Event reports
Sehr geehrte Frau Minister,
lieber Herr Präses der Katholischen Informationsagentur,
sehr geehrte Herren Professoren,
sehr geehrte Damen und Herren!
Das heutige Thema „Recht, Werte und Demokratie“ ist schwer, und die polnische Sprache ist ebenfalls schwer, jedenfalls für mich, deshalb werde ich weiter auf Deutsch sprechen.
Ziel der Heftreihe „Christentum, Welt, Politik“ ist es, gesellschaftliche und politische Fragen aus christlicher Perspektive zu beschreiben und zu diskutieren. Als christlich-demokratische Stiftung hat die Konrad-Adenauer-Stiftung diese Heftreihe angeregt und fördert sie dieses Projekt. Ich danke Herrn Prof. Großfeld sehr, dass er als Redaktionsleiter immer wieder wichtige Themen und prominente Autoren auswählt. Herrn Prof. Safjan und Herrn Prof. Longchamps de Berier danke ich für ihre wirklich interessanten und anregenden Beiträge, die im neuesten Heft der Reihe „Christentum, Welt, Politik“ erschienen sind und die wir im Sinne eines geistigen Austausches zwischen Polen und Deutschland auch gerne ins Deutsch übersetzen werden.
Vier kurze Gedanken möchte ich zum Thema der heutigen Diskussion über „Recht, Werte und Demokratie“ beitragen:
1.Worauf die Rechtsprechung beruht ist relativ klar: Sie beruht auf Recht und Gesetz. Nur ist das positive, gegebene Gesetz längst nicht immer auch gerecht und menschenwürdig. Das haben wir schmerzlich in den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts erfahren, im Nationalsozialismus und Kommunismus. Auch stößt der Rechtsstaat an bestimmte Grenzen. Bärbel Boley, eine der führenden Bürgerrechtlerinnen in der DDR, bemerkte diesbezüglich einmal: „Wir wollten Gerechtigkeit, und wir bekamen den Rechtsstaat“.
2.Welche Werte wir in einer pluralistischen Gesellschaft zugrunde legen, ist unter Umständen ziemlich umstritten. Die pauschale Berufung auf die Menschenwürde und die Menschenrechte stößt an Grenzen wenn es etwa um Fragen geht wie das Lebensrecht am Anfang und am Ende des Lebens, die genetische Manipulation und Kreation des Menschen im Reagenzglas, um soziale Gerechtigkeit zwischen Arm und Reich.
3.Zu fragen ist, ob uns hier die Demokratie weiterhilft, in der immer wieder neu durch Mehrheit ein relativer Konsens geschaffen wird? Inwieweit können Demokratie, Recht und Moral als autonom verstanden werden oder andersherum: inwieweit müssen Demokratie, Recht und Moral in einer Relation stehen zu vorgegebenen ethischen Maßstäben? Vor diese Fragen stellen uns der Text von Prof. Marek Safjan und der Kommentar Pfarrer Prof. Fanciszek Longchamps de Berier. Über diese Fragen werden die beiden Herren gleich mit uns streiten.
4.Ich möchte hier nicht auf die philosophisch-metaphysische Diskussion des Naturrechts eingehen, aber darauf hinweisen, dass die Kirche im Sinne einer grundlegenden, vernünftig erschließbaren Ethik von einer immer nur relativen Autonomie von Demokratie, Recht und Moral ausgeht. Demokratie, Recht und Moral müssen immer in Relation, in Beziehung stehen zur Menschenwürde, zu den Grundrechten der Person oder – wie es die Kirche ausdrückt – zum „Heil der Seelen“. Deshalb nimmt die Kirche auch „immer und überall“ das Recht in Anspruch, auch politische und rechtliche Angelegenheiten „einer sittlichen Beurteilung“ zu unterstellen, wie es in der Pastoralkonstitution Gaudium et spes des Zweiten Vatikanischen Konzils heißt (Nr. 76). Einfluss hat die Kirche in der Demokratie aber nur insoweit, als sie durch ihre Argumente zu überzeugen weiß und insoweit sie Christen zum Engagement in Politik, Rechtsstaat und Gesellschaft motiviert. Ohne dieses christliche Engagement überlassen die Christen das Feld anderen, die es auf ihre Weise bestellen. Deshalb engagieren wir uns als christlich-demokratische Stiftung in diesen Fragen.
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse an dieser Veranstaltung und freue mich auf die Diskussion.