Familie, Ausbildung und Beruf
Familie, Ausbildung und Beruf sind bei Anja Karliczek eng miteinander verbunden. Nach dem Abitur in Ibbenbüren beginnt sie 1990 eine Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Deutschen Bank in Osnabrück. Dort wird sie anschließend als Angestellte übernommen.
1993 wechselt sie in das Hotel Teutoburger Wald in Tecklenburg, das ihre Familie seit Beginn des 20. Jahrhunderts führt. Hier musste sie schon als Kind mit anpacken. Nun absolviert sie dort eine Ausbildung zur Hotelfachfrau und erlangt einen Ausbilderschein, um im Hotel Lehrlinge betreuen zu dürfen. Seit 1994 arbeitet sie in leitender Funktion im familieneigenen Hotel.
1995 heiratet sie den Piloten Lothar Karliczek, mit dem sie drei Kinder hat. Die überzeugte Katholikin verbindet ihre christlichen und konservativen Werte mit einem modernen Weltbild. So bleibt sie ebenso wie ihr Mann trotz zunehmender familiärer Einbindung stets berufstätig, schließt 2008 gar noch ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre an der FernUniversität Hagen ab. Dies kann nur mit großer Unterstützung ihrer Eltern bei der Kinderbetreuung gelingen – das städtische Betreuungsangebot in Tecklenburg ist zu dieser Zeit noch unzureichend.
Kommunalpolitisches Engagement
Das mangelhafte Angebot an guten Kita-Plätzen ist schließlich der Anstoß für Karliczek, sich politisch zu engagieren. Bei Veranstaltungen der Frauen Union setzt sie sich für den Ausbau der Kinderbetreuung in der Stadt Tecklenburg ein und macht sich für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie stark. 1998 tritt sie schließlich über die Junge Union in die CDU ein.
2004 wird sie in den Rat der Stadt Tecklenburg gewählt. Hier übernimmt sie sogleich den Vorsitz des Ausschusses für Familie, Senioren und Soziales sowie den Vorsitz der Verbandsversammlung der Volkshochschule Lengerich. 2009 wird Karliczek stellvertretende Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion. Zwei Jahre später übernimmt sie den Vorsitz des Stadtverbandes der CDU Tecklenburg und wird an die Spitze der CDU-Fraktion gewählt. Das Ratsmandat und den Fraktionsvorsitz legt sie 2014 nieder, nachdem sie 2013 in die Bundespolitik eingestiegen ist.
Finanzexpertin im Deutschen Bundestag
Im Bundestagswahlkampf 2013 konzentriert sie sich auf ihre bisherigen politischen und beruflichen Schwerpunkte: die Wirtschafts-, Mittelstands- und Familienpolitik. Sie wirbt damit, sich für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Mütterrente einzusetzen. Den Wahlkreis Steinfurt III gewinnt sie schließlich mit überzeugenden 47,9 Prozent der Erststimmen. Dieses Direktmandat verteidigt Karliczek 2017 erfolgreich.
Es erscheint geradezu selbstverständlich, dass die Hotelfachfrau mit Einzug in den Bundestag im Tourismusausschuss mitarbeitet. Als ordentliches Mitglied im Finanzausschuss und stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss kommen ihr ihre Banklehre und ihr BWL-Studium zugute. Im Finanzausschuss ist sie Berichterstatterin ihrer Fraktion für die kapitalgedeckte Altersvorsorge und setzt sich dabei unter anderem mit der Reform der Lebensversicherungen und der Umsetzung eines neuen europäischen Aufsichtsregimes für Versicherer (Solvency II) auseinander. Bei diesen Aufgaben arbeitet sie sich tief in die komplexe Materie ein und vermittelte zwischen Industrie- und Verbraucherinteressen.
Karliczek ist außerdem Mitglied in der Arbeitsgruppe der Fraktion zum Bund-Länder-Finanzausgleich. Zudem wird sie zur Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Finanzen des CDU-Bundesfachausschuss Finanzen, Wirtschaft und Energie ernannt. 2017 wählt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sie schließlich zur Parlamentarischen Geschäftsführerin der Fraktion.
Berufung zur Bildungsministerin
Vor dem Hintergrund der finanz-, mittelstands- und familienpolitischen Schwerpunkte ihrer bisherigen Arbeit ist Anja Karliczek nach eigener Aussage selbst völlig perplex, als ihr Bundeskanzlerin Angela Merkel 2018 die Leitung des Bildungsministeriums anbietet. Schnell breitet sich in der Öffentlichkeit der Vorwurf der Quotenfrau aus, schließlich erfüllt sie als relativ junge, katholische, moderne Konservative aus Nordrhein-Westfalen alle Kriterien, die bei der Auswahl der von der CDU gestellten Bundesministerinnen und –minister noch zu berücksichtigen sind.
Kritiker argumentieren, eine Bildungsministerin müsse bildungspolitische Vorerfahrung oder eine Laufbahn in Forschung und Wissenschaft mitbringen. Merkel antwortet hierauf: „(Anja Karliczek) ist sozusagen das lebendige Beispiel dafür, wie man berufliche Bildung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, akademische Bildung auch auf neuen und ungewohnten Bildungswegen sehr, sehr gut vereinbaren kann.“
Zum Beginn ihrer Amtszeit will Karliczek zunächst erst einmal „fragen, fragen, fragen“. Die Managementqualitäten, die sie zur Leitung eines so großen Hauses wie des Bildungsministeriums benötigt, hat sie im familieneigenen Hotel ebenso unter Beweis gestellt wie als Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Auch ihre Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Bund-Länder-Finanzausgleich können ihr zugutekommen. Ein wichtiger Punkt auf ihrer Agenda ist, nach dem gelockerten Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern mit den Ländern auszuhandeln, wie der Bund im Einzelnen durch Investitionen unterstützend tätig werden kann. Im Koalitionsvertrag sind die wichtigsten Vorhaben in diesem Zusammenhang die Digitalisierung der Schulen und ein altes Steckenpferd der Ministerin – der Ausbau der Ganztagsbetreuung.
Curriculum vitae
- 1990-1992 Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Deutschen Bank
- 1993-1994 Ausbildung zur Hotelkauffrau, anschließend leitende Funktion im Hotel Teutoburger Wald
- 2003-2008 Studium der Betriebswirtschaftslehre an der FernUniversität Hagen mit Abschluss zur Diplom-Kauffrau
- 1998 Eintritt in die Junge Union und in die CDU
- 2004-2014 Mitglied des Stadtrats von Tecklenburg
- 2009-2011 Stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Stadtrat Tecklenburg
- 2011-2014 Vorsitzende der CDU-Fraktion im Stadtrat Tecklenburg
- Seit 2011 Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Tecklenburg
- Seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestags für den Wahlkreis Steinfurt III
- 2013-2017 Mitglied im Tourismusausschuss und im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags
- 2013-2017 Stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags
- 2017-2018 Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
- 2018-2021 Bundesministerin für Bildung und Forschung