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Country reports

UMNO-Parteikongress und Selangor-Krise

Größte Partei Malaysias will sich verstärkt um Interessen der ethnischen Malaien kümmern

Der diesjährige Kongress der United Malays National Organisation (UMNO) Ende November machte deutlich, dass sich die seit sechs Jahrzehnten ununterbrochen regierende größte Partei Malaysias wieder stärker als Verfechter der Interessen und Vorrechte der ethnischen Malaien hervortun wird. Damit will sie ihre Stammwähler mobilisieren und der schwindenden Wählergunst vor allem in der nichtmalaiischen Bevölkerung entgegenwirken. Aber auch die Opposition muss nach personalpolitischen Fehlern während der sog. Selangor-Krise um ihre Popularitätswerte bangen.

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Nach dem Verlust der Zweidrittelmehrheit bei den Wahlen 2008 und einem weiteren deutlichen Rückgang an Wählerstimmen im Jahr 2013 warnt die UMNO-Führung ihre Mitglieder jetzt vor dem Schreckensszenario, bei der nächsten Volksabstimmung im Jahr 2018 endgültig die Macht zu verlieren. Die Partei zieht daraus ihre Schlüsse und vertritt die Meinung, nur durch eine strikt pro-malaiische Politik die Stimmen ihrer Kernwählerschaft mobilisieren zu können und somit den Rückgang der Wählergunst bei der nichtmalaiischen Bevölkerung ausreichend zu kompensieren. Kernelemente dieser Politik sollen der Schutz der Vorrechte der Bumiputras (ethnische Malaien und indigene Völker ), der Rolle der malaiischen Herrscher und des Islam sein. UMNO-Vorsitzender und Premierminister Najib Razak, der sich nach seinem Amtsantritt 2009 zunächst als Reformer und moderater Politiker profilierte, scheint nun dem Druck der traditionellen Kräfte seiner Partei nach-zugeben und seine Politik dem neuen Trend anzupassen. Als ein Beispiel dafür wird die Rücknahme der angekündigten Aufhebung des umstrittenen Gesetzes gegen Volksverhetzung (Sedition Act) wahrgenommen. Dieses Regelwerk, das aus der britischen Kolonialzeit stammt, war ursprünglich als ein Mittel zur Bekämpfung von kommunistischer Ideologie und religiösem Extremismus gedacht. Später wurde es aber auch gezielt gegen Regierungskritiker und Oppositionelle eingesetzt. Premier Najib hatte vor den Wahlen 2013 die Abschaffung des Gesetzes in Aussicht gestellt. In der Zwischenzeit wurde jedoch mehr als ein Dutzend Menschen inhaftiert, darunter Oppositionspolitiker, Aktivisten der Zivilgesellschaft und kritische Akademiker.

Der Stimmungswandel in der UMNO wird mit dem zunehmenden Einfluss der traditionellen Kräfte in der Partei erklärt. Als deren inoffizieller Wortführer gilt der langjährige ehemalige Premierminister Mahathir Mohamad , der in letzter Zeit offene Kritik an Najib und seinem Regierungsstil übte. Einige Reformen der Najib-Regierung (insbesondere die Abschaffung des Internal Security Act und die Auflockerung der promalaiischen Wirtschaftspolitik) gehen Mahathir zu weit und gefährden nach seiner Meinung die nationale Einheit und Sicherheit. Die Ergebnisse des UMNO-Kongresses scheinen ihm jetzt Recht zu geben und eine entsprechende Kurskorrektur einzufordern. Ob jedoch mit einer strikt promalaiischen Politik der Machterhalt dauerhaft gesichert werden kann, ist fraglich. Dessen sind sich Najib und seine Gefolgsleute in der Partei bewusst. In seiner Schlussrede auf dem Parteitag machte der Parteivorsitzende den Kongressdelegierten denn auch deutlich, dass die UMNO auf die Unterstützung der nichtmalaiischen Parteien in der Regierungskoalition BN (Barisan Nasional) angewiesen ist und die Gunst der Bevölkerungsmehrheit nicht verlieren darf. Deswegen sei eine Politik, die ein harmonisches Zusammenleben im multiethnischen und multireligiösen Malaysia sicherstellt, unverzichtbar.

Die sog. Selangor-Krise

Die Angst vor dem Machtverlust der Regierung wird durch Fehler der Opposition relativiert. Vor allem interne Reibereien und Postengeschacher während der sog. Selangor-Krise haben am Ansehen des Dreiparteienbündnisses Pakatan Rakyat Kratzer hinterlassen.

Im Januar trat der Abgeordnete der Parti Keadilan Rakyat (PKR) Lee Chin Cheh im Wahlkreis Kajang im Bundesstaat Selangor zurück und löste damit lokale Neuwahlen aus. Selangor ist der bevölkerungsgrößte und wirtschaftlich stärkste Bundesstaat Malaysias und wird seit 2008 vom Oppositionsbündnis Pakatan Rakyat regiert.

Der Rücktritt von Lee Chin Cheh kam überraschend, da er sein Mandat ein halbes Jahr zuvor mit großer Mehrheit erhalten hatte. Als Oppositionsführer Anwar Ibrahim bekannt gab, in diesem Wahlkreis kandidieren zu wollen, wurde dies von Kommentatoren als ein strategischer Schritt zur Übernahme des Ministerpräsidentenposten in Selangor gedeutet.

Zwar ist Ministerpräsident Khalid Ibrahim Mitglied der PKR, allerdings kam es in den letzten Monaten immer wieder zu Spannungen und Zerwürfnissen mit der Parteiführung. Vordergründig ging es um Khalids Regierungsstil, politische Beobachter vermuten jedoch, dass vor allem der strikte Sparkurs und die Weigerung des Ministerpräsidenten, Finanzüberschüsse in soziale Projekte zur Anwerbung von Wählerstimmen für die PKR zu investieren, Grund für den Zwist waren.

Anwar Ibrahim, ehemaliger Finanzminister und Vizepremier, ist PKR-Abgeordneter und Sprecher des Oppositionsbündnisses Pakatan Rakyat im Bundesparlament. Um Ministerpräsident von Selangor werden zu können, muss er jedoch einen Sitz im Landesparlament haben. In Malaysia sind doppelte Parlamentsmandate auf föderaler und Landesebene möglich.

Führungsmitglieder der PKR erklärten die Kandidatur Anwars als Teil eines angeblichen Masterplans, der letztendlich die Machtübernahme auf föderaler Ebene bei den nächsten nationalen Wahlen ermöglichen soll. Viele Wähler fragten sich jedoch, ob dieser Schritt wirklich erforderlich sei. Ministerpräsident Khalid war in Selangor relativ beliebt und genoss den Ruf eines soliden Haushälters. Die internen Konflikte mit der PKR-Führung kamen indes nicht bei allen PKR-Anhängern gut an.

Die Neuwahlen in Kajang wurden für den 23. März 2014 angesetzt. Vier Tage vor der offiziellen Nominierung der Kandidaten wurde Anwar Ibrahim vom Court of Appeal in einem Schnellverfahren wegen angeblichen homosexuellen Verkehrs zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der Oppositionsführer war in diesem Fall bereits im Jahr 2010 angeklagt und 2012 freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Berufung ein und hatte jetzt nach nur zwei Verhandlungstagen Erfolg. Bis zum Urteil der letzten Instanz, des Bundesgerichts, bleibt Anwar gegen Kaution frei. Als Kandidat bei den Neuwahlen kann er jedoch nicht mehr antreten.

Damit ist das Kalkül Anwar Ibrahims zur Machtübernahme in Selangor und danach in Putrajaya obsolet geworden. Die PKR schickte nun die PKR-Vorsitzende und Anwars Ehefrau, Wan Azizah Wan Ismail, ins Rennen. Sie gewann die Neuwahl mit komfortabler Mehrheit, allerdings bei einer eher geringen Wahlbeteiligung. Zur selben Zeit spielte sich das Drama um den verschwundenen Flug der Malaysian Airlines MH370 ab, das alle Aufmerksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit auf sich zog.

Die Ablösung Khalid Ibrahims als Ministerpräsident in Selangor wurde erstmal vertagt. Im Juni spitzten sich jedoch die Konflikte mit der PKR-Führung erneut zu. Da sich Khalid weigerte, mit seiner Parteiführung weiter zusammenzuarbeiten und deren Rücktrittsforderung zu befolgen, wurde er im August aus der Partei ausgeschlossen. Zwar kann der Ministerpräsident als Parteiloser regieren, muss aber die Mehrheit der 56 Abgeordneten des Landesparlaments hinter sich haben. Die Sitzverteilung in Selangor ist wie folgt: 14 Abgeordnete stellt die PKR, 15 Abgeordnete die DAP, 15 die PAS-Partei und 12 die oppositionelle UMNO.

Die Führung der Pakatan Rakyat nomi-nierte die PKR-Vorsitzende Wan Azizah als Kandidatin für den Ministerpräsidentenposten. Wan Azizah gelang es, sich die Unterstützung von 31 Abgeordneten zu sichern (14 PKR, 15 DAP, 2 PAS) und diese mit einer Unterschriftenliste zu belegen. Damit hätte der Sultan als Staatsoberhaupt von Selangor die Möglichkeit gehabt, Wan Azizah zur neuen Ministerpräsidentin zu ernennen.

Allerdings zeigte sich jetzt die Zerrissenheit innerhalb der Allianz Pakatan Rakyat. Insbesondere bei der islamischen PAS-Partei herrschte Uneinigkeit über die Nominierung von Wan Azizah. Einige PAS-Politiker, darunter der Vorsitzende Abdul Hadi Awang , bekundeten weiterhin ihre Unterstützung für Amtsinhaber Khalid Ibrahim. Es tauchten sogar Stimmen auf, die einen Ausstieg der PAS aus der PR-Allianz forderten und eine gemeinsame Regierung mit der UMNO anregten. Trotz Vermittlungsversuchen durch Anwar Ibrahim ist es nicht gelungen, Wan Azizah als Einheitskandidatin der PR für den Ministerpräsidentenposten durchzusetzen.

Der Sultan, der laut Verfassung den Ministerpräsidenten ernennt, das Parlament auflöst und Neuwahlen ausrufen kann, forderte die PR-Parteien auf, mehr als nur einen Kandidaten für das oberste Regierungsamt zu benennen. PKR und DAP beharrten weiterhin auf Wan Azizah, die PAS-Partei legte jedoch eine eigene Liste mit drei Namen vor.

Nach mehreren Konsultationsrunden ernannte Sultan Sharafuddin Idris Shah am 23. September den Stellvertretenden PKR-Vorsitzenden und Selangor-Abgeordneten Mohamed Azmin Ali zum neuen Ministerpräsidenten (Menteri Besar) von Selangor. Azmin, ein langjähriger Weggefährte von Anwar Ibrahim, wird somit zum hochrangigsten PKR-Politiker und möglicherweise zum neuen Hoffnungsträger der Pakatan-Rakyat-Allianz. Obwohl er in den letzten Jahren zu den schärfsten Kritikern von Khalid Ibrahim gehörte, hielt er sich während der Krise geschickt zurück und stand gleichzeitig loyal zu Wan Azizah und Anwar Ibrahim. Deren Taktieren während der Neuwahlen und der Absetzung von Khalid Ibrahim hatte nicht wenige PKR-Anhänger enttäuscht.

Ausblick

Es wird für die Opposition nicht leicht sein, diesen Imageschaden bis zu den nächsten Bundeswahlen wieder zu beheben. Sollte Azmin Ali sich im Amt bewähren, könnte er zum neuen Anführer der PR werden.

Anwar Ibrahims politische Karriere könnte bald zu Ende sein, sollte das Bundesgericht das Urteil des Berufungsgerichts und die damit verbundene Haftstrafe bestätigen. Der Versuch, sich mit der Übernahme des Ministerpräsidentenamtes in Selangor als nächster Premierminister Malaysias zu empfehlen, ist gescheitert.

Den größten Schaden scheint jedoch die PAS-Partei genommen zu haben. Die Kluft zwischen Reformern (der sog. Erdogan-Fraktion) und Traditionalisten (den sog. Ulama) ist tiefer als angenommen und könnte eventuell zu einer Spaltung der Partei führen. Auch ist ein Austritt der PAS aus dem Bündnis PR nicht völlig ausgeschlossen. Analytiker schätzen, dass die PAS durch ihr unsolidarisches Verhalten viele Stimmen vor allem unter den Nichtmuslimen verlieren wird.

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