Herkunft, Studium und NS-Zeit
Richard Langeheine, der am 16. Februar 1900 geboren wurde, stammte von einem Bauernhof in Eixe in Landkreis Peine. Nach dem Abitur in Peine begann er ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Göttingen und Kiel, das er 1925 mit dem Ersten Staatsexamen beendete. Das Zweite Staatsexamen legte er 1928 ab und war anschließend Gerichtsassessor im Preußen. 1930 wurde er zur Staatsanwaltschaft in Stettin versetzt.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten trat er 1933 der NSDAP bei. Als es im Kreis Stolp in Pommern zu Konflikten zwischen der örtlichen NSDAP und der Kreisverwaltung kam, wurde er Ende 1933 beauftragt, die Vorfälle zu untersuchen und deshalb zum Oberbürgermeister von Stolp und zum Kreisleiter der NSDAP ernannt. Als solcher deckte er Straftaten von Parteimitgliedern. Nach dem „Röhm-Putsch“ im Juni 1934 musste der Gauleiter von Pommern zurücktreten, und es stellte sich heraus, dass dieser die Straftaten in Stolp veranlasst hatte. Daraufhin wurde auch Langeheine abgesetzt und wegen Begünstigung im Amt angeklagt. Er schied nun aus dem Staatsdienst aus und wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Wegen einer Amnestie wurden die Ermittlungen gegen ihn später eingestellt. Langeheine ging daraufhin in die Wirtschaft und war bis 1945 Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsgruppe Steine und Erden. Näheres ist über seine Tätigkeit im Zweiten Weltkrieg nicht bekannt.
Aufstieg in der Deutschen Partei
1945 kehrte Richard Langeheine nach Peine zurück und ließ sich dort als Rechtsanwalt nieder. Er trat 1946 in die konservative Niedersächsische Landespartei ein, die sich 1947 in Deutsche Partei (DP) umbenannte und auf die anderen norddeutschen Länder ausdehnte. Für die DP, die im Raum Peine eine ihrer Hochburgen hatte, zog er 1948 in den Kreistag ein. Bereits 1952 übernahm er den Kreisvorsitz der DP und wurde im selben Jahr zum Bürgermeister der Stadt gewählt. Der selbstbewusst auftretende Langeheine fiel auch dem Bundesvorsitzenden der DP, Heinrich Hellwege auf, mit dessen Unterstützung der Rechtsanwalt 1953 zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der DP gewählt wurde. Bei der Landtagswahl 1955 konnte er in den Landtag einziehen und legte daraufhin sein Bürgermeisteramt nieder.
Um die SPD in Niedersachsen aus der Regierung zu verdrängen, schlossen sich die bürgerlichen Parteien CDU, DP, FDP und der Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) 1955 zu einer Regierungskoalition zusammen und wählten Hellwege zum Ministerpräsidenten. Richard Langeheine übernahm in der neuen Landesregierung das Justizministerium. Als Kultusminister Richard Tantzen (FDP) im Februar 1956 zurücktrat, wurde Langeheine zunächst mit der Weiterführung der Geschäfte betraut, ehe er im Juni 1956 vom Justiz- ins Kultusministerium wechselte. In seinem neuen Amt bemühte er sich, die Schulversorgung im ländlichen Raum zu verbessern und führte dazu die Mittelpunktschulen ein. Außerdem baute er das Sonderschulwesen aus und gründete zahlreiche neue Schulen, um die steigenden Schülerzahlen zu bewältigen. 1957 verabschiedete der Landtag das von Langeheine vorgelegte Gesetz über die Privatschulen. Zur Stärkung des Landesbewusstseins und zur Erforschung der Geschichte Niedersachsens richtete er an der Universität Göttingen einen Lehrstuhl für Landesgeschichte ein.
Als 1957 die Mitte-Rechts-Koalition in Niedersachsen zerbrach und Ministerpräsident Hellwege ein neues Bündnis aus CDU, DP und SPD bildete, konnte nur Langeheine sein Ministerium behalten. In der niedersächsischen DP wurde der verlässliche Kultusminister, der für den stark ausgelasteten Ministerpräsidenten zunehmend Parteitermine übernahm, nach und nach zum führenden Kopf. Deshalb beauftragte die DP-Landtagsfraktion nach der Landtagswahl 1959 auch ihn mit der Führung der Koalitionsgespräche und nicht den Parteivorsitzenden Hellwege. Obwohl Langeheine bei den Verhandlungen sogar den Verzicht der DP auf das Amt des Ministerpräsidenten anbot, verliefen sie ergebnislos. Die SPD, die aus der Wahl als Sieger hervorgehangen war, konnte eine Koalition mit FDP und BHE schließen und dadurch erneut die Regierung in Niedersachsen übernehmen.
