2017 ist ein Ludwig-Erhard-Jahr: 120. Geburtstag am 4. Februar, 40. Todestag am 5. Mai, sein Opus magnum Wohlstand für Alle erschien vor sechzig Jahren, siebzig Jahre sind seit der Gründung der „Sonderstelle Geld und Kredit“ vergangen, die unter Erhards Vorsitz an einer neuen deutschen Währung mitarbeitete. Die D-Mark war der Ausgangspunkt für die Geschichte des Neuaufbaus nach 1945, die als „deutsches Wunder“ zum Gründungsmythos der Bundesrepublik wurde – ein Begriff, den Erhard allerdings nicht gelten lassen wollte.
„Das, was sich in Deutschland … vollzogen hat, war alles andere als ein Wunder. Es war nur die Konsequenz ehrlicher Anstrengung eines ganzen Volkes, das nach freiheitlichen Prinzipien die Möglichkeit eingeräumt erhalten hat, menschliche Initiative, menschliche Energien wieder anwenden zu dürfen“, schrieb er 1954. Offenbar betrachtete Erhard sich selbst nicht als wirtschaftspolitischen Magier. Er tat, was er für richtig hielt – und das hat grund- legende Bedeutung für damals, heute und, wenn wir es richtig machen, sogar für morgen.
In Zeiten populistischer Herausforderungen lohnt es, darauf zu verweisen, dass stichhaltige Argumente und fundierte Konzepte selbst in einer historischen Lage überzeugen konnten, die unermesslich viel schwieriger war als unsere heutige. In fast aussichtsloser Situation setzte Erhard Zeichen: Handstreichartig verband er die Währungsreform 1948 mit einer Wirtschaftsreform, die fast alle Bewirtschaftungsvorschriften aufhob und die Kräfte des Marktes ebenso entfesselte wie die persönliche Initiative. Von heute auf morgen füllten sich die Schaufenster. Ein nie gekannter Aufschwung mit mehr Wohlstand für alle begann.
Nicht nur Linken erschien Erhards Soziale Marktwirtschaft damals als zu kapitalistisch, sein Vertrauen auf die Regelkräfte des Marktes hielten sie für naiv, sein Beharren auf der Eigenverantwortung für unsozial und kalt. Der Weg ins „Wirtschaftswunder“ erwies sich als steinig, ihn gegen alle Widerstände zu gehen, war eine staatsmännische Tat. Wenn rund siebzig Jahre später die Ressentiments gegen freiheitliche Wirtschaftsprinzipien seltsam ähnlich klingen und der fatale Glaube an die Planbarkeit der Wirtschaft – nicht nur durch protektionistische Tendenzen – wächst, dann muss Ludwig Erhard wieder im Vordergrund stehen.
Sein Menschenbild geht vom eigenständigen und verantwortlichen Bürger aus, dem eine vernünftige Lebensplanung möglich sein muss – gerade auch in ungewissen Zeiten. Selbstbewusst und offen kann die Zukunft kommen! Fortschritt für alle – heißt das noch uneingelöste Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft in der Globalisierung und Digitalisierung. Auch heute brauchen die Deutschen keine Wunder, um zu bestehen, aber das sollte sie nicht hindern, neue zu vollbringen.
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Bernd Löhmann, Chefredakteur Die Politische Meinung
Lars Vogel, Geschäftsführer, Ludwig-Erhard-Stiftung