Event reports
Das von Ludwig Erhard und Konrad Adenauer mit
politischem Weitblick durchgesetzte gesellschafts- und
wirtschaftspolitische Konzept der Sozialen Marktwirtschaft
war in Zeiten der internationalen Finanz- und
Wirtschaftskrise einer großen Bewährungsprobe ausgesetzt.
Einer Bewährungsprobe, welche sie durch ihre
Anpassungsfähigkeit an die aus der Krise resultierenden
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme bestanden
hat.
Auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung waren am Abend
des 9. Septembers der Hauptgeschäftsführer der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Peter
Clever, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes
Bezirk Nord Uwe Polkaehn sowie Rüdiger Möller, Staatssekretär
des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus
Mecklenburg-Vorpommern, im Schweriner Schloss zu Gast.
Durch die Veranstaltung, welche die bundesweite Rednertour der
Konrad-Adenauer-Stiftung zum Thema: „Soziale Marktwirtschaft:
Zukunft einer Gesellschaftsordnung“ fortsetzte, führte
Prof. Dr. Jürgen Kohler von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität
Greifswald.
Quo vadis Soziale Marktwirtschaft?
Zu Beginn wurden hinsichtlich der Leitfrage des Abends, ob als
Konsequenz der vergangenen Krise eine fundamentale
Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft notwendig sei,
Meinungsverschiedenheiten deutlich. Während Peter Clever im
Rahmen eines Impulsreferates betonte, dass der Fortbestand der
Sozialen Marktwirtschaft als Folge der Krise mittelfristig auch über
„unliebsame“ arbeitsmarktspezifische Maßnahmen wie Leih- und
Kurzarbeit gesichert werden müsse, vertrat Uwe Polkaehn die
Meinung, dass derartige „Stabilisierungsinstrumente“ prinzipiell
unvereinbar mit einer am Gemeinwohl orientierten Marktwirtschaft
seien. Seinen Ausführungen gemäß wäre es „fatal den unter dem
Deckmantel der Krise verstärkt aufgekommene Trend der
Unterwerfung der Sozialen Marktwirtschaft unter rein
wirtschaftliche Interessen kontinuierlich fort zu setzen.“ Vielmehr
bedürfe es, so Polkaehn weiter, einer „Renaissance der soziale
Komponente der Marktwirtschaft“, welche ihren Ausgangspunkt
etwa in flächendeckenden Mindestlöhnen im Zeitarbeitssektor
finden könnte. Diesbezüglich erklärte sich Peter Clever zu
weiterführenden Gesprächen bereit.
Niedriglohnland M-V?
Von Seiten Polkaehns wurde auch der Status Quo auf dem
Arbeitsmarkt Mecklenburg-Vorpommerns kritisiert. Insbesondere
die vermeintlich weite Verbreitung von Zeitarbeit in Verbindung mit
„Billiglöhnen“ hierzulande mahnte der Gewerkschaftsbundvorsitzende
als „bedenklich“ an. Um Klarstellung bemüht,
entgegnete Peter Möller, dass es keineswegs eine
„Niedriglohnstrategie“ im Land gäbe, da sich z.B. die Löhne im
Tourismusbereich auf 95% des Niveaus der alten Bundesländer
befänden. Peter Clever pflichtete dem Staatssekretär bei und
fügte unter Bezugnahme darauf, dass nur 1,6% der Arbeitnehmer
im Land in Zeitarbeit tätig seien hinzu, die von Polkaehn
suggerierte „Mecklenburgische Tagelöhnergesellschaft“ nicht
wahrnehmen zu können.
Bildung als „Königsweg“ zu einer dauerhaften wirtschaftlichen und sozialen Stabilitätskultur
Trotz der unübersehbaren Meinungsverschiedenheiten zeichnete
sich im Verlauf der Podiumsdiskussion auch ein zentraler Konsens
ab: Eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Stabilität
Deutschlands erfordern umfassende Reformen in der Bildung.
Insbesondere der „grassierende“, die Soziale Marktwirtschaft
schon heute belastende Mangel an Fachkräften und
Ausbildungsreife, veranlasste Herrn Clever, diese Forderung,
in die Diskussion einzubringen. Nicht nur mit ihr sondern auch mit
einem Plädoyer für die gesellschaftliche Aufwertung
pädagogischer Berufe stieß der Hauptgeschäftsführer der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände auf breite
Zustimmung in der Runde und bei dem Publikum.
Dieses beteiligte sich nach einem Schlusswort von Prof. Kohler, in
welchem er zu dem Fazit gelangte, dass die Soziale
Marktwirtschaft auch zukünftig ein Garant für wirtschaftliche und
soziale Stabilität sein wird, sofern sie ihre „tragende Säule der
Bildung stetig saniert“, intensiv an einer offenen Diskussion. Der
Abend endete in gelöster Atmosphäre mit einem kleinen Empfang.
Timo Czerwinski