Country reports
Eine solche, vom Wähler „erzwungene“ Zusammenarbeit zwischen einem Präsidenten des einen, mit einer Regierung eines anderen politischen Lagers, hat es in Kroatien schon mehrfach gegeben und angesichts der tiefen politischen Spaltung des Landes bzw. seiner gesellschaftlichen Elite immer wieder zu Problemen geführt.
Streit um das Wahlergebnis
Mit einem äußerst knappen Wahlergebnis hat sich, seit dem Tod des Staatsgründers Franjo Tudjmans, erstmals wieder ein von der HDZ nominierter Kandidat das höchste Staatsamt erobert und dies gegen alle Voraussagen der regierungsnahen kroatischen Medien.
Es konnte deshalb wenig überraschen, dass nach dem ersten Schock über das Resultat, einige Anhänger der Regierungspartei nach Auswegen aus dieser Situation suchten. So brachen einige SDP Vertreter sogar eine Diskussion vom Zaun, ob die zahlreichen ungültigen Stimmen, die offensichtlich auf Anraten des im 1. Wahlgang unterlegenen Mitbewerbers Ivan Sinčić, abgegebenen worden waren, in die Beurteilung des Wahlergebnisses einbezogen werden sollten bzw. müssten oder nicht. Sie argumentierten, dass es in den entsprechenden Gesetztestexten (Artikel 95 der Verfassung und Artikel 17.4 des kroatischen Wahlgesetztes) nicht eindeutig geregelt sei, ob der erfolgreiche Kandidat die Mehrheit der „abgegebenen“ Stimmen oder (nur) die Mehrheit der abgegebenen „gültigen“ Stimmen haben müsse. Nur Letzteres war der Fall, was manche den Erfolg der HDZ Kandidatin in Frage stellen ließ. Die kurzzeitige Diskussion ebbte dann jedoch nach der Beglückwünschung der HDZ Kandidatin durch Ihren Amtsvorgänger und der Bekanntgabe des offiziellen Endergebnisses der Stichwahl durch die kroatische Wahlkommission schon bald wieder ab.
Nicht so schnell verstummen wollte dagegen die Kritik an der weiter bestehenden Regelung, dass auch solche Auslandskroaten bei diesen Wahlen wahlberechtigt seien, die ihren festen Wohnsitz schon immer (von Geburt an) in einem anderen Staat (z.B. Bosnien-Herzegowina) innehaben und dabei sogar über die dortige Staatsbürgerschaft verfügten. Gemeint waren die ca. 260.000 „ethnischen Kroaten“, die vorwiegend in Herzegowina beheimatet sind und von der HDZ, wegen ihrer bekannten „nationalistischen Haltung“, in starkem Maße mobilisiert wurden, bei dieser Stichwahl für die HDZ-Kandidatin zu stimmen. Auch wenn schließlich nur ca. 16.000 Wahlberechtigte (6%) aus Herzegowina bzw. insgesamt etwa 37.000 Auslandskroaten ihre Stimme tatsächlich abgaben, profitierte die HDZ Kandidatin im Umfang von nahezu 90% von diesen Stimmen.
Dies wird den Anhängern der kroatischen „Linken“ weiter ein Dorn im Auge bleiben, auch wenn es der HDZ Kandidatin diesmal auch ganz ohne Berücksichtigung der von Auslandskroaten abgegebenen Stimmen gelungen wäre, ihren Mitbewerber mit -dann allerdings nur noch ganzen 1.989 Stimmen- zu schlagen.
Der Sieg der HDZ Kandidatin kann deshalb als knapp, aber verdient bezeichnet werden, gewann sie doch eine Mehrheit in 12 der insgesamt 21 Bezirke (Gespanschaften), so etwa auch in Städten wie Osijek, Vukovar, Vinkovci, Zupanja, Slavonski brod, Pozega, Sisak, Karlovac, Gospic, Zadar, Sibenik und sogar Split. Der sozialistische Amtsinhaber konnte in dieser Stichwahl dagegen nur die „roten Hochburgen“ Istrien und den Nordwesten Kroatiens, sowie die Hauptstadt Zagreb für sich gewinnen, von den insgesamt 37.028 Stimmen aus 50 Staaten im Ausland konnte er gar nur 3.291 (8,8%) auf sich vereinen. Damit war sein Schicksal besiegelt und er zeichnet den Amtsinhaber aus, dass er seine Niederlage schon nach Bekanntgabe des vorläufigen Endergebnisses unumwunden öffentlich eingestand, der Mitbewerberin noch am Wahlabend gratulierte und sich die Argumente einiger seiner Parteigenossen, ob der Unklarheit des Wahlergebnisses, nicht zu eigen machte.
Zurückhaltung des Ministerpräsidenten
Dies tat schließlich auch der sehr enttäuscht wirkende sozialdemokratische Ministerpräsident Milanovic, allerdings erst einige Tage später in einer Rede im kroatischen Parlament, nachdem die kroatische Wahlbehörde das endgültige Wahlergebnis bekannt gegeben und veröffentlicht hatte.
