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Country reports

Wahlvorbereitungen in Usbekistan

by Dr. Thomas Kunze, Katrin Nagler (geb.Drüßner)
Am 26. Dezember wird in Usbekistan erstmals ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus der Unterkammer (Oliy Majlis – „Hohe Kammer“, auch gesetzgebende Kammer, vglb. Bundestag) mit 120 Abgeordneten und der Oberkammer (Senat, territoriale Vertretung, vglb. Bundesrat) mit 100 Senatoren, gewählt. Dies beruht auf dem Ergebnis eines Referendums am 27. Januar 2002. Neben dem Parlament werden am 26. Dezember auch die Vertretungen in den Provinzen und Städten gewählt.

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Die neue gesetzgebende Kammer wird aus 120 Sitzen bestehen. Dazu wird Usbekistan in 120 Wahlkreise mit gleicher Anzahl Wahlberechtigter aufgeteilt. Auf einen Wahlkreis entfallen 119,6 Tausend (potentielle) Wähler. Kandidaten sind gewählt, wenn sie bei einer Wahlbeteiligung von über 30 Prozent mehr als 50 Prozent der Stimmen in ihrem Wahlkreisen erhalten. Sofern keiner der Kandidaten dies schafft, erfolgt zwei Wochen später (9. Januar 2005) eine zweite Runde.

An der geheimen Abstimmung auf Grundlage des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts dürfen Bürger der Republik Usbekistan ab Vollendung des 18. Lebensjahres teilnehmen. Das passive Wahlrecht können Bürger ab einem Alter von 25 Jahren erhalten.

Kandidaten für das Oliy Majlis können entweder von (registrierten) politischen Parteien nominiert oder von (registrierten) Initiativgruppen aufgestellt werden.

Bisher gab es in Usbekistan ein Einkammerparlament mit 250 Abgeordneten, die sich bei direkter Wahl in 250 Wahlkreisen durchgesetzt hatten. Dieses Parlament (bisheriges Oliy Majlis) tagte drei Mal jährlich, es war faktisch ein Scheinparlament, dessen Aufgabe sich in der Zustimmung der von der Präsidialverwaltung vorbereiteten Gesetze erschöpfte. In dem Parlament waren sowohl Vertreter der Exekutive, Vertreter gesellschaftlicher Organisationen sowie vier Parteien (Volksdemokratische Partei Usbekistans, Nationaldemokratische Partei Usbekistans „Fidokorlar“ (Patrioten), Sozialdemokratische Partei Usbekistans „Adolat“ (Die Gerechtigkeit), Demokratische Partei Usbekistans „Milliy tiklanisch“ (Die Nationale Wiedergeburt) vertreten.

Vergleichbar mit Arbeit des bisherigen usbekischen Parlament sind Parlamente wie die ehemalige DDR-Volkskammer oder der Oberste Sowjet der UdSSR.

Die neue Unterkammer ist nun als Vollzeitparlament konzipiert; eine ständige (Berufs-) Tätigkeit der Abgeordneten ist vorgesehen. Damit soll offiziell die Rolle der Volksvertretung gestärkt werden, ein mindestens genau so wichtiger Grund für die Neukonstituierung ist aber natürlich auch, dass man sich so gegenüber westlichen Kritikern besser als demokratischer Staat gerieren kann.

Das Oberhaus (Senat) wird in Zukunft durch sein Vetorecht zu Beschlüssen des Unterhauses eine starke Position einnehmen. Die neue Oberkammer soll aus 100 Senatoren bestehen. 84 werden indirekt durch regionale Räte gewählt. Da die Hakime (Gouverneure der Provinzen) direkt vom Präsidenten ernannt werden, ist dessen Einfluss hier groß. 16 Mitglieder des Senats werden zusätzlich vom Präsidenten der Republik Usbekistan direkt ernannt (Honoratioren).

Es gibt erste Gerüchte, dass Karimow, sollte er sich nicht noch einmal zum Präsidenten wählen lassen, seine politische Zukunft als Senatspräsident vorstellen kann. So würde er auch zukünftig eine wichtige Rolle in der usbekischen Politik spielen und vor allem sich und seine Familie schützen können.

