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Country reports

Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS): Auf dem Weg zu einem westafrikanischen Parlament

by Dr. Günter Dill
Die Präsidenten der Parlamente der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) haben sich auf Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 28. bis 31. März 2000 zu ihrer zweiten Konferenz getroffen. In einem Dankeswort an die Stiftung wurde ihr Beitrag zu den Konferenzvorbereitungen und ihre permanente Unterstützung der Demokratisierungsprozesse der teilnehmenden Länder gewürdigt.

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Mit diesem Treffen wurde ein wesentlicher Schritt in Richtung einer regionalen Integration und der Gründung eines westafrikanischen Parlaments getan. Die Schaffung eines westafrikanischen Parlaments ist im Rahmen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (CEDEAO/ECOWAS) bereits seit 1993 in den neuen Abkommen der Gemeinschaft vorgesehen (Artikel 13). Seit der Unterzeichnung des Protokolls am 6. August 1994 haben nur acht der 15 CEDEAO-Staaten den Vertrag ratifiziert, für dessen Inkraftsetzung jedoch neun Staaten ratifizieren müssen.

Die Idee der Schaffung einer regionalen parlamentarischen Vertretung hat auch Eingang in die seit 1994 bestehende Währungs- und Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (Union Economique et Monetaire Ouest Africaine) gefunden, dem Zusammenschluss von sieben frankophonen westafrikanischen Staaten plus Guinea-Bissau. Hier wurde ein interparlamentarisches, von den jeweiligen Parlamenten beschicktes Komitee eingerichtet, welches jedoch schon aufgrund seiner regionalen Begrenzung (bedeutende Länder wie Nigeria und Ghana sind davon ausgeschlossen) von nur eingeschränkter politischer Reichweite ist. Obwohl somit die Frage eines Regionalparlaments an verschiedener Stelle vorbereitet wurde, scheint dessen politische Priorität nachrangig und die Gründung eines Regionalparlaments noch in weiter Ferne.

Nach der Konferenz von Accra im Mai 1999 war die Parlamentspräsidentenkonferenz in Ouagadougou (Burkina Faso) die zweite ihrer Art. An dieser Konferenz nahmen die Parlamentspräsidenten aus Benin, Burkina Faso, Gambia, Ghana, Guinea-Konakry, Guinea-Bissau, Liberia, Mali, Niger, Nigeria (Senat und Unterhaus) und Sierra Leone (Senat und Unterhaus) teil. Togo wurde durch eine Abgeordnetendelegation vertreten. Nur die ECOWAS-Mitglieder Côte d'Ivoire - zur Zeit ohne Parlament -, Kapverden und Senegal waren nicht vertreten.

In seiner Eröffnungsrede erinnerte der Staatspräsident Burkina Fasos, Blaise Compaoré, an den in den vergangenen beiden Jahrzehnten erfolgten Aufbau von Parlamenten in den Ländern der westafrikanischen Region und unterstrich die Notwendigkeit eines CEDEAO-Parlaments als Ergänzung der Exekutivorgane, auch im Sinne einer stärkeren Beteiligung der Bevölkerung an den Entscheidungen der CEDEAO. Der Parlamentspräsident Burkina Fasos, Mélégué Traoré wies auf die zunehmenden Probleme bei der politischen Kontrolle der regionalen Integration hin, die ein CEDEAO-Parlament als Kontroll- und Legislativorgan erfordere. Der Parlamentspräsident bezeichnete die Konferenz der CEDEAO-Parlamentspräsidenten als einen wesentlichen Schritt in diese Richtung.

Auf dem Programm der Konferenz standen die Währungsproblematik der regionalen Integration mit einem Vortrag des Gouverneurs der Westafrikanischen Zentralbank, die Vorstellung der verschiedenen Aufgaben und Arbeitsweisen westafrikanischer Parlamente, die Bilanz der westafrikanischen Integration, die Frage der Zusammenarbeit der westafrikanischen Parlamente und schließlich die Verabschiedung einer Charta der Konferenz der Parlamentspräsidenten.

Ein eindeutiges Signal der Konferenz gab es bezüglich der Währungsproblematik. Im Anschluss an den Vortrag zur Währungsunion wurde die Notwendigkeit einer gemeinsamen Währung für die CEDEAO-Staaten unterstrichen.

Der Informationsaustausch zu den Aufgaben und Verfahrensweisen unterschiedlicher parlamentarischer Systeme führte unter anderem zu einer Debatte über die parlamentarische Immunität. Die Teilnehmer drückten ihren Unmut über die immer wieder zu beklagende Verletzung dieser Immunität aus und forderten in einer Resolution deren Einhaltung und mahnten insbesondere die Freilassung des Abgeordneten Alpha Condé (Guinea-Konakry) an, der sich seit Dezember 1998 in Haft befindet.

Der Entwurf der Charta sieht als Aufgaben der Konferenz unter anderem vor:

  • die Verteidigung und Förderung der interparlamentarischen Zusammenarbeit mit der Perspektive der Schaffung eines westafrikanischen Parlaments

  • die Mitwirkung an der Verfestigung des Konzepts der repräsentativen Demokratie und seiner Funktionsfähigkeit im Rahmen eines dynamischen afrikanischen Parlamentarismus als Hoffnungsträger der Bevölkerung

  • die Mitwirkung an der Schaffung der Rahmenbedingungen für die Gründung des westafrikanischen Parlaments als Legislativ- und Kontrollorgan der Gemeinschaft

  • die Förderung eines Erfahrungsaustausches mit anderen Parlamenten im Hinblick auf ein panafrikanisches Parlament und die Entwicklung des weltweiten Parlamentarismus

  • das Hinwirken auf eine stärkere Einbeziehung der Bevölkerungen in den Integrationsprozess durch die Verstärkung der parlamentarischen Dimension der Integration

  • die Ermöglichung des Erfahrungsaustauschs zwischen den Parlamentspräsidenten, den befreundeten Fraktionen und den Parlamentsverwaltungen im Rahmen einer dynamischen und wiederbelebten parlamentarischen Kooperation.

Um diese Ziele zu erreichen, sieht der Entwurf der Charta in Artikel 4 vor, dass die Konferenz die jeweiligen Bestimmungen zu den Wahlverfahren und der Funktionsweisen der jeweiligen Parlamente koordinieren und harmonisieren soll, und dieses insbesondere in

  • allen wesentlichen gemeinsamen Funktionen demokratischer gesetzgebender Versammlungen

  • der internen Organisation der gesetzgebenden Versammlungen; der Rolle und des Platzes politischer Parteien in der gesetzgebenden Versammlung

  • der Verwirklichung der interparlamentarischen Zusammenarbeit und der parlamentarischen Diplomatie,
der Wahlverfahren und des Status der Gewählten;

des Status der Opposition

  • der Aufgaben der Parlamentsverwaltung;
aller weiteren Fragen von allgemeinem Interesse für die Schaffung des CEDEAO-Parlaments.

Die Unterzeichnung der Charta wurde zunächst verschoben, nachdem einige Parlamentspräsidenten eine Zustimmung ihrer jeweiligen Parlamente für notwendig erachteten.

Die Parlamentspräsidenten beschlossen abschließend die Fortsetzung der Konferenz Parlamentspräsidenten, die nunmehr halbjährlich stattfinden soll. Als nächster Veranstaltungsort wurde die nigerianische Hauptstadt Abudja festgelegt.

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