Event reports
Zusätzlich zu Terminen in Jerusalem gehörte eine Fahrt nach Beer Sheva zum Programm ebenso wie der Besuch des KAS-Auslandsbüros Palästinensische Gebiete mit Sitz in Ramallah. Der erste Programmtag stand ganz im Mittelpunkt der Ersten Konferenz für Nachwuchswissenschaftler der Europastudien. Die Veranstaltung fand an der Ben-Gurion University of the Negev (BGU) in Beer Sheva statt und wurde vom „Centre for the Study of European Politics and Society“ (CSEPS) an der BGU gemeinsam mit der KAS Israel organisiert. Daran nahmen junge Forscherinnen und Forscher verschiedener israelischer Universitäten wie der BGU, der Hebrew University oder der Tel Aviv University teil. Ermöglicht wurde dadurch ein lebendiger Austausch zur Europapolitik aus israelischer Perspektive.
Höhepunkt der Konferenz war der Vortrag von Prof. Dr. Beate Neuss. In ihrem Beitrag warf sie die Frage nach der „Breite des Atlantiks“ auf. Gegenstand ihrer Analyse waren eine Momentaufnahme des transatlantischen Verhältnisses, dessen Belastbarkeit angesichts politischer, ökonomischer und militärischer Herausforderungen sowie Perspektiven für die transatlantische Kooperation. Trotz vielfältiger Belastungsproben blieben die Beziehungen zwischen Europa und den USA eine Erfolgsgeschichte, so die Politikwissenschaftlerin. Vor allem gemeinsame Werte wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit seien dafür verantwortlich. Dieses Fundament zu verteidigen, sei gemeinsame Aufgabe für Europäer und Amerikaner angesichts aufstrebender Mächte und sich insgesamt verschiebender Kräfteverhältnisse im internationalen System. Dies sei auch für Israel von Bedeutung, das traditionsgemäß enge Beziehungen zu Europa und den USA pflege. Besonders wichtig sei in diesem Kontext der Beitrag der Zivilgesellschaft, die wertvolle Verbindungen zwischen den Kontinenten aufrechterhält. Dazu zählte unter anderem auch die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung, deren Engagement in Israel von höchster Priorität sei, wie Prof. Neuss anmerkte.
Neben dem Konferenzprogramm führte Prof. Neuss Gespräche mit dem Rektor der Ben-Gurion University of the Negev, Prof. Zvi HaCohen, ferner mit dem Dekan der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften an der BGU, Prof. David Newman, sowie mit Vertretern des Bologna Training Center. Dieses von der KAS Israel unterstützte Zentrum arbeitet daran, die Curricula israelischer Hochschulen an den europäischen Hochschulraum heranzuführen und „Bologna“-fähig zu gestalten. (Siehe Veranstaltungsbericht über den KAS-CSEPS Workshop zum Thema).
Um mehr über die politische und wirtschaftliche Situation in den Palästinensischen Gebieten zu erfahren, begann der zweite Programmtag mit einem Briefing durch den Landesvertreter der KAS in den Palästinensischen Gebieten, Felix Dane. Herr Dane ging zunächst auf die Rahmenbedingungen in den Palästinensischen Gebieten ein. Mit Blick auf die wirtschaftlichen Perspektiven betonte er das hohe Bildungsniveau der Palästinenser und die Verbindungen zur Diaspora. Beide Faktoren hätten in den vergangenen Jahren zu Wirtschaftswachstum geführt, was zusätzlich durch die Anstrengungen der Regierung von Salam Fayyad im Westjordanland begünstigt wurde. Die Korruptionsbekämpfung, der Aufbau politischer und rechtsstaatlicher Institutionen sowie Investitionen in Bildung brachten der palästinensischen Führung in Ramallah wiederholt Anerkennung von der internationalen Gemeinschaft ein. Für die Wirtschaft wirke hingegen die Besatzung und fehlende Fortschritte im Friedensprozess hemmend.
