Event reports
Vortrag an der Universität Stettin
Höhepunkt des Besuchs war der Vortrag Pötterings an der Stettiner Universität. Vor 200 Stundenten sprach er über „Die christliche Demokratie im heutigen Europa und die Rolle von Deutschland und Polen“, wobei er auch von einer persönlichen Begebenheit berichtete: dem Besuch auf dem deutschen Soldatenfriedhof Glinna südöstlich von Stettin.
Der Vater Pötterings, den er – im September 1945 geboren – selbst nie erlebt hat – wurde seit Frühjahr 1945 in der Gegend von Stettin vermisst und könnte vielleicht dort seine letzte Ruhestätte gefunden haben. Auf der Grundlage dieses persönlich bewegenden Hintergrunds betonte Pöttering mehrmals eindringlich die Friedensdimension und politische Perspektive der Europäischen Vereinigung. Dass Deutsche und Polen heute zu ihrer beider Glück in der Europäischen Union vereint seien, sei eine „großartige Sache“ und die „Erfüllung eines Wunsches“, für den es vor gut 30 Jahren zu Zeiten des Kalten Krieges kaum Hoffnung auf Erfüllung gegeben habe. Dementsprechend seien die Chancen dieser Friedensunion heute und in Zukunft durch Deutsche und Polen entschlossen zu nutzen.
Deutsch-polnische Beziehungen
Pöttering betonte in seinem Vortrag das christliche Friedensmotiv und Freiheitsstreben. Beides setzte er in Bezug zu den deutsch-polnischen Beziehungen in der EU. Pöttering sagte: „Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, als am 17. Juni 1991 der Deutsch-Polnische Nachbarschafts- und Freundschaftsvertrag geschlossen wurde, dass Polen in so wenigen Jahren einen derart erfolgreichen Weg zurücklegt, der das Land in die NATO, dann in die EU geführt und zu einem angesehenen und respektierten politischen Partner gemacht hat?“ Auch wenn Deutschland und Polen heute einander enger verbunden seien als je zuvor, gelte doch, dass sich die partnerschaftliche Zusammenarbeit tagtäglich aufs Neue im Konkreten bewähren müsse. Gute Bespiele hierfür, so Pöttering unter Hinweis auf das Weimarer Dreieck, seien die europäische Nachbarschaftspolitik, die wirtschaftlichen Beziehungen, die Umwelt und Energiepolitik sowie die Kooperation im grenznahen Bereich.
Die studentischen und akademischen Zuhörer fragten in der anschließenden Diskussion rege nach: Wie steht es mit der Demokratie in der EU oder mit der europäischen Energiepolitik und der Aufnahme der Türkei? Welche Erwartungen hat Deutschland an die kommende EU-Ratspräsidentschaft? Pöttering antwortete, dass beide Länder eine starke und handlungsfähige Europäische Union wollten, die ein Europa der Bürger sei und als Gestaltungsmacht und Ordnungsfaktor auftrete. Polen werde dazu während seiner Präsidentschaft einen wichtigen Beitrag leisten. Pöttering erwartet, dass sich die polnische Präsidentschaft insbesondere gegen jeden Rückschritt etwa im Schengen-Bereich richten und die Nachbarschaftspolitik und Östliche Partnerschaft der EU vorantreiben werde.
Pressegespräch und Besuch des Staatlichen Archivs
In einem anschließenden Gespräch mit Vertretern der regionalen Medien von Fernsehen, Radio und Presse wurde noch einmal nach den zentralen Aspekten des Vortrags und Besuches in Stettin gefragt, wobei der Marschall besonders die Chancen und Erfolge der Kooperation mit dem deutschen Nachbarn hervor hob.
Nach dem Eintrag in das Gästebuch der Universität Stettin und einer gemeinsamen Fahrt durch Stettin mit Marschall Geblewicz besuchte Pöttering abschließend das Staatliche Archiv in Stettin, in dem ihm historische Dokumente der Stadt und Region vorgestellt wurden.