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Wahlsieger der Nationalratswahl in Österreich vom 15. Oktober 2017 ist Außenminister Sebastian Kurz,
der im Frühjahr 2017 die Österreichische Volkspartei (ÖVP) zur „Liste Sebastian Kurz – die neue Volkspartei“
(LSK-NVP) umgebaut und dabei die innerparteiliche Macht auf sich konzentriert hat. Kurz
gewann für die Konservativen 7,5 Prozentpunkte hinzu und wird voraussichtlich der nächste
Bundeskanzler.
Als Koalitionspartner bieten sich die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) an, die gegenüber 2013
5,5 Prozentpunkte zulegte und mit 26 Prozent der abgegebenen Stimmen drittstärkste Partei wurde,
oder die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ), die ihr Ergebnis der Vorwahl halten konnte.
Der bisherige Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende Christian Kern ließ noch am Wahlabend erkennen,
dass er seine Partei eher in der Oppositions- als in der Juniorpartnerrolle der Konservativen
sehe. Aber schon am Tag nach der Wahl berichteten österreichische Medien, dass auch Kern mit
der FPÖ über eine Regierungsbildung verhandeln wolle (Der Standard vom 16. Oktober 2017).
Relativ wahrscheinlich ist jedoch, dass die national-populistische FPÖ an der nächsten Bundesregierung
beteiligt sein wird, aller Voraussicht nach mit der Liste Sebastian Kurz als Seniorpartner
und Kurz als jüngstem Bundeskanzler Österreichs.
Die liberalen NEOS konnten ihr Ergebnis von 2013 halten. Mit der Liste Pilz wird eine neue Partei
in den Nationalrat einziehen. Die österreichischen Grünen verloren fast neun Prozentpunkte –
überwiegend an die Liste des Ex-Grünen Peter Pilz – und scheiterten an der Vier-Prozent-Hürde.
Das EU-skeptische „Team Stronach“, 2013 von einem in Kanada lebenden Bauunternehmer gegründet
und finanziert, ist nicht mehr im Parlament vertreten. Die Wahlbeteiligung betrug 80 Prozent.
Das sind 5,1 Prozentpunkte mehr als 2013.
Sitzverteilung und Koalitionsbildung
Im neuen Nationalrat sitzen fünf Parteien, die sich auf 183 Sitze wie folgt verteilen:
LSK-NVP: 62; SPÖ: 52; FPÖ: 51; NEOS: 10; Liste Pilz: 8.
Rechnerisch wären damit die Fortsetzung einer großen Koalition mit umgekehrten Rollen, also mit der
SPÖ als Juniorpartner, eine Koalition aus SPÖ und FPÖ oder eine aus der LSK mit Kurz als Bundeskanzler
mit der FPÖ als Juniorpartner möglich. Diese Konstellation gilt als die wahrscheinlichste.
Hochburgen und Diaspora
Die LSK hat in allen Bundesländern zugelegt, wurde aber nicht in allen stärkste Partei. Sie hat ihre
Hochburgen jedoch von der ÖVP übernommen. Sie ist am stärksten in einem breiten Gürtel, der sich
im Westen von Vorarlberg über Tirol (Ausnahme Innsbruck Stadt, SPÖ), die nördliche Mitte des
Landes bis nach Niederösterreich im Osten erstreckt. Ihr bestes Bezirksergebnis erreichte die LSK
in Hinterhornbach in Tirol mit 83,3 Prozent. In Wien, traditionell Hochburg der SPÖ, wurde sie mit
21,6 Prozent knapp vor der FPÖ (21,4 Prozent) zweitstärkste Kraft.
Die FPÖ hat ihre Hochburgen traditionell in Kärnten, wo sie auf 31,8 Prozent kam und stärkste Partei
wurde. Sie erreichte dort ihr bestes Ergebnis mit 53,8 Prozent in der Gemeinde Deutsch-Griffen.
Auch in der Steiermark war die FPÖ mit 29,4 Prozent erfolgreich – und lag nur knapp hinter der
LSK (31,5 Prozent).
Die SPÖ war und ist traditionell im Landesinneren, in einzelnen Gemeinden im Burgenland, in größeren
Städten und Wien am stärksten. Im Burgenland erreichte sie ihr bestes Ergebnis in der Gemeinde
Tschanigraben (67,6 Prozent). In der Bundeshauptstadt kam sie auf 34,5 Prozent. Sozialdemokratische
Diaspora ist Vorarlberg, wo die SPÖ trotz einer Steigerung nur auf 17,9 Prozent kam.
Bewertung
Drei Aspekte sind an der österreichischen Parlamentswahl bemerkenswert: Erstens ist aus parteipolitischer
Sicht interessant, dass der Wahlsieger die traditionsreiche und auf regionaler wie lokaler
Ebene gut organisierte und stark verwurzelte ÖVP zu einer one man show umgebaut hat, die Partei
diesem Kurs gefolgt ist und Kurz damit überaus erfolgreich war. Zweitens ist der starke Zuwachs
der FPÖ beachtlich, die seit Jahren einen harten einwanderungs-, islam- und EU-feindlichen Kurs
verfolgt. FPÖ und Kurz hätten sich einen Wettlauf um die härteste Asylpolitik geliefert, so Medienberichte
zum Wahlkampf. Zu erwarten ist daher, drittens, dass Österreich seine Einwanderungsund
Asylpolitik zum einen sowie seine EU-Politik zum anderen deutlich restriktiver gestalten wird.