Diese Aspekte wurden während eines Gesprächs mit Hind Khoury, ehem. Botschafterin der PLO in Frankreich, den Co-Direktoren des Israel/Palestine Center for Research and Information (IPCRI), Riman Barakat und Dan Goldenblatt, Michael Mertes, Landesvertreter der KAS Israel, und Nadine Mensel, Projektassistentin der KAS Israel, erneut aufgegriffen. Das Thema „Die Siedlungspolitik der israelischen Regierung und die Auswirkungen auf den Friedensprozess“ war ebenso Gegenstand der mehr als zwei Stunden lebhaft geführten Diskussion, in deren Verlauf deutlich wurde, wie sehr der israelische Siedlungsbau in Ost-Jerusalem und im Westjordanland einer Zwei-Staaten-Lösung entgegensteht. Momentan herrsche in der palästinensischen Führung Ratlosigkeit darüber, wie man dieser Situation begegnen könne. Immerhin hatte bereits der amerikanische Präsident Barack Obama ein Ende des Siedlungsbaus gefordert. Wie könne dann Präsident Mahmud Abbas weniger verlangen?
Einschätzungen zur israelischen Sicherheitspolitik vermittelte am Nachmittag des 21. Juni der Politikwissenschaftler Dr. Amichai Magen, Terrorismusexperte am Interdisciplinary Center Herzliya. Er skizzierte zunächst die momentane Machtkonstellation in Ägypten und in Syrien, um daraufhin die Implikationen für Israel zu analysieren. Fakt ist, dass der Sturz des Mubarak-Regimes in Ägypten zu einem Machtvakuum auf dem Sinai geführt habe und der Waffenschmuggel in den Gaza-Streifen besorgniserregend ist. Allein zwischen dem 17. bis 20. Juni wurden ca. 160 Raketen vom Sinai und dem Gaza-Streifen aus auf israelisches Territorium abgefeuert, erklärte Dr. Magen. Sorge bereitet zudem die an Stärke und Einfluss gewinnenden Salafisten in der gesamten Region. Diskutiert wurde ferner die Belastbarkeit der bilateralen Beziehungen Israels zu Jordanien, zur Türkei und zur Europäischen Union. Um Israels Bewegungsfreiheit zu erhöhen, kann sich die Regierung keine Vernachlässigung der Beziehungen zu Amman, Ankara und Brüssel leisten. Woran es jedoch der israelischen Politik zum gegenwärtigen Zeitpunkt fehle, sei eine konsistente außen- und sicherheitspolitische Strategie, resümierte der Politikwissenschaftler.
Das Studien- und Informationsprogramm fand seinen Abschluss am 22. Juni in der Dormitio Abtei der Benediktiner auf dem Zionsberg. Bruder Nikodemus, seines Zeichens auch Altstipendiat der KAS, führte nicht nur durch die Räumlichkeiten des Klosters, sondern erklärte auch anschaulich die Besonderheiten des monastischen Lebens in Jerusalem. Mit Stolz verwies er die Rolle der Abtei und seiner Bewohner, Anlaufpunkt und Ansprechpartner für interreligiöse und politische Begegnungen zu sein. Weil sich das Klosterareal genau auf der Waffenstillstandsgrenze von 1948 befindet, sei es beispielsweise als Begegnungsstätte bei Israelis und Palästinensern akzeptiert. In diesem Kontext finden bei den Benediktinern Gesprächskreise zwischen israelischen und palästinensischen Jugendlichen statt. Außerdem dient der Ort als Treffpunkt der Ökumene. Bruder Nikodemus wies daraufhin, dass in dieser Hinsicht interessanterweise Bedarf mit Blick auf den Austausch zwischen der römisch-katholischen Kirche und den Ostkirchen bestehen würde. Die Teilnahme am Mittagsgebet der Mönche rundete den eindrucksvollen Besuch in der Dormitio ab.
Prof. Neuss zeigte sich nach drei Tagen Aufenthalt in Israel und den Palästinensischen Gebieten angetan von der Arbeit der KAS, die in Jerusalem und in Ramallah geleistet wird. Durch die vielfältigen Tätigkeiten, insbesondere mit Blick auf die Durchführung von Dialogveranstaltungen, leisteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung einen wichtigen Beitrag, um weiterhin für Annäherung der Konfliktparteien zu sorgen.
Nadine Mensel