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„Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents“, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz drei Tage nach dem brutalen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine vor dem Deutschen Bundestag. Der Begriff der Zeitenwende hat verfangen, aber er setzt auch einen hohen Anspruch, an dem sich die deutsche Politik messen lassen muss, sonst wäre es nur forsche Ankündigungsrhetorik, die eigenes Zaudern und Zögern bemäntelt.

Zweifellos ist der Zusammenbruch der internationalen Ordnung nach dem Ende des Kalten Kriegs eine „Zeitenwende“. Die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen haben sich – nun für alle sichtbar – grundlegend ver­ändert. Dabei hatte Russland vor dem 24. Februar 2022 deutliche Signale sei­nes Geschichtsrevisionismus und Strebens zur eurasischen Großmacht gesetzt. Der Kaukasuskrieg 2008, in dem Russland mit militärischen Mitteln Südossetien der Kontrolle Georgiens entzog und die Besetzung der Krim 2014 markierten Etappen auf dem Weg zum völkerrechtswidrigen Angriffs­krieg auf die Ukraine.
Die „Zeitenwende“ erreicht den Westen mit acht Jahren Verspätung. Werden das transatlantische Bündnis und Deutschland jetzt die richtigen Antworten geben und ihrerseits eine „Zeitenwende“ einleiten, die Freiheit, Souveränität und westliche Werte dauerhaft sichert?
Nach der Wiedervereinigung 1990 hatte sich die Bundeswehr von ein­satzbereiten Großverbänden verabschiedet und richtete ihre Strukturen an Auslandseinsätzen wie in Afghanistan aus. Die Kaltstartfähigkeit der Bundes­wehr, durch die innerhalb weniger Tage mehrere Zehntausend Soldaten kriegs­bereit mobilisiert werden konnten, ging verloren. Bündnis­ und Landesvertei­digung müssen nun wieder Vorrang haben.
Seit dem Beginn des Ukraine­Kriegs hat das westliche Bündnis zahl­reiche Weichen gestellt. Deutschland hat ein „Sondervermögen“ in Höhe von 100 Milliarden Euro zur Ausstattung der Bundeswehr aufgelegt. Das trans­atlantische Defensivbündnis benötigt jedoch eine dauerhafte und glaubwür­dige Abschreckung. Sie hat im Kalten Krieg fünfzig Jahre lang für Stabilität und Sicherheit gesorgt und ist nun erneut gefordert.
Die zentrale Frage lautet in dieser Zeit, ob der Westen der russischen Herausforderung gewachsen ist. Scheitert der Westen bei seiner Unterstüt­zung der Ukraine, sind Freiheit und Sicherheit in ganz Europa bedroht. Die Zäsur des 24. Februar 2022 erfordert ein grundlegendes Umdenken: eine Zei­tenwende, auch in den Köpfen.

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