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In einem Impulsreferat erklärte Pfahl-Traughber zunächst den Begriff Antisemitismus mit einer Definition des britischen Philosophen Bryan Klug, die besagt, dass „Antisemitismus Feindschaft gegen Juden als Juden“ ist. Er unterschied zwischen klassischem und modernem Antisemitismus. Bei letzterem sei besonders der sekundäre Antisemitismus stark vertreten. Dieser zeichne sich durch eine einseitige israelfeindliche Haltung sowie mangelnde Sensibilität für die Erinnerung des Holocausts aus. Laut Pfahl-Traughber hegen bis zu 20 Prozent der Deutschen antisemitische Ressentiments, die häufig nicht deutlich und öffentlich artikuliert werden, aber privat keine Tabus sind. Pfahl-Traughber hob das islamistische Milieu, welches Gewalt pauschal gegen „Juden“ fordert, hervor, wobei 90 Prozent der antisemitischen Gewalttaten einen rechtsextremen Hintergrund haben. Er verdeutlichte, dass Israelkritik nicht automatisch antisemitisch sei. Kritik an der israelischen Politik müsse man klar von israelfeindlichen Positionen, die eine naive, antiimperialistische Solidarität zu den „schwächeren“ Palästinensern hegen, distanzieren. Israelkritik sei antisemitisch, wenn man diese Kritik unter anderem mit stereotypischen Parolen wie „Kindermörder Israel“ pauschalisiert und nur Israel für den Nahostkonflikt verantwortlich macht.
In der anschließenden Podiumsdiskussion betonte Pühn, dass Antisemitismus in der EKD rational diskutiert werde. Man spreche sich gegen jegliche Form des Antisemitismus aus. Sowohl auf israelischer als auch auf palästinensischer Seite herrsche eine große Wut. Die EKD versuche zwischen beiden Seiten zu vermitteln. Becerra verdeutlichte, dass ein israelisch-palästinensischer Dialog „von Menschen getragen wird“ und auf „gegenseitigem Respekt“ beruhe. Er beklagte, dass Menschen jüdischen Glaubens automatisch mit Botschaftern Israels gleichgesetzt werden. Es sei traurig, betonte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Delmenhorst zu Recht, sich in Deutschland für seinen jüdischen Glauben rechtfertigen zu müssen. Griesche positionierte sich als Mitinitiator der umstrittenen Nakba-Ausstellung 2015 in Bremen und übte Kritik an der Politik der israelischen Regierung.
Abschließend gab es eine teilweise sehr emotional geführte Diskussion. Thematisiert wurden unter anderem die pro-palästinensischen Demonstrationen des Sommers 2014, bei denen in Bremen vielfach antisemitische Plakate und Parolen auftauchten. Stimmen aus dem Publikum kritisierten die als einseitig empfundene Nakba-Ausstellung.