Zur Zeit laufen in Usbekistan die Wahlvorbereitungen. Dabei haben vor allem ausländische Organisationen die Rolle übernommen, die Bevölkerung über die Wahlen zu informieren, die usbekische Seite ist nicht daran interessiert, dass es zu einem Wahlkampf kommt. Im Vorjahr wurde auf Initiative des Präsidialamtes eine neue Partei gegründet (Bewegung der Unternehmer und der Geschäftsleute – Liberaldemokratische Partei Usbekistans), es ist die einzige Partei, die derzeit regelmäßig in den Medien präsent ist. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie die Mehrzahl der Stimmen gewinnt.

Somit stehen am 26. Dezember folgende Parteien zur Wahl:

  • Volksdemokratische Partei Usbekistans (580.000 Mitglieder. Auf der Parteivollversammlung in voriger Woche hat die Partei sich zu einer „Linkspartei“ erklärt.)
  • Nationaldemokratische Partei Usbekistans „Fidokorlar“ (Patrioten). (60.000 Mitglieder, 45% davon sind die Frauen)
  • Bewegung der Unternehmer und der Geschäftsleute – Liberaldemokratische Partei Usbekistans (135.000 Mitglieder)
  • Sozialdemokratische Partei Usbekistans „Adolat“ (Die Gerechtigkeit) (51.000 Mitglieder)
  • Demokratische Partei Usbekistans „Milliy tiklanisch“ (Die Nationale Wiedergeburt) (50.000 Mitglieder, davon 52% sind die Frauen)
Jede dieser Parteien darf 120 Kandidaten aufstellen.

Die Angst der usbekischen Regierung, vor einem Erstarken von oppositionellen (und vor allem islamisch-fundamentalistischen) Bewegungen war in den vergangenen Monaten sehr groß. Auf der einen Seite ist es begrüßenswert, dass Usbekistan Schritte unternimmt, die innere Stabilität zu wahren, auf der anderen Seite wird unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Fundamentalismus gleichzeitig ein Kampf gegen die „weltliche“ Opposition geführt. Der Sturz des georgischen Präsidenten Schewardnadse im vergangenen Jahrhat der hiesigen Führung wohl die Endlichkeit von Macht schlagartig vor Augen geführt. Oppositionelle Gruppierungen erhielten so im Vorfeld der Wahlen keine Zulassung, sie wurden nicht als Parteien registriert. Auch für unabhängige Kandidaten ist es schwierig, zu den Wahlen anzutreten.

Die Wahlen am 26. Dezember finden somit in einem statischen politischen Umfeld statt. Es gibt 5 registrierte Parteien, keine dieser Parteien bezeichnet sich selbst als Opposition.

In Usbekistan gibt es mindestens vier unregistrierte Parteien. Drei davon beantragten die Registrierung und wurden abgelehnt wegen angeblich ungültiger Unterschriften oder kleinerer Formfehler. Nun könnten diese Parteien theoretisch ihre Kandidaten durch Initiativgruppen zur Wahl aufstellen. Aber auch hier steht die Hürde der Registrierung.

Die umfassende staatliche Kontrolle im Vorfeld der Wahlen wurde auch bei den zahlreichen staatlichen oder staatlich verordneten Informationsveranstaltungen spürbar, die eine kritische Berichterstattung in den Medien ersetzten.

Obwohl laut gesetzlicher Regelung eine Wahlbeobachtung durch lokale und internationale Organisationen vorgesehen ist, berichtet die OSZE von lokalen NROs, denen diese Möglichkeit bereits verwehrt wurde. Abgesehen davon spricht das Datum (26. Dezember) dafür, dass kein wirkliches Bedürfnis nach umfassender Wahlbeobachtung durch internationale Organisationen besteht.

Bei aller gebotenen Kritik gibt es allerdings auch Hoffnung. Sie besteht darin, dass sich in den kommenden Monaten nach der Wahl im neu zu wählenden usbekischen Unterhaus, das ja erstmals ein Berufsparlament ist, eine Art Eigendynamik entwickeln und es zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Parteien kommen wird, die der zögerlichen usbekischen Demokratieentwicklung nur förderlich sein kann.

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