs lassen sich insofern zwar theoretisch zusammenfassen, de facto jedoch war es ein Wettkampf zwischen politischen Persönlichkeiten resultierend in einem Referendum für Thaksin. Diejenigen, die TRT gewählt haben, haben ein Votum für Thaksin und seinen starken autoritären Führungsstil abgegeben und den Wunsch nach politischer Kontinuität zum Ausdruck gebracht. Diejenigen, die ihre Stimmen der Opposition gegeben haben, favorisierten nicht notwendigerweise deren Politikstrategien, sondern vielmehr den Versuch, die politische Monopolstellung der TRT eindämmen zu wollen.

Für die Zukunft ist die Thai Rak Thai allerdings mit einer schweren Hypothek belastet – der schwelende Konflikt im Süden des Landes, der Thaksins politischer Unbesiegbarkeit Grenzen aufzeigt – insbesondere dann, wenn der „spill-over“ Effekt des Konflikts von den betroffenen Provinzen Yala, Narathiwat und Pattani auf Bangkok, Pattaya, Phuket oder andere touristisch frequentierte Orte eintritt. Der Süden ist insofern der eigentliche Verlierer der Wahl - während des Wahlkampfes hat sich keine der politischen Parteien bemüht, die wahren Gründe des Konflikts zu eruieren sowie konkrete Politikstrategien und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

„Four years from now, my critics in academia and the opposition will know me better: They’ll realise that I really had good intentions for the country“ - so Thaksin am Tag nach der Wahl. Insbesondere an seinem Wahlversprechen, die Armut in Thailand in vier Jahren überwunden zu haben, wird ihn die Bevölkerung messen.

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Georg Gafron

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