Er bot der neuen Amtsinhaberin eine „verfassungsgemäße“ Zusammenarbeit an und lud sie ein, an allen Kabinettssitzungen teilzunehmen, wenn sie dies wünsche, ohne den Hinweis zu unterdrücken, dass die Aufgaben des Präsidenten im Wesentlichen repräsentative seien und dass sie, bei der Durchsetzung eigener Rechte, etwa in der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik in dem semi-präsidentiellen Regierungssystem Kroatiens, immer auch der Zustimmung der Regierung bedürfe. Dies gelte vor allem bei Personalentscheidungen und solchen, die die kroatischen Geheimdienste beträfen.
Nachdem die Herausforderin ihren Wahlkampf von Beginn auf die miserable aktuelle Wirtschaftslage Kroatiens konzentriert hatte, war ihre Forderung, unmittelbar nach ihrer Amtseinführung, die für den 19. Februar geplant ist, eine Sondersitzung des Regierung mit dem Ziel anzuberaumen, endlich im Land für bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu sorgen, verständlich, galt doch das Votum der Wähler vor allem der schlechten Wirtschaftspolitik der SDP geführten Regierung. Dies traf bei dieser Stichwahl zwar den „Falschen“, insoweit er – wie übrigens auch seine Nachfolgerin - im Bereich der Wirtschaftspolitik eigentlich über keine Kompetenzen verfügten, ihm wurde allerdings zum Verhängnis, dass er sich nicht stärker in die Wirtschaftspolitik „seiner Regierung“ eingemischt habe, was seine Nachfolgerin nun, durch die zügige Anberaumung einer Sondersitzung des Kabinetts zur Wirtschaftslage in Kroatien besser zu machen sucht.
Pläne der neuen Präsidentin
Nachdem der kroatische Ministerpräsident Milanovic das Endergebnis der Stichwahl, mit der Bemerkung kommentierte, dass er seine Regierung nun als das letzte Bollwerk gegen die Rückkehr der „kriminellen HDZ-Bande“ an die Schaltstellen der Macht betrachte, muss davon ausgegangen werden, dass er den Plänen der neuen Amtsinhabern wohl eher „zurückhaltend“ gegenüberstehen wird. Mit dem Hinweis, sie sei nun Präsidentin „aller“ Kroaten, wobei Milanovic sicher alle in Kroatien lebenden Bürger unterschiedlicher politischer und religiöser Überzeugung meinte und nicht wie Kitarovic unterstellt wurde, aller und überall lebenden (ethnischen) Kroaten, erinnerte der Ministerpräsident die Staatspräsidentin daran, dass sie sich den Sorgen aller Bürger annehmen müsse. Er tat dies sicher vor dem Hintergrund der Ankündigung der neuen Staatspräsidentin, als erstes (Aus-) Land das Nachbarland Bosnien-Herzegowina besuchen und sich dort u.a. auch für die Unterstützung der dortigen Wähler bedanken zu wollen, die stundenlang in schlechtem Wetter vor den (zu) wenigen dortigen Wahllokalen ausgeharrt hatten, um ihre Stimme (für die HDZ Kandidatin) abzugeben.
Umsetzung des Wahlprogramms
Nach dem beeindruckenden Erfolg der HDZ Kandidatin mutmaßen natürlich viele politische Beobachter, was die neue Amtsinhaberin unterstützt von ihrer bisherigen Partei nun bewerkstelligen könne. Sicher ist, dass ihr Wahlprogramm mit der HDZ abgestimmt worden ist und in großen Teilen auch die Überzeugungen der HDZ Parteiführung widerspiegelt. In den Medien wurden zudem wichtige Anregungen kolportiert, welche die Präsidentin aufgreifen sollte, damit das Land wieder auf einen „richtigen Weg“ zurückfinden möge.
Neben der von ihr selbst postulierten Verringerung des im Präsidialamt beschäftigten Personals um 50%, bei gleichzeitiger Verlagerung des bisher sehr großzügigen Amtssitzes in das Stadtzentrum, stand in den allermeisten Wunschlisten, die Überbrückung der tiefen ideologischen Spaltung der kroatischen Gesellschaft eindeutig im Vordergrund. Dies sei zwar ohne eine schonungslose Aufarbeitung der Geschichte des Landes bzw. der Tito-Ära nicht zu erreichen, ohne eine solche sei eine notwendige und erfolgversprechende „gemeinsame Anstrengung“ zur Überwindung der wirtschaftlichen Misere des Landes kaum vorstellbar.
Auf die Frage, in welches Land sie nach einem möglichen Wahlsieg zuerst reisen würde, äußerte Kitarovic während einer Fernsehdiskussion spontan: Deutschland; der Amtsinhaber dagegen: die Nachbarländer. Dies zeigt, dass vor allem auch die bilateralen Beziehungen zwischen Kroatien zu Deutschland einen positiven Schub erfahren könnten. Nicht zuletzt auch deshalb könnte es durchaus zu ernsteren Meinungsverschiedenheiten mit der aktuellen Außenministerin Pusic führen, die ihre außenpolitischen Aktivitäten -wie übrigens auch der Amtsvorgänger Josipovic - stärker auf die Nachbarstaaten Kroatiens fokussiert hatte.
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