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Die Diskussion über Frauenrechte im Islam stellt ein polarisierendes Thema dar. Wie sieht es mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau aus? Welchem Ehepartner stehen die Kinder nach einer Scheidung zu? Ist Scheidung überhaupt möglich für Frauen? Was sagt eigentlich der Koran zu all diesen Themen, mit denen auch wir in Deutschland uns zunehmend beschäftigen? Am 25. Oktober 2017 konnte die KAS Hamburg rund 50 an diesen Fragen interessierte TeilnehmerInnen in ihren Räumlichkeiten begrüßen.
Hauptrednerin des Abends war die Religionswissenschaftlerin Dr. Gundula Krüger, die sich beruflich wie privat regelmäßig in islamischen Ländern aufhält und dadurch einen bemerkenswerten Wissensschatz zu Frauenrechten im Islam und der islamischen Normenlehre ansammeln konnte. Nach einleitenden Worten von Frau Dr. Vöge und Herrn Wersich, dem Fachsprecher Kultur und Kirchen der Hamburgischen CDU-Bürgerschaftsfraktion, die beide die Alltagsrelevanz und Aktualität des Themas betonten, begann Frau Krüger mit einer Einführung ins Thema.
Sie gab dem Publikum alle notwendigen Daten und Fakten zur Weltreligion Islam mit auf den Weg, um zu verstehen, dass es die EINE Rolle der Frau im Islam nicht gibt, sondern dass man eher von einem regionsbezogenen - europäischen, afrikanischen oder ostasiatischen - Islam sprechen könne. Genau das sei auch die Schwierigkeit in ihrem Beruf, denn die Lebenswirklichkeit bzw. die Bedingungen, unter denen Musliminnen leben, unterscheiden sich durchaus je nach Land. Die Referentin führte das Publikum durch harte Fakten und teilweise schockierende Realität(en) – wie z.B. das z.T. martialische Strafrecht -, doch auch der Schönheit der Länder, der Lebensweise und der Einzigartigkeit der Sprache und Schrift verschaffte sie Raum. Zusammen mit dem Publikum tauchte Frau Krüger ein in eine Welt, mit der viele wenig Berührung hatten. Sie erklärte unter anderem die Vorgehensweise der Informationsgewinnung durch Koran, Sunna und Hadith. Außerdem griff sie einige Koranverse zu Gleichberechtigung von Mann und Frau, der Ehe im Islam, Gehorsam oder zur Polygamie heraus. Den Zuhörern wurde nahe gebracht, welche dieser Verse als allzeit gültig gelten und welche der Meinung von Frau Dr. Krüger nach interpretationsbedürftig seien. Hier wurde das Dilemma dargelegt, dass viele Verse zwar neu interpretiert, aber diese neuen Interpretationen nicht an Prediger und Imame weitergegeben würden. Dadurch halten sich die aus unserer Sicht veralteten Denkweisen und Praktiken in einigen Gebieten, in denen der Koran gelehrt wird, hartnäckig. Frau Dr. Krüger gab Einblicke in Doppelstandards, unter denen Muslima bei Scheidungsgründen oder dem Kindschaftssorgerecht zu leiden haben. Dennoch gab es Anekdoten, die zum Schmunzeln anregten, Fernweh hervorriefen oder aufatmen ließen, da der Koran im Blick auf Frauen durchaus gleichstellend anmutende Inhalte wie das Recht auf Beruf, Freiheit und Scheidung birgt. Zum Schluss ihres Vortrags äußert Gundula Krüger den Wunsch, dass Frauen im Koran nicht erst im Jenseits den Männern gleichgestellt würden, sondern dies bereits im Diesseits geschieht.
An der anschließenden Diskussionsrunde wirkten die TeilnehmerInnen rege mit. Dabei wurde erörtert, wie die Entwicklungschancen in einigen islamischen Ländern einzuschätzen sind oder was für einen Einfluss Europa auf den Islam hat. Als Politikvertreter befragte Herr Wersich die Referentin hinsichtlich Lösungsansätzen und Handlungsempfehlungen: Wie geht eine plurale Gesellschaft konstruktiv mit dem Aufeinandertreffen verschiedener Religionen um und wie reagiert sie - maßvoll und doch ihrer selbst gewiß – auf Verschleierungsformen? In diesem Kontext unterstrich Gundula Krüger die Bedeutung von Dialog und „Kontakt-Halten“ mit islamischen Vertretern.
Das Politische Bildungsforum bedankt sich bei den Rednern Dr. Gundula Krüger und Dietrich Wersich MdHB, ebenso wie beim engagierten Publikum. Die lebhafte, ausführliche Diskussion spricht für die Aktualität des Themas und dafür, dass die Politische Bildung hier einen Auftrag hat.
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