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Selbstbewusstes Glaubenszeugnis und höflicher Respekt
Von der Notwendigkeit des interreligiösen Dialoges
In Deutschland haben in den letzten Monaten zwei Streitfälle für Aufsehen gesorgt, die mit dem interreligiösen Dialog zu tun haben. Zunächst die klare Absage an jede Form der Judenmission, die der Gesprächskreis „Juden und Christen“ beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken aus der Einsicht in die bleibende Erwählung Israels durch Gott formulierte. Sodann die Ablehnung des Hessischen Kulturpreises durch Professor Karl Kardinal Lehmann, den Bischof von Mainz, und den Präsidenten (Bischof) der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Prof. Peter Steinacker, weil der Mitpreisträger Navid Kermanis, ein Muslim, seine Ablehnung der christlichen Kreuzestheologie mit dem harten Urteil der „Gotteslästerung und Idolatrie“ begründete.
Die anschließenden Diskussionen zeigen, wie schwierig, aber auch wie notwendig der interreligiöse Dialog für ein besseres Verständnis und Miteinander der Religionen ist. Denn nur durch dieses Grenzgängertum des Dialoges bietet sich uns die Gelegenheit, an einer übergeordneten Perspektive zu gewinnen, indem wir die verschiedenen Glaubensüberzeugungen, die wir so besser kennen lernen, sich gegenseitig begrenzen lassen. In Fragen der Religion oder Konfession kann es nicht um Synkretismus oder Kompromissformeln gehen, die die Unterschiede und damit das Glaubenszeugnis verwischen. Hier geht es um das Bewusstsein der eigenen Glaubenswahrheit, aber gleichermaßen um den Respekt vor der Glaubenswahrheit des anderen, der gerade in den Begriffen und Urteilen über den fremden Glauben zum Ausdruck kommt.
Insofern ist es gut, wenn sich höflicher Respekt vor dem Glauben der anderen mit dem eigenen selbstbewussten Glaubenszeugnis verbindet. Beides bedingt einander und ist kein Gegensatz. Wer dagegen den Glauben der anderen nur als „Gotteslästerung“ und „Götzendienst“ zu verstehen vermag, der hat wohl noch nicht viel von dem Glauben der anderen verstanden oder dem fehlt es schlicht an dem nötigen Respekt. Denn für diejenigen, die glauben, dass sie durch Kreuz und Tod Christi in Gottes Herrlichkeit eