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„Der Erste seiner Art“ von Miriam Keilbach (Weser Kurier, 30.12.2010)
Bremen. Jorma Timo Huckauf ist der erste Bremer, der ein Freiwilliges Politisches Jahr (FPJ) macht. Der 19-Jährige arbeitet seit August bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, der bisher einzigen Institution in Bremen, die einen solchen Platz anbietet. Hier setzt Huckauf Projekte um, plant Abendveranstaltungen und schreibt Pressemitteilungen.
Vor zwei Wochen war Jorma Timo Huckauf auf einem Seminar in Magdeburg, zusammen mit jungen Menschen, die ein Freiwilliges Kulturelles Jahr (FKJ) in Bremen machen. Er lernte, Projekte zu konzipieren und zu moderieren. Im April 2011 wird er eine mit anderen FKJlern organisierte Veranstaltung zum Thema Rechtsextremismus moderieren. Einen Aussteiger aus der rechtsextremen Szene haben sie eingeladen. Da kann die Vorbereitung helfen.
Im Gegensatz zu einem Praktikanten hat der 19-Jährige mehr Verantwortung und fünf Wochen Bildungsseminare, erzählt er. „Bei mir hat das gepasst wie Faust auf Auge, obwohl ich der einzige FPJler bin“, so Huckauf. Erst seit August gibt es eine Stelle für ein Freiwilliges Politisches Jahr in Bremen. Lediglich die Konrad-Adenauer-Stiftung stellt einen solchen Platz. Deshalb muss Huckauf zusammen mit den FKLern zu den Seminaren fahren. Politik steht dennoch oft im Mittelpunkt. „Bald fahren wir für zehn Tage nach Minsk, dort werden wir uns mit der Jugendarbeit zum Thema Demokratie und Diktatur beschäftigen“, sagt Huckauf. Auf einer fünftägigen Fahrt nach Berlin im Juli geht es darum, die Geschichte der DDR aufzuarbeiten.
Letztere Fahrt hat auch Huckauf mit organisiert. Von der ersten Idee über die Programmplanung hin zum Formulieren der Pressemitteilungen. Daneben managt er noch weitere Projekte. Im Januar startet eine Kampagne zur Bürgerschaftswahl am 22. Mai 2011, die zum Wählen auffordert. „Wir wollen nicht für eine Partei werben, sondern für die Wahl.“
Politisch interessiert war Huckauf schon immer, sagt er. Er hatte einen guten Lehrer, der neben Weimarer Republik und Kaiserreich auch tagespolitische Debatten behandelt hat. Früher sah Huckauf mit seinen Eltern zusammen die Tagesschau, heute bevorzugt er die Heute-Nachrichten. In einer Partei war er nie. „Ich wurde jetzt nicht auf meine CDU-Affinität hin geprüft“, sagt er. „Man sollte das Freiwillige Politische Jahr eher parteiunabhängig betrachten.“ Den Werten stehe er zwar nahe, aber mit allem gehe er nicht konform, sagt er.
„Politik ist nicht das gleiche wie Parteipolitik. Ich glaube, viele Leute sehen das zu engstirnig“, sagt er. Eine spätere Tätigkeit in der Politik plant er aber nicht. „Klar, ein Hintertürchen will ich mir offen halten, aber ich möchte Jura studieren“, erzählt der 19-Jährige, der in diesem Jahr sein Abitur gemacht hat. Er würde sich gern auf Europäisches Recht spezialisieren, „das hat ja auch mit Politik zu tun“.
Die politische Arbeit in der Konrad-Adenauer-Stiftung macht ihm Spaß, sagt er. „Ich habe viel Verantwortung und die Möglichkeit, viele eigene Ideen einzubringen. Kaffee habe ich hier jedenfalls noch nie gekocht“, so der Hobbyfußballer. „Ich lerne viel, was ich später im Studium brauchen kann.“ Auch sein Chef, Ralf Altenhof, Leiter des Bildungswerks der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bremen, ist zufrieden. „Jorma macht nicht gute, und auch nicht sehr gute Arbeit. Er macht hervorragende Arbeit“, lobt er. Huckauf bringe neue, junge Perspektiven ein, die für Projekte wichtig seien.
Andreas Rheinländer ist Geschäftsführer des Sozialen Friedensdienstes Bremen, der die Jugendfreiwilligendienste organisiert. Seiner Meinung nach verläuft das FPJ bei der Konrad-Adenauer-Stiftung genau so, wie er sich das bei der Einführung im Sommer vorgestellt hatte. „Jorma wird ernst genommen, seine Arbeit wird wertgeschätzt und er ist wie ein vollwertiger Mitarbeiter.“
Rheinländer war es auch, der Huckauf an die Konrad-Adenauer-Stiftung vermittelte. „Jorma hat sich an uns gewandt, weil er ein Freiwilliges Kulturelles Jahr machen wollte. Dann meldete die Stiftung, dass sie eine Stelle für das Politische Jahr schaffen und ich fragte Jorma, ob das nichts für ihn sei“, erzählt Rheinländer. Huckauf war der einzige Bewerber, nach einem Bewerbungsgespräch war er eingestellt. „Wir beschäftigen hier einige Praktikanten, aus China, Aserbaidschan oder Iran beispielsweise, aber die bleiben nur drei bis vier Monate. Langfristige Projekte lassen sich besser planen, wenn jemand ein Jahr da ist“, erzählt Altenhof. 675 Euro bekommt Huckauf für 38,5 Wochenstunden, ist aber sozialversichert. Rund 370 Euro bleiben übrig.
Auch wenn Huckauf hauptsächlich von den großen Projekten schwärmt, besteht ein Großteil seiner Arbeit in der Planung von Abendveranstaltungen. So beteiligt er sich an der Vortragsreihe „Was heißt heute…“. „Thomas Schmid, Herausgeber der 'Welt'-Gruppe, hat zum Thema 'Was heißt heute gerecht?' gesprochen und war sehr überzeugend“, erzählt Huckauf.
Außer von den Kontakten profitiert Huckauf auch davon, dass er sich weiterentwickelt, beruflich wie persönlich. „Ich hatte einen zu eloquenten Sprachstil, das habe ich mir inzwischen abgewöhnt“, sagt er lachend. „Ich kann jetzt auch komplexe Zusammenhänge einfach erklären.“
Rheinländer hofft, dass künftig mehr Institutionen ein solches Jahr anbieten. „Wir sind in Gesprächen“, erzählt er. „Wir wollen in Bremen eine Vielfalt an freiwilligen Projekten haben. Das Jahr richtet sich nicht nur an Parteijugend, sondern an politisch Interessierte“. Zehn Stellen wünscht er sich, sagt er. Die sollten dann so sein, wie die der Konrad-Adenauer-Stiftung. Dort ist man mit dem Pilotprojekt zufrieden, sagt Altenhof: „Wenn die neuen Bewerber annähernd so gut sind wie Jorma, steht dem Ganzen nichts im Wege.“