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Zu Beginn der Veranstaltung hielt Dr. Sebastian Steineke MdB ein Grußwort, bei dem er die Bedeutung einer Diskussion über den Fachkräftemangel in der Pflege betonte. So führte Herr Steineke aus, dass aktuell auf 100 freien Stellen im Pflegebereich nur 21 BewerberInnen verfügbar seien, dass aber der Koalitionsvertrag zumindest die Weichen stelle für eine bessere Situation in der Pflege. Auf die Veranstaltung bezogen sei es wichtig, dass solche Formate existieren, bei denen Experten die drängenden Fragen in der Pflegepolitik diskutieren, und die Politik mit den Ergebnissen arbeiten könne. Zum Schluss wies der Bundesabgeordnete noch auf die Bedeutung der Pflege im ländlichen Raum hin. Gerade hier sei eine funktionierende Pflege essenziell, nicht zuletzt durch die längeren Fahrtwege und die räumliche Verteilung von Städten und Gemeinden.
René Kircher, der dem Stabsbereich Politik des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen angehört, führte einleitend die Grundproblematik aus, im Jahr 2060 würden ein Drittel der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein und damit steige auch stetig der Bedarf an Pflege und Betreuung. Auch der Leistungskatalog innerhalb der Pflege hat sich in den letzten Jahren erweitert, so erhalten heute mehr Menschen als früher Leistungen von den Pflegekassen.
Die Prämisse liege also darin, den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten. Es sei in dem Kontext verwunderlich, dass für die Ausbildung zum/zur AltenpflegerIn in einigen Bundesländern noch Schulgeld bezahlt werden müsse. Denn obwohl die Zahl der Auszubildenden um 9 % in den letzten Jahren auf 68.000 gestiegen ist, reiche die Anzahl nicht aus, um den Bedarf zu decken.
Auch bei den bereits ausgebildeten Pflegekräften zeigte Kircher eine Baustelle im Pflegesystem auf: die Bezahlung. Die AltenpflegerInnen würden so bis zu 18 % weniger verdienen als ihre Kollegen/Kolleginnen in der Krankenpflege. Auch ein starkes Ost-West-Gefälle sei nachweisbar. Die Folgen seien bereits jetzt 35.000 fehlende Pflegekräfte im Bereich der Altenpflege, eine immer stärker steigende Vakanzzeit, in der offene Stellen nicht besetzt werden können (2017: 171 Tage in der Altenpflege), sowie, durch die beruflichen Umstände, eine niedrige Verweildauer im Beruf. Während nach 10 Jahren im Beruf 70 % der KrankenpflegerInnen noch im Beruf verbleiben würden, seien es bei den PflegehelferInnen nur 33 % und bei AltenpflegerInnen 50 %. Gründe seien hier das Arbeitsumfeld, die Arbeitsbelastung, mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten und nicht zuletzt die Löhne.
René Kircher wandte sich nachfolgend der politischen Dimension zu. Die Pflege sei in der Vergangenheit stets ein Dauerbrenner gewesen, erst in den vergangenen Jahren drehte sich die Diskussion jedoch fast ausschließlich um den Fachkräftemangel in der Pflege. Spätestens seit dem medienwirksamen Auftritt von Alexander Jorde im Bundestagswahlkampf 2017 sei das Thema Fachkräftemangel in der Pflege der Öffentlichkeit vor Augen geführt worden.
Bereits von Dr. Steineke angeführt, sehe der Koalitionsvertrag 8.000 neue Fachkraftstellen in den Pflegeeinrichtungen vor. Dies sei ein guter Anfang, allerdings wies René Kircher darauf hin, dass dies nur 0,6 Stellen pro Pflegeeinrichtung bedeute, Kosten in Höhe von 400 Millionen Euro auf die öffentlichen Kassen zukommen würden und dass es schwierig werde, genug Menschen für die geschaffenen Stellen gewinnen zu können. Im Rahmen einer „Aktion Pflege“ gehe es im Anschluss darum, eine Ausbildungsoffensive zu starten, Anreize für eine bessere Rückkehr von Teil- in Vollzeit zu schaffen und eine bessere Gesundheitsvorsorge für die Beschäftigten sowie eine Weiterqualifizierung von PflegehelferInnen zu Pflegefachkräften zu etablieren. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode sei deshalb eine einheitliche Ausbildung für alle Pflegeberufe auf den Weg gebracht worden. Einzig bei einem einheitlichen Tarifvertrag für alle Pflegekräfte sah Kircher Probleme, die Politik könne hier nur die Position eines Vermittlers übernehmen.
Als Fazit kam René Kircher zu dem Resümee, dass die Verbesserung der Pflege ein lang andauernder Prozess sei, der nur als stimmiges Konzept zwischen professioneller Pflege und pflegender Angehöriger erfolgreich zu bewältigen sei, inklusive dem Einbezug aller relevanter Akteure. Klar sei jedoch auch: Die Verbesserungen würden in jedem Fall Geld kosten.