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Neelam Kapoor, die indische Regierungssprecherin, eröffnete die Konferenz. Sie beschrieb das Verhältnis der Regierung Manmohan Singh zu den Medien als selbstbewusst, aber auch als konstruktiv. Sie räumte ein, dass es für ihre Administration eine enorme Herausforderung darstelle, sich auf den schnellen und stetigen Wandel der Medienlandschaft einzustellen und den wachsenden Anforderungen der Journalisten an Aktualität und Exklusivität in der Berichterstattung gerecht zu werden. So seien in den vergangenen Jahren in Indien hunderte Fernsehstationen entstanden, die in den verschiedenen Landesprachen berichteten. Es gebe von jeher eine breite Landschaft an Tageszeitungen und Zeitschriften und überdies habe das Internet millionenfach Portale und Blogs hervorgebracht, die alle an der Meinungsbildung der Bevölkerung mitwirkten. Hierauf müsse die Regierung tagtäglich reagieren. Andererseits sei die heterogene Medienlandschaft aber auch eine Chance für eine unabhängige und facettenreiche Berichterstattung. Jedoch müssten sich die Medien selbst zur Aufgabe machen, die Ausbildung und Qualität der journalistischen Arbeit zu steigern.
Am Beispiel der Beziehungen zwischen Indien und China machten einige Konferenzteilnehmer deutlich, dass bei vergangenen Auseinandersetzungen der beiden Staaten die indischen Medien mit ihrer eigenen Sicht der Dinge Meinung gemacht haben und dabei von der korrekten Darstellung und Interpretation der Ereignisse abgekommen sind. Dies sei Ausdruck mangelnder Professionalität und fehlenden emotionalen Abstands zu den jeweiligen Auseinandersetzungen. Darüber hinaus fehle es in Indien im Rahmen der Berichterstattung an einem übergreifenden Verhaltenskodex, der die Instrumentalisierung der Medien durch Politik und Armee in bewaffneten Konflikten verhindere.
In der weiteren Diskussion zur Struktur der indischen Medien wurde deutlich, dass insbesondere die Frage der Finanzierung der Verlagshäuser zu erheblichen Abhängigkeitsverhältnissen führt, die die Unabhängigkeit der Berichterstattung einschränkt. Bedingt durch die extrem niedrigen Verkaufspreise von Zeitungen seien diese mehr als in anderen Ländern auf ihre Anzeigenkunden angewiesen. Der durchschnittliche Preis einer Zeitung beträgt in Indien 4 Rupien (etwa: 6 Euro-Cent) und liegt damit nur knapp über dem Materialwert des Papiers. Insofern seien in der Vergangenheit immer wieder Fälle von bezahlten redaktionellen Beiträgen bekannt geworden, mit denen sich Medien für die Anzeigenschaltung erkenntlich zeigen. Dies betreffe vor allem die Bewerbung eines Produkts, beziehungsweise die Unterstützung eines Kandidaten bestimmter politischer Parteien. So könne es zu der kuriosen Situation kommen, dass der Kommentator einer Zeitung an einem Tag die Politik eines Akteurs lobt und in der Ausgabe des Folgetages kritisiert, nachdem entsprechender Einfluss genommen wurde. Ein zusätzliches Problem bestehe in der Besitzstruktur von Zeitungen. Diese seien häufig in der Hand von Einzelpersonen oder von Familien, die in der Versuchung stünden, durch eine gewisse Form der Berichterstattung ihre persönlichen Interessen zu verfolgen. Dies schränke journalistische Freiheiten erheblich ein.
In einer weiteren Session diskutierten die Konferenzteilnehmer das Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Medien und der Regierung. Jens Urban, der Pressesprecher der deutschen Botschaft, stellte die rechtliche Situation der Pressefreiheit in Deutschland vor und erläuterte den Redakteuren die Rolle des Presserates. Im Bezug auf die indische Situation stellten die Teilnehmer heraus, dass die zunehmenden Versuche der Einflussnahme von Regierungen auf Bundesstaatsebene und nationaler Ebene abgewehrt werden müssten. Es müsse die Aufgabe der Medien bleiben, unabhängig von Organisationsstruktur und finanzieller Abhängigkeiten von Anzeigenkunden politische und wirtschaftliche Vorgänge zu analysieren und zu interpretieren. Die Leser und Zuschauer dürften nicht Halbwahrheiten ausgesetzt werden. Dies müsse sichergestellt werden, wenn die Medien auch in Zukunft die Rolle der vierten Macht im Staat ausfüllen wollten. Die offene Austragung von wichtigen gesellschaftlichen Diskussionen sei ebenso eine Aufgabe der Medien, wie die Mitarbeit an der Umsetzung von Konzepten zur guten Regierungsführung. Insofern zeichne sich das Verhältnis zwischen Medien und Regierungen im Idealfall immer durch Konflikt und Kooperation aus.
An der Veranstaltung von KAS und CRI nahmen etwa 40 Vertreter aus Medien, Politik und Diplomatie teil. Außerdem haben die Studenten der Statesman Print Journalism School die Veranstaltung besucht und in der Sonntagsausgabe zu den Diskussionen berichtet. Die Fortsetzung der „Editors Conclave“ ist für das Jahr 2010 vorgesehen.