Lieselotte Berger wurde am 13. November 1920 im Berliner Bezirk Spandau als Tochter eines Kunstschlossers geboren. Nach dem Besuch der Mittelschule und der Erlangung der Mittleren Reife, arbeitete sie von 1937 bis 1945 als Büroangestellte in Berlin. Nebenbei bildete sie sich auf dem Abendgymnasium weiter und legte 1942 erfolgreich das Abitur ab. Nach bestandener Dolmetscherprüfung in Englisch arbeitete sie von 1945 bis 1947 als Dolmetscherin. 1948 nahm sie an der Freien Universität das Studium der Soziologie, Philosophie und Publizistik auf. Während ihres Studiums, das sie 1954 beendete, war sie als freie Journalistin tätig und arbeitete im Gesamtdeutschen Referat des Verbandes Deutscher Studentenschaften.
1958 wurde sie Mitglied der CDU und war 1958/59 in der Berliner Landesgeschäftsstelle tätig. 1959 trat sie als Referentin in die Berliner Senatskanzlei ein, von 1963 bis 1969 arbeitete sie als Leiterin des Ausstellungsreferates des Presse- und Informationsamtes des Senats, nachdem sie von 1960 bis 1963 als Persönliche Referentin des Bürgermeisters und CDU-Landesvorsitzenden Franz Amrehn tätig gewesen war. Daneben engagierte sie sich auf landespolitischer Ebene, von 1964 bis 1971 hatte sie den Vorsitz der CDU-Frauenvereinigung in Berlin inne, von 1965 bis 1972 war sie Mitglied des Landesvorstandes der Berliner CDU.
Am 26. August 1971 zog sie als Nachrückerin für ausgeschiedenen Abgeordneten Karl-Heinz Schmitz in den Deutschen Bundestag ein. 1972 erreichte sie bei der Wahl der Berliner Bundestags-Kandidaten mit 201 von 233 Stimmen den dritten Platz und gehörte dem Parlament bis zu ihrem Ableben 1989 als Vertreterin Berlins an.
1973 übernahm Lilo Berger das Amt, das sie bundesweit bekannt machen sollte – sie wurde Vorsitzende des 27 Mitglieder umfassenden Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages. Sie trat das Amt gerne an, weil sie der Ansicht war, sie habe „Fortune“ gehabt, ernannt zu werden. In einem 1978 im „Parlament“ erschienenen Beitrag beschrieb sie ihre Charaktereigenschaften: „Ich brachte einiges mit, was zum unbedingten Rüstzeug eines jeden Politikers gehört: gesunden Menschenverstand, Vertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit, die Bereitschaft zu lernen und – keine Angst vor großen Tieren.“ In ihrer bis 1987 dauernden Amtszeit erwarb sich Lilo Berger, die auch die Beinamen „Notrufsäule der Nation“ oder „Mutter Courage“ erhielt, einen legendären Ruf. Die Zahl der Eingaben an den „Kummerkasten der Nation“ stieg in ihrer Amtszeit stetig auf bis zu 14.000 pro Jahr an. Auch begann die Diskussion darüber, die Kompetenzen und Rechte des Petitionsausschusses zu erweitern und zu stärken. 1975 wurde Artikel 45 c, der die Befugnisse des Petitionsausschusses regelte, in das Grundgesetz aufgenommen. 1986 wurde sie vom Deutschen Staatsbürgerinnen-Verband für ihren sozialen Einsatz mit der Auszeichnung „Frau des Jahres“ geehrt.
Ein besonderes Anliegen war es ihr, mehr Frauen für das politische Engagement zu gewinnen. Es ging ihr darum, den Frauen Mut zu machen und ihnen Selbstvertrauen zu geben, denn sie war der Ansicht, „die meisten Frauen wissen gar nicht, was sie alles können“. Gleichberechtigung und Emanzipation standen für sie großteils nur auf dem Papier. Ihr war es ein Bedürfnis, die Begriffe mit Leben zu erfüllen.
In ihrer Partei vertrat die couragierte Politikerin auch unliebsame Positionen und setzte sich beim § 218 StGB konsequent für die Fristenlösung und gegen eine Indikationsregelung ein. Ihr war es – so betonte sie 1973 in einem Interview mit dem „Stern“ – wichtig, den Frauen zu helfen und nicht mit strafrechtlichen Konsequenzen zu drohen. Das Modell der Fristenlösung war in ihren Augen „für jeden verständlich, sozial gerecht und kriminalpolitisch klar“. Auch scheute sie in dieser Frage nicht vor einer Auseinandersetzung mit Julius Kardinal Döpfner, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, zurück.
Eine weitere Herzensangelegenheit von Lilo Berger waren – neben den sozialen Nöten der Bürger – die Probleme ihrer Heimatstadt Berlin, die sie in einem Interview 1971 als ihr „Fundament“ bezeichnete. Immer wieder äußerte sie sich zu Berlin betreffenden Themen. „Sonntags ist die Berlinerin nie in Bonn“, titelte die „Berliner Morgenpost“ 1972. Da war die unverheiratet gebliebene Politikerin immer in ihrer Heimatstadt anzutreffen, kümmerte sich um ihre Mutter und hielt Kontakt zur politischen Basis. Im März 1987, nachdem die mit 14 Jahren bis dahin längste Amtszeit einer Vorsitzenden des Petitionsausschusses endete, wurde sie zur Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundeskanzleramt und zur Bevollmächtigten der Bundesregierung in Berlin berufen – ein Amt, das sie nur noch für kurze Zeit ausüben konnte. Am 26. September 1989 erlag Lieselotte Berger in Berlin den Folgen eines Schlaganfalls.
Curriculum vitae
- 1948 Mitgründerin der Freien Universität Berlin
- 1958 CDU
- 1959–1969 Referentin in der Senatskanzlei
- 1962–1972Bundesvorstandsmitglied der Frauenvereinigung der CDU
- 1964–1971 Vorsitzende der Landesfrauenvereinigung Berlin
- 1972–1989 MdB (1973–1987 Vorsitzende des Petitionsausschusses)
- 1987–1989 Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeskanzleramt und Bevollmächtigte des Bundes in Berlin.
Veröffentlichungen
- Berger, Lieselotte: Kummerkasten der Nation. in: Frau und Politik, Nr. 7, Juli 1973, S. 12f.
- Berger, Lieselotte/Bothmer, Lenelotte von/Schuchardt, Helga: Frauen ins Parlament? Von den Schwierigkeiten, gleichberechtigt zu sein. Reinbek 1976.
Literatur
- Sigrid Latka-Jöhring: Frauen in Bonn. Zwanzig Porträts aus der Bundeshauptstadt. Bonn 1988.
- Denise Lindsay: Lieselotte Berger (1920–1989), in: Historisch-Politische Mitteilungen 19/2012, S. 293–323.
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