Event Reports
„Erste Erfolge und weitere Schritte“
lautete der Titel des Vortrags von
Klaus Regling. Seit über zwei Jahren
leitet der Deutsche die Europäische
Finanzstabilisierungsfazilität
(EFSF) in Luxemburg und seit
zwei Monaten auch den ESM. Das
Thema ist aktuell: Wenige Tage
zuvor hatte die Ratingagentur
Moodys die Bonitätsnoten von
ESM und EFSF um eine Stufe auf
„Aa1“ abgesenkt. Die Euro-
Finanzminister hatten in der letzten
Woche ein Bündel an Änderungen
am zweiten Griechenland-
Hilfspaket ausgehandelt. Das Volumen
bleibt allerdings konstant.
Damit verbunden ist die Freigabe
einer Tranche in einer Höhe von
über 40 Milliarden Euro für Athen.
Auch der Bundestag hat den Hilfsmaßnahmen
zugestimmt.
Ebenfalls in der vergangenen Woche
hat die Kommission einen Vorschlag
vorgelegt, wie eine vertiefte
Wirtschafts- und Währungsunion
aussehen könnte. Damit, so
sagte Kommissionspräsident Barroso,
sollte auch die Vertrauenskrise
überwunden werden, unter der die
Volkswirtschaften leiden und die
sich auf das Leben der Bürger
auswirkt. Der Dezembergipfel der
Staats- und Regierungschefs wird
sich ebenfalls um dieses Thema
drehen.
Ein Teil der, von der Kommission auf die Agenda gebrachten Vorschläge, lässt sich auf der Grundlage der geltenden Verträge erreichen, es sind jedoch auch Vertragsänderungen erforderlich. Kurzfristig (innerhalb von 6 bis 18 Monaten) soll zwei Projekten höchste Priorität eingeräumt werden: dem bereits vereinbarten wirtschaftspolitischen Reformen (Sixpack) und den derzeit erörterten Reformen (Twopack).
Die Mitgliedstaaten sollten, so fordert
die Kommission, außerdem bis
Ende des Jahres eine Einigung über
den rechtlichen Rahmen eines einheitlichen
Aufsichtsmechanismus
für Banken anstreben. Das
gilt als zentrale Voraussetzung für
eine direkte Rekapitalisierung von
Banken durch den ESM. „Eine einheitliche
Bankenaufsicht bei der
EZB wird kommen“, sagte Regling.
Er forderte, diese müsse nicht nur
rechtlich eindeutig sein, sondern
vor allem funktionieren. Dabei
verwies er auf EZBDirektoriumsmitglied
Jörg Asmussen, der gesagt habe, die EZB
brauche das Jahr 2013, um sich
auf die Umsetzung der Bankenaufsicht vorzubereiten. Derzeit gebe
es keine Mitarbeiter, das Personal
müsse zunächst eingestellt werden.
Die Ausgestaltung der Bankenaufsicht
war bereits beim Oktober-
Gipfel der Staats- und Regierungschefs
Thema.
Eine wirksame Bankenunion würde
nicht nur die Einrichtung eines einheitlichen
Aufsichtsmechanismus,
sondern nach dessen Annahme
auch die Schaffung eines einheitlichen
Abwicklungsmechanismus für
in Schieflage geratene Banken erfordern.
Bei der gemeinsamen Einlagensicherung
äußerte Regling
seine Bedenken über die sehr ungleichen
Ausgangsbedingungen in
den einzelnen Staaten.
Klaus Regling machte in seinem
Vortrag deutlich, dass die Krisen-
Strategie erste Erfolge zeige. „Die
Wettbewerbsfähigkeit hat sich
massiv verbessert“, sagte er. Die
Anpassung der Krisenländer ist bereits
zur Hälfte erfolgt, doch bei
den Menschen kämen nur die Lasten
an. Als Ökonom schaue man
sich die Frühindikatoren an, diese
seien positiv. So stiegen die Exporte
in den Krisenländern. Doch: „Die
Anpassung ist noch nicht zu Ende,
es muss weitergehen“, forderte
Regling.
