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2015 begeht die Christlich Demokratische Union Deutschlands ihr 70. Gründungsjubiläum. Für die Politische Meinung ist das Anlass genug, um die erste Ausgabe dieses Jahres dem Thema „Volksparteien“ zu widmen. Schließlich bieten die Geschichte und Gegenwart dieser Partei einige Evidenz, um der altbekannten, aber fragwürdigen These vom Ende der Volksparteien zu begegnen. Noch bedeutsamer ist jedoch, dass 2015 neue Ansätze bei den Parteireformen erwarten lässt, mit denen insbesondere die CDU auf die Veränderungsprozesse in der Gesellschaft antworten will.

Eine Vielzahl „technischer“ Fragen steht auf der Reformagenda: Welche Strukturen passen zu den neuen Formen des gesellschaftlichen Engagements? Wie können die Parteien den deutlich artikulierten Partizipationswünschen der Mitglieder und Bürger gerecht werden? Welche neuen Formen der Ansprache und Kommunikation lassen sich verwenden? Wie können insbesondere junge Menschen stärker einbezogen werden?

Fraglos bietet der Werkzeugkasten für mehr Teilnahme und Teilhabe zahlreiche Möglichkeiten, die genutzt werden sollten. Doch muss jedem klar sein, dass die Volksparteien auch bei größter Experimentierfreude nicht zur „E-demokratischen“ Avantgarde aufschließen werden. So erstrebenswert ein deutlicher Zuwachs an Partizipation nicht zuletzt mittels digitaler Technik ist, ein Selbstzweck darf sie für die Volksparteien nicht sein. Ihnen muss es um die Stärkung des Volksparteigedankens gehen, der auf geregelten und gestuften Beteiligungsverfahren beruht und darauf zielt, die verschiedensten Ideen aus einer Vielfalt von Bevölkerungsgruppen aufzugreifen, zu diskutieren und im Kompromiss so aufzuarbeiten, dass sich gemeinsame Meinungen und vernünftige und annehmbare Lösungsvorschläge für politische Fragen herausbilden.

Die Notwendigkeit, sich gegenüber der Onlinepartizipation zu öffnen, drängt – den Anschluss an die „digitalen Lebenswelten“ dürfen die Volksparteien nicht verpassen. Und trotzdem liegt darin nur ein Mittel zum Zweck. Die Kunst wird sein, die Informationen, Kompetenzen und Ideen, die auf diesem Wege gewonnen werden, so einfließen zu lassen, dass sie Teil der Verfahren werden, die Kompromisse und Beschlüsse möglich machen. Erst recht in einer sich differenzierenden Gesellschaft kommt es darauf an, dass Politik gestaltbar bleibt. „Liquide“ Formen von Demokratie, die manche als Gegenpol zu scheinbar veralteten Verfahren begreifen, taugen solange, wie sie den Meinungsfluss unterstützen. In dem Augenblick aber, wo Meinungen in Entscheidungen übergehen, braucht es die Verfestigung. Es ist wie in der Chemie: Kompromisse kristallisieren aus einer Vielzahl von Komponenten zu „festen Lösungen“ (englisch: „solid solutions“).

 

Bernd Löhmann, Chefredakteur