Event reports
Bei einer Veranstaltung der KAS-Europarednertour 2012 in Greifswald zitierte Prof. Manfred Weber auch Konrad Adenauer, um zu zeigen, dass die Europäische Einigung sinnvoll und unumkehrbar ist. Die Gäste waren sich einig: Die gegenwärtige Währungskrise ist beherrschbar.
Wie geht es weiter mit Europa und der europäischen Einigung? Solche Fragen haben vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und der Euro-Krise in den vergangenen Jahren ein sehr viel stärkeres Gewicht bekommen. Bei einer Veranstaltung im Rahmen der „Rednertour Europa“ in Greifswald gingen drei Gäste dieser Frage nach: Professor Manfred Weber, langjähriger Geschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Banken, Professor Alfred Gomolka, Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns a.D. und Europaparlamentarier a.D. sowie Dr. Heinrich Graf von Bassewitz, Mitglied des Rats für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung.
Wenn auch der Titel der Veranstaltung, „Ist Europa seinen Preis wert?“, eine Frage aufwarf, die vor wenigen Jahren vermutlich noch nicht einmal ernsthaft gestellt worden wäre, waren sich die Gäste in der Antwort sehr einig: Ja, diesen Preis gälte es zu zahlen, mehr noch: Die europäische Einigung sei nicht nur sinnvoll für alle sondern geradezu unumkehrbar. Dies war eine der Kernaussagen von Manfred Weber, der in seinem Vortrag zu Beginn der Veranstaltung die wirtschaftlichen Hintergründe der Krise und die Notwendigkeiten ihrer Bekämpfung darlegte.
Weber kehrte die Position der Bundesrepublik innerhalb der Krise beinahe ins Positive um: Die Bundesrepublik sei nicht nur der Staat, der am meisten vom Euro profitiere und die Krise am leichtesten bewältigen könne. Vielmehr sei es ihr auch zu verdanken, dass die Krise bisher halbwegs beherrschbar geblieben sei. So gehe der Stabilitäts- und Wachstumspakt maßgeblich auf deutsche Initiative zurück, wenngleich auch die Bundesrepublik später „Schindluder“ mit dem Pakt getrieben habe.
Für die Bewältigung der Stabilitätsproblematik etwa in Griechenland sei zwar zunächst festzuhalten, dass einige Eurostaaten, insbesondere Griechenland, besser nicht in die Währungsunion gehört hatten: „Die Aufnahme geschah aus politischen, nicht aus wirtschaftlichen Gründen.“ Jetzt gälte es aber, die Folgen unter Kontrolle zu halten. Auch vor dem Hintergrund der griechischen und französischen Wahlergebnisse bleibe dies das Gebot der Stunde. Er sei sich sicher, dass die neuen Regierungen in Frankreich und Griechenland den Geboten der Vernunft folgen würden, obwohl sie anderslautende Wahlversprechen gemacht hätten, sagte Weber, und insbesondere im Hinblick auf François Hollande: „So war es in den 80er Jahren auch bei François Mitterand.“ Weber plädierte dafür, den Schuldenabbau weiter zu forcieren. Die hohe Staatsverschuldung sei eine zentrale Ursache der Krise.
Für die weitere Krisenbewältigung müsse die Kommunikation in den Verhandlungen und den Medien verbessert werden. Um den richtigen Weg gestritten werden müsse „hart in der Sache, aber freundlich im Ton.“ Das sei bisher nicht immer der Fall gewesen. Um zu zeigen, dass die Krise nur gemeinsam zu bewältigen sei, müsse er nicht auf Angela Merkels dramatische Worte „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“ zurückgreifen, sagte Weber zum Schluss seines Vortrags, sondern er verwende lieber eine Weisheit Konrad Adenauers, die dieser schon in den 50er Jahren ausgesprochen habe: „Die Einheit Europas war ein Traum weniger. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.“
Auch die anschließende Diskussion mit Alfred Gomolka und Heinrich Graf von Bassewitz war geprägt von dieser unangefochtenen Anerkennung der Notwendigkeit zur europäischen Zusammenarbeit und zur gemeinsamen Bewältigung der Krise. Graf von Bassewitz betonte, die besonnene Reaktion auf die Krise und das entschlossene Entgegenwirken mit großen Finanzspritzen sei der Erfahrung geschuldet, dass vergangene Wirtschaftskrisen stets gravierende und teils schreckliche Folgen gehabt hätten. Alfred Gomolka zeigte anhand der eigenen Erfahrung als EU-Parlamentsmitglied, wie erfolgreich, aber auch überstürzt die Entwicklung Europas in den vergangenen 20 Jahren vonstattengegangen sei. Da sei es nur naheliegend, dass dem jetzt eine mitunter schwierige Konsolidierungsphase folge. Er ergänzte seine Ausführungen mit einem Plädoyer, parallel zur notwendigen europäischen Einigung einen stärkeren Fokus auf die regionale Subsitzenz zu legen: „Nur gestärkte Regionen ermöglichen ein einheitliches Europa.“
Die Veranstaltung half den Besuchern, in der überaus komplexen Situation der europäischen Wirtschafts- und Finanzkrise den Überblick zu bewahren und Zusammenhänge zu verstehen. Zu Beginn der Diskussion hatte Moderator Prof. Gerd Schneider die Stimmungslage mit „Man blickt nicht mehr durch“ zusammengefasst, doch im Anschluss dürften viele mit einem besseren Verständnis für die Entwicklung der vergangenen Jahre nach Hause gegangen sein.
Gabriel Kords