Das Ende der DP und der Wechsel zur CDU
Die starke Stellung von Richard Langeheine in der DP zeigte sich auf dem Parteitag im Juni 1960, als er aufgrund einer Satzungsänderung das Amt des geschäftsführenden Vorsitzenden der DP in Niedersachsen übernahm und damit Heinrich Hellwege entmachtete. Allerdings hatte zu dieser Zeit schon der Zerfall der Partei begonnen. Noch im Juni 1960 traten die meisten Abgeordneten der DP-Fraktion im Bundestag zur CDU/CSU-Fraktion über, darunter die Bundesminister Hans-Christoph Seebohm und Hans-Joachim von Merkatz. Auch auf kommunaler Ebene verließen viele Mandatsträger der DP ihre Partei. Langeheine, der gegen die Überläufer zur CDU zunächst heftig polemisierte, wollte die DP am liebsten mit der FDP fusionieren. Als die entsprechenden Verhandlungen aber im Sande verliefen, setzte er auf einen Zusammenschluss mit der Vertriebenenpartei Gesamtdeutscher Block/BHE. Im April 1961 fusionierten DP und GB/BHE zur Gesamtdeutschen Partei (GDP). Zu Vorsitzenden der GDP in Niedersachsen wurden Richard Langeheine und Hermann Ahrens (GB/BHE) gewählt. Aber bereits kurz nach der Bundestagswahl 1961, bei der die GDP an der Fünfprozenthürde scheiterte, brachen in Niedersachsen Konflikte zwischen den beiden ungleichen Parteien auf. Während der GB/BHE nämlich die Koalition mit der SPD in Hannover fortsetzen wollte, favorisierte die DP eine Zusammenarbeit mit der CDU und den Gang in die Opposition. Als sich die GDP in Niedersachsen dann Ende Oktober 1961 mit knapper Mehrheit für die weitere Zusammenarbeit mit der SPD aussprach, traten Langeheine und seine Anhänger aus der GDP aus und nach und nach zur CDU über. Bis März 1962 waren 18 der 20 DP-Abgeordneten in Hannover Mitglieder der CDU-Fraktion geworden.
Erneut Kultusminister
Auch nach seinem Wechsel zur CDU konnte Richard Langeheine, der von 1961 bis 1964 erneut Bürgermeister seiner Heimatstadt Peine war, seine politische Karriere fortsetzen. Bereits 1963 erfolgte seine Wahl zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Zwei Jahre später wurde er sogar zum Kultusminister im Kabinett der ersten Großen Koalition in Niedersachsen berufen. Vorausgegangen war der Bruch der SPD/FDP-Koalition am Streit über das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl. Ministerpräsident Georg Diedrichs (SPD) schloss darauf im Mai 1965 ein Bündnis mit der CDU. Außer Langeheine gehörten der neuen Landesregierung von der CDU noch Justizminister Gustav Bosselmann, Wirtschaftsminister Carl Möller und Landwirtschaftsminister Wilfried Hasselmann an. Zunächst verabschiedete die neue Landesregierung das Konkordat mit der Katholischen Kirche, wofür sich vor allem Langeheine einsetzte. Für seine Verdienste wurde der Protestant vom Papst mit dem Großkreuz des Gregorius-Ordens ausgezeichnet.
Vor allem in der Bildungspolitik setzte der neue Kultusminister Maßstäbe. So sprach er sich dafür aus, in den Grundschulen stärker zu differenzieren, um jedem Kind gerecht zu werden. Da er eine Entscheidung über den weiteren Bildungsweg der Kinder bereits nach der Grundschule für zu früh hielt, führte er die Orientierungsstufe ein (5 und 6 Klasse). Auch die gymnasiale Oberstufe wollte er reformieren, um mehr selbständiges Lernen zu ermöglichen. Um Schule und Berufsausbildung enger miteinander zu verzahnen, warb Langeheine für die Einführung eines Berufsgrundbildungsjahres. Nicht nur um den Lehrermangel in Niedersachsen zu beseitigen, plante er des Weiteren den Ausbau der Hochschullandschaft und schlug die Gründung neuer Universitäten in Oldenburg und Osnabrück vor. In seiner Amtszeit konnte der Kultusminister, der sich gerne vor Ort über die Folgen seiner Bildungspolitik informierte, den Etat seines Hauses auf 25 Prozent des Landeshaushalts steigern. Durch seinen Mut, auch neue Wege zu gehen, hat Langeheine die CDU für eine moderne Bildungspolitik geöffnet.
Spitzenkandidat und Landesvorsitzender
Mittlerweile war der pragmatische Langeheine so in die CDU integriert, dass die Partei ihn zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 1967 nominierte. Im Wahlkampf trat die CDU mit dem „Langeheine-Plan“ an, der für einen massiven Ausbau der Infrastruktur warb und das Wachstum des Sozialstaates an eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik koppelte. Mit 41,7 Prozent erzielte die CDU zwar bei der Wahl ihr bis dahin bestes Ergebnis, Wahlsieger blieb jedoch die SPD. Ministerpräsident Diedrichs setzte jedoch nach der Wahl die erfolgreiche Regierungskoalition mit der CDU fort.
