„Aus der Vielzahl der Beziehungen zwischen Macht und Geist, der Wolfgang Bergsdorfs Lebensarbeit gewidmet ist,
bleibt zu lernen, dass keine der beiden Größen ohne die andere bestehen, keine auch absoluten Gestaltungsanspruch erheben kann.“
(Karl Dietrich Bracher)
Kurz vor Fertigstellung der vorliegenden Ausgabe erreichte unsere Redaktion die Nachricht vom plötzlichen Tod ihres langjährigen Chefredakteurs und späteren Herausgebers. Auf ihrem Blog veröffentlichte sie umgehend einen ausführlichen Nachruf aus der Feder von Michael Borchard, der unter anderem als früheres Redaktionsmitglied dieser Zeitschrift über Jahre hinweg eng mit Wolfgang Bergsdorf zusammengearbeitet hat.
In fast vier Jahrzehnten nahm Wolfgang Bergsdorf prägenden Einfluss auf Gestaltung und Entwicklung der „Politischen Meinung“: 1979 trat er in die Redaktion ein, 1998 übernahm er in Nachfolge von Karl Willy Beer, Ludolf Herrmann und Peter Hopen die Schriftleitung, von 2012 bis 2018 gab er die Zeitschrift gemeinsam mit Hans-Gert Pöttering Bernhard Vogel heraus.
Die Begriffe von „Geist“ und „Macht“ und ihre Beziehungen zueinander, in denen der bedeutende Politikwissenschaftler Karl Dietrich Bracher sehr früh den Kern und den Angelpunkt der „Lebensarbeit“ von Wolfgang Bergsdorf erkannte, mögen heute unzeitgemäß anmuten. Liegt es vielleicht daran, dass Geist und Macht, die selten genug gut zueinanderfinden, ihre überaus strapaziöse Beziehungsarbeit im ohnehin fordernden Alltag inzwischen lieber hintanstellen? Manch einer fragt, ob der Dialog – etwa in dieser Zeitschrift – überhaupt noch lohnt.
Unsere Antwort darauf lautet: Ja, und erst recht! Gerade jetzt, wo Demokratie und Gesellschaft immer noch weitgehend ratlos auf die wachsende Unterstützung extremer Kräfte reagieren, geht es um weit mehr als etwa eine administrative Gegenwehr. Politisches Handeln erfordert mehr denn je intellektuelle Ressourcen, den sozialen, mentalen und kulturellen Rahmenbedingungen dieser Entwicklung im Streit und Widerstreit auf den Grund zu gehen. Auch insofern bleibt die „Lebensarbeit“ von Wolfgang Bergsdorf – erneut ein mittlerweile befremdlich großes Wort – Vermächtnis.
Im Namen der Redaktion,
Bernd Löhmann