Den ESM gibt es seit zwei Monaten, die EFSF seit über zwei Jahren. Die Instrumente sind identisch, beide vergeben Kredite. Die EFSF wurde als temporäre Institution nach privatem luxemburgischen Recht geschaffen, während der ESM auf einem internationalen Vertrag beruht und dauerhaft angelegt ist. Die EFSF arbetiet mit Garantien der 17 Euro-Staaten, der ESM mit einer großen Summe Eigenkapital.
In seiner Rede erklärte Regling,
mit dem ESM und EFSF habe man
sich die Erfahrung des Internationalen
Währungsfonds (IWF) nach
Europa geholt. „Die Märkte sind am
Anfang immer zweifelnd, das war
beim IWF auch nicht anders. Doch
in der deutschen Öffentlichkeit wird
dies anders wahrgenommen“, sagte
auch Regling.
Als akutes Problemfeld sah Regling
das Bankensystem und die Renationalisierung
der Banken an.
„Hier stehen wir ganz am Anfang“,
sagte er. Während im Bereich der
Geldpolitik keine länderspezifischen
Maßnahmen ergriffen werden
könnten, sei das hingegen bei den
Banken möglich. Regling lobte,
dass die Banken ihre Mittel erhöht
hätten, davon drei Viertel mit frischem
Kapital.
Regling kritisierte, dass die Ratingagentur
Moody’s ESM und EFSF
gleichzeitig in der Bonität herabgestuft
habe. „Beim ESM ist das ohne
jede Begründung“, sagte Regling
und verwies auf das große Eigenkapital.
Die Herabstufung habe jedoch
an den Märkten keine Reaktion
gezeigt.
Die EFSF unterstützt aktuell drei
Anpassungsprogramme: Portugal,
Griechenland und Irland. Die Länder
bekommen insgesamt 192 Milliarden
Euro. Dem spanischen Antrag
auf Finanzhilfe zur Kapitalisierung
der Banken wurde stattgegeben.
Die Anfrage von Zypern steht
vor der Genehmigung. Hier seien
jedoch die absoluten Zahlen wegen
der geringen Größe der zypriotischen
Volkswirtschaft niedrig.
Aktuell befinden wir uns in einer
Übergangsphase, sagte Regling. Ab
dem Sommer 2013 gibt es keine
weiteren EFSF-Hilfsprogramme
mehr, dann greift der ESM. Bis
2014 wird das Kapital in Tranchen
an den Stabilitätsmechanismus gezahlt.
Regling sprach sich für eine Zusammenarbeit
von ESM und Europäischer
Zentralbank (EZB) aus.
Der Vorteil dabei: Ein Land bekomme
nur Unterstützung, wenn
Konditionalität, also eine Verpflichtung zu Reformen, gegeben sei.
„Im Moment ist keine Aktion der
EZB notwendig, aber das Instrument
zeigt trotzdem seine Wirkung
und beeindruckt die Märkte”, sagte
der ESM-Chef.
Regling kritisierte die starke negative
Darstellung der Medien, die
nicht mitteilten, welche Erfolge
schon erzielt worden seien. Er verwies
außerdem auf die vielen Gewinne,
die die EZB durch ihre Interventionen
am Sekundärmarkt
erzielt hätte.
„Die europäische Integration ist
nicht in einer Sackgasse, sie geht
weiter“, sagte er. Die politische
Union müsse sich ebenfalls weiterentwickeln
und mehr demokratische
Legitimation erhalten.
In der anschließenden Diskussion
sagte Regling, dass es sein kann,
dass die Hälfte des Weges, die
noch in der Krise zurückzulegen
sei, schwieriger werden könnte als
der erste Teil. So könnten Regierungswechsel
das weitere Vorgehen
beeinflussen. Länder wie Irland
oder Spanien hätten aber gezeigt,
dass die Anpassung auch mit Regierungswechseln
weiter vorangetrieben
wird. Griechenland nannte
Regling einen Sonderfall aufgrund
der Schwere der Probleme. „Griechenland
ist das einzige Land, wo
private Gläubiger einen Schuldenschnitt
hinnehmen mussten. Das
bedeutet ein massiver Eingriff in
Eigentumsrechte“, sagte er. Auch
politische Fehler schloss Regling
bei 17 Regierungen, die an der Euro-
Krisenstrategie beteiligt sind,
nicht aus.
Die Perspektive der Währungsunion
sah Regling positiv: „Ich bin überzeugt,
dass noch mehr Länder dem
Euroraum beitreten werden“, sagte
er.