Nicht zuletzt aufgrund des guten Wahlergebnisses wurde Richard Langeheine nach dem plötzlichen Tod von Hans-Christoph Seebohm 1968 zum Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes Hannover gewählt. Als solcher bewarb er sich im Mai 1968 auch um das Amt des Vorsitzenden der CDU in Niedersachsen. Auf dem Parteitag in Bad Rothenfelde musste er sich allerdings im zweiten Wahlgang seinem Kabinettskollegen Gustav Bosselmann geschlagen geben. Weil die Wahlen aber insgesamt nicht satzungsgemäß durchgeführt worden waren, mussten sie wiederholt werden. Im Vorfeld der Neuwahl verzichteten dann sowohl Langeheine als auch Bosselmann auf eine Kandidatur und überließen dem jungen Wilfried Hasselmann das Feld. Auf dem Parteitag 1968 in Hannover wurde Hasselmann dann mit großer Mehrheit zum neuen Vorsitzenden der CDU in Niedersachsen gewählt und blieb bis 1990 im Amt.
Langsamer Abschied von der Politik
Langeheine amtierte bis zum Bruch der Großen Koalition 1970 als Kultusminister. Bei der anschließenden Landtagswahl gewann er zwar erneut ein Abgeordnetenmandat, doch erreichte die SPD die absolute Mehrheit und konnte allein regieren. Am Ende der Legislaturperiode schied Langeheine dann aus dem Niedersächsischen Landtag aus und legte 1974 auch den Vorsitz des Landesverbandes Hannover nieder. Die CDU in Niedersachsen wählte ihn daraufhin zum Ehrenvorsitzenden. Der Rat des Politikers, der 1972 die Niedersächsische Landesmedaille erhalten hatte, wurde auch noch lange nach seinem Ausscheiden aus der Politik sehr geschätzt. Bis ins hohe Alter arbeitete Richard Langeheine als Anwalt und Notar in seiner Peiner Kanzlei und verfolgte bis zuletzt die Tagespolitik mit großem Interesse. Am 29. Dezember 1995 starb er nach kurzer schwerer Krankheit in seiner Heimatstadt.
Curriculum vitae
- 16.2. 1900 geb. in Einxe bei Peine
- Abitur in Peine, Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Göttingen und Kiel
- 1925 Erstes Staatsexamen
- 1928 Zweites Staatsexamen
- 1928–1930 Gerichtsassessor in Preußen
- 1930–1934 Staatsanwalt in Stolp in Pommern/Stettin
- 1933/34 Oberbürgermeister von Stolp
- 1933 Eintritt in die NSDAP
- 1934 in den einstweiligen Ruhestand versetzt
- 1935–1945 Tätigkeit für Wirtschaftsorganisationen (u.a. Wirtschaftsgruppe Steine und Erden)
- 1945 Rechtsanwalt in Peine
- 1946 Eintritt in die NLP bzw. DP
- 1952 DP-Kreisvorsitzender
- 1953 stellvertretender Landesvorsitzender der DP
- 1952–1955 Bürgermeister von Peine
- 1955–1974 Mitglied des Niedersächsischen Landtages
- 1955 Niedersächsischer Justizminister
- 1956 Wechsel ins Kultusministerium
- 1956–1959 Niedersächsischer Kultusminister
- 1960 Wahl zum geschäftsführenden Vorsitzenden der DP Niedersachsen
- 1961 nach Fusion von DP und BHE zur GDP Landesvorsitzender der GDP
- 1961–1964 Bürgermeister von Peine
- 1962 Übertritt zur CDU
- 1963–1965 stellvertretender Fraktionsvorsitzender
- 1965–1970 Niedersächsischer Kultusminister
- 1968-1974 Vorsitzender des CDU-Landesverbands Hannover
- 1974 Ehrenvorsitzender der CDU in Niedersachsen
- 29.12.1995 gestorben in Peine
Auszeichnungen:
- 1970 Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband
- 1971 Ehrenbürger von Peine
- 1972 Niedersächsische Landesmedaille
- Großes Niedersächsischer Verdienstorden
- Großkreuz des päpstl. Gregoriusordens
Literatur
- Rolf Zick: Ein starkes Land im Herzen Europas. Die CDU in Niedersachsen 1945 bis 2015, Sankt Augustin/Berlin 2016.
- CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag (Hg): 60 Jahre CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Hannover 2017.
- Helmut Beyer/Klaus Müller: Der Niedersächsische Landtag in den fünfziger Jahren. Voraussetzung, Ablauf, Ergebnisse und Folgen der Landtagswahl 1955, Düsseldorf 1988.
- Claudius Schmidt: Heinrich Hellwege – Ein politisches Lebensbild, Stade 1991.