Mit der Wiedereröffnung eines in den 90er Jahren bereits bestehenden Büros in Wien sollten nicht nur die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Österreich um eine Reihe von weiteren Aspekten ergänzt werden, sondern das Ziel ist: die Stärkung des Multilateralismus und die Festigung funktionierender Partnerschaften mit ernstzunehmenden Demokratien. Das betonte der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemalige Präsident des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Norbert Lammert, bei der feierlichen Eröffnung des neuen Büros der Stiftung am 14. Oktober in Wien, an der rund 200 hochrangige Gäste aus internationalen Organisationen, dem Diplomatischen Corps sowie dem Nationalrat, Ministerien, Universitäten und Think Tanks teilnahmen.
Zu Beginn der Abendveranstaltung unterstrich Claudia Crawford, die Leiterin des Wiener Büros, als Schwerpunkte für die Arbeit des Multilateralen Dialogs KAS in Wien die multilaterale Zusammenarbeit und im Rahmen des Parteiendialogs die Stärkung der repräsentativen Demokratie.
Der ehemalige österreichische Kanzleramtsminister im Kabinett Kurz, Gernot Blümel, betonte in seiner Rede die Bedeutung der Wahrung demokratischer Werte und das tägliche Bemühen darum. Im Gegensatz zu der Vision des amerikanischen Politikwissenschaftlers Francis Fukuyama, sei das Model der liberalen Demokratie keine Selbstverständlichkeit und keine Garantie für Frieden und Stabilität, sondern Demokraten müssten dafür einstehen.
Mit einem Streifzug durch die Geschichte und einem Blick auf Ereignisse des 14. Oktobers in der Vergangenheit - von der ersten Türkenbelagerung vor 490 Jahren, über die Niederlage Friedrich des Großen 1758 in der Schlacht bei Hochkirch, bis hin zur Besetzung Wiens durch Napoleon und dem Frieden von Schönbrunn im Jahre 1809 – lenkte Prof. Lammert in seiner Ansprache den Blick darauf, dass erst vor 30 Jahren die Mauer fiel. Damals habe ein spektakulärer Ausbruch stattgefunden, den viele sich wünschten, aber nicht für realitätsnah hielten. Das historische Ereignis des Mauerfalls bewirkte eine voreilige Begeisterung, die nicht nur Ausdruck bei Fukuyama fand, sondern bei vielen die Überzeugung hervorrief, dass die Ordnungsfragen der Menschheit ein für alle Mal geklärt seien. Heute wird deutlich, dass Prinzipien wie das unantastbare Recht der Selbstbestimmung von Staaten oder existierender Grenzen, die in der Charta von Paris im November 1990 ihren Niederschlag fanden, alles andere als gesichert gelten. In einer sich neu sortierenden globalen Welt verschieben sich die Perspektiven. Die Vermutung, dass Europa das Zentrum der Welt sei, könne zu den Akten gelegt werden - angesichts aufstrebender Mächte wie der Volksrepublik China und insbesondere vor dem Hintergrund, gerade einmal 7 Prozent der 7,5 Milliarden Menschen weltweit darzustellen. Die Geschäftsbedingungen in dieser komplexen globalen Welt würden immer schwerer. Ehemals dem Multilateralismus verschriebene Partner setzten nunmehr auf bilaterale Arrangements. Daraus ziehe die Konrad-Adenauer-Stiftung Konsequenzen. Die Stiftung setze neue Akzente, die alle mit der Wahrnehmung einer veränderten Welt zu tun haben. Die operativen Schlussfolgerungen bestehen darin, nach der Eröffnung des Büros in New York am Sitz der Vereinten Nationen, auch Wien in seiner Bedeutung als ein weiterer wichtiger VN-Sitz Rechnung zu tragen. In Zeiten, in denen demokratische Grundwerte nicht mehr als unangefochtener Standard gelten, möchte die Konrad-Adenauer-Stiftung einen Beitrag dazu leisten, der Demokratie wieder mehr Gewicht zu verleihen. Dem kommt sie an den Orten nach, wo sie globale Partner findet. In Österreich erleichtern die bereits bestehenden Kontakte und Verbindungen die Zusammenarbeit und machen sie noch enger, so Lammert.
In den Schlussworten wies der Kuratoriumsvorsitzende, der frühere österreichische Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, auf die Rolle der Konrad-Adenauer-Stiftung in Europa und darüber hinaus hin. Ebenso hob Schüssel ihre Rolle als Bildungsinstitution im In- und Ausland für politikinteressierte junge Menschen sowie für zukünftige Führungskräfte hervor. Bezugnehmend auf die auch von seinem Vorredner Norbert Lammert exemplarisch angeführten langen Linien der Geschichte, fügte Schüssel hinzu, dass sie uns als Warnung, aber auch als Richtungsweisung dienen, um auf unsere Zukunft möglichst positiv und nachhaltig einzuwirken. In Zeiten, in denen Angst geschürt und diese als politisches Instrument eingesetzt werde, müsse umso bestimmter die Kraft der Hoffnung zur Entfaltung kommen. In Europa sollten wir alle gemeinsam an der Kraft der Hoffnung festhalten.