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Migration und Integration ist in dieser Ausgabe unser Schwerpunktthema. Es ist jenem Politikbereich gewidmet, in dem sich die Union seit dem Verlust der Regierungsmacht am klarsten neu positioniert hat. Dieter Oberndörfer hat schon vor mehr als einem halben Jahrzehnt in der Politischen Meinung dafür geworben, Deutschland als Einwanderungsland zu definieren, um die Immigration nicht dem Zufall zu überlassen, sondern nach transparenten Kriterien zu ordnen.

Aktuelle Aspekte des Europäischen Integrationsprozesses werden in einer Reihe von Beiträgen und auch im Interview mit Österreichs Außenministerin Benita Ferrero-Waldner thematisiert. Die europäische Dimension der deutschen Politik hat immer schon eine besondere Aufmerksamkeit der Politischen Meinung erfahren, sie wird uns in Zukunft noch stärker interessieren.

Wie geht es weiter mit Russland unter Präsident Putin? Das Thema ist deshalb besonders spannend, weil trotz aller internationalen und strategischen Fragen, die den deutsch-russischen Dialog bestimmen, wir Deutschen ein besonderes Interesse an den Entwicklungen in Russland haben müssen. Denn schon zu den Zeiten der Sowjetunion war die Bundesrepublik Deutschland der wichtigste Handelspartner, und das gilt für das neue, sich demokratisierende Russland und für das wieder vereinigte Deutschland erst recht. In Russland sind 1800 deutsche Firmen präsent. Die Gesamtschuld Russlands gegenüber Deutschland beträgt fast dreißig Milliarden D-Mark. Im Januar haben Bundeskanzler Schröder und Präsident Putin über dieses Thema bei einer Schlittenfahrt gesprochen. Putin hat seine Bereitschaft erklärt, die Schulden abzubauen. Deutschland deckt mit steigender Tendenz seinen Gasbedarf zu 35 Prozent aus Russland. Trotz oder gerade wegen des starken wirtschaftlichen Interesses übt sich die deutsche Diplomatie in Zurückhaltung gegenüber den innenpolitischen Entwicklungen im Russland des neuen Präsidenten Putin, der nach Lenin das erste russische Staatsoberhaupt mit Deutschland-Erfahrungen und Deutsch-Kenntnissen ist. Wolfgang Leonhard ist der Autor unseres Textes. Er beruht auf einer von der Volkswagen Stiftung gesponserten Wieland-Lecture an der Universität Erfurt. Leonhard hat zehn Jahre lang in der Sowjetunion gelebt und 1940/ 41 in Moskau studiert, bevor er 1942 bis 1943 eine Ausbildung an der Komintern-Schule absolvierte. Anfang Mai 1945kehrte er als Mitglied der Gruppe Ulbricht nach Berlin zurück und wurde Mitarbeiter der Abteilung Agitation und Propaganda der KPD, später der SED, und lehrte 1947bis 1949an der Fakultät für Geschichte der SED-Parteischule „Karl Marx“. Im März 1949 floh er aus Opposition gegen den stalinistischen Kurs der SED nach Jugoslawien und wechselte 1950 in die Bundesrepublik Deutschland über. 1955 veröffentlichte er seinen Erlebnisbericht Die Revolution entläßt ihre Kinder, mit dem er über Nacht zur international gefragten Autorität aufrückte.

Im Februar gedenken wir des 15. Todestages unseres unvergessenen Chefredakteurs Ludolf Hermann. Hauptamtlich war er Chefredakteur von Capital, davor des Rheinischen Merkur. Wir vermissen den Charme seiner Persönlichkeit, seinen unverwechselbaren Stil und vor allem seine markante, dem Zeitgeist nie erliegende Stimme im politischen und intellektuellen Diskurs.

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Wolfgang Bergsdorf, Chefredakteur

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