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Liturgie und Politik

Von der rechten Form und subversiven Funktion des Gottesdienstes

Beitrag zur Diskussion der KAS in Brandenburg "Das Paradies auf Erden. Liturgie als Öffnung der Tore der Welt für GOTT".

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Liturgie, der Gottesdienst in allen seinen Formen, ist ein politisch subversiver Akt, indem er die bestehende politische Ordnung, überhaupt alle menschliche Macht relativiert mit dem Blick auf die absolute Macht, auf GOTT. In Inhalt und Form eines jeden Gottesdienstes zeigt sich die Politik der Kirche, die Ausrichtung auf und die Begegnung mit GOTT im gottesdienstlichen Handeln. Gerade indem Liturgie das Fenster öffnet zum ewigen Leben bei GOTT, die himmlische Bürgerschaft der Christen vergegenwärtigt, gibt sie dem gegenwärtigen Leben, der diesseitigen Bürgerschaft der Christen, Maß und Orientierung. Als Liturgie auf dem Weg im hier und jetzt zielt sie auf die christliche Verwandlung der Welt hin durch das Glaubenszeugnis in Wort und Tat in all unseren Lebensbereichen.

Dieses Glaubenszeugnis wird wiederum gestärkt, indem wir in der Liturgie unsere Welt vor GOTT bringen, in die Gemeinschaft mit Ihm einbringen. Er teilt sich uns mit und heiligt uns, wir danken und loben Ihn in unserem Gottesdienst. In diesem Sinne ist die Liturgie eine Brücke zwischen Himmel und Erde, eine Verbindung durchaus auch mit politischer Wirkung.

Um die rechte Form des Gottesdienstes sollte es bei der vorweihnachtlichen Diskussion mit dem diesjährigen Literaturpreisträger der Konrad-Adenauer-Stiftung, Martin Mosebach aus Frankfurt, gehen. Angelehnt an seinen Aufsatz in der Una Voce Korrespondenz 3 (2013) 201 – 214 unter dem Titel „Das Paradies auf Erden. Liturgie als Fenster zum Jenseit“ wollte Martin Mosebach an den vielgestaltigen Jahrhunderte langen geistigen Prozess erinnern, der zur Entstehung der römisch-katholischen Liturgie führte. Durch eine akute Erkrankung gehindert, musste er seinen Vortrag kurzfristig absagen, der auf Anregung und in Kooperation mit der Arche, einer ehrenamtlichen Bildungsinitiative in der katholischen Gemeinde St. Peter und Paul Potsdam, vorbereitet wurde. Es gelang jedoch, den Freiburger Kunsthistoriker Prof. Dr. Peter Stephan, der aktuell an der Fachhochschule Potsdam Architekturtheorie lehrt, als Ersatzreferenten zu gewinnen. Er griff das Thema Mosebachs auf, indem er am Beispiel des Hochaltares mit der Kathedra Petri im Petersdom in Rom Grundelemente der alten tridentinischen Liturgie veranschaulichte: Liturgie als Fenster zum Jenseits, als Abbild der himmlischen Kirche, als quasi überzeitliches, unzeitgemäßes Geschehen, in das sich Priester und Gemeinde gemeinsam einordnen mit Blick auf den Altar.

Prof. Dr. Johann Hafner, Religionswissenschaftler und Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam, zudem aber auch ehrenamtlicher Diakon der Gemeinde Str. Peter und Paul in Potsdam, leitete mit einem kritischen Kommentar eine streckenweise auch emotional geführte Diskussion zwischen den Referenten ein über den Sinn und die Ausgestaltung von Liturgie, in die sich auch der als Teilnehmer anwesende Präsident des Gustav-Adolf-Werkes, der evangelische Pfarrer Dr. Wilhelm Hoffmeier einschaltete. Die unterschiedlichen Positionen: Liturgie als Fenster zum Jenseits und Diesseits, Liturgie in lateinischer versus deutscher Sprache, Formen der aktiven Teilnahme und tätigen Mitfeier der Gläubigen, die Bewertung der volkssprachlichen Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils etc. wurden jeweils von unterschiedlichen Teilen des Publikums mit Beifall bedacht.

Der Vortrag von Prof. Stephan provozierte zwei Fragen: ob die Liturgie heute nicht zu diesseitig, zu zeitgemäß, ja zu demokratisch geprägt sei und ob die alte tridentinische Liturgie nicht zu jenseitig, formelhaft abgekehrt sei?

Die verständige Ohrenzeugenschaft und tätige Mitfeier wird sicher in der heutigen Liturgie für viele Menschen gegenüber der lateinischen Liturgie erleichtert, die Gemeinsamkeit des gottesdienstlichen Handelns betont: Alle sind Träger und Adressaten der liturgischen Handlungen, alle sind Mit-Feiernde, unbeschadet der besonderen Rolle des Priesters. Die mystische Dimension, das Geheimnisvolle tritt demgegenüber stärker in den Hintergrund. Aber warum soll es nicht auch im Gottesdienst eine legitime Pluralität der Feier geben, in der das Althergebrachte aufgehoben ist? So gilt die überlieferte tridentinische Liturgie in der Form von 1962, die die liturgischen Veränderungen des Zweiten Vatikanischen Konzils unter Papst Paul VI. nicht mitvollzieht, mit wenigen Änderungen durch Papst Benedikt XVI. seit 2007 als außerordentliche Form des Römischen Ritus. Es handelt sich um den zweifachen Brauch ein und desselben katholischen Ritus.

Bei beiden Formen bleibt es aber Aufgabe, vor allem das Bewusstsein für die liturgischen Feiern und ihre verschiedenen Dimensionen bis hinein in das Politische zu bilden, so dass sie nicht im Alltäglichen trivialisiert werden oder sich im Künstlich-Formellen erschöpfen. Dazu gab die Diskussion in Potsdam in einem vollen Saal auch im Blick auf Weihnachten genügend Stoff zum Nachdenken.

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Contact

Stephan Georg Raabe

Stefan Georg Raabe

Head of the Bosnia and Herzegovina Office in Sarajevo

Stephan.Raabe@kas.de +387 33 215 240
Peter Stephan Universität Freiburg
Johann Hafner http://www.uni-potsdam.de/db/up_blog/?tag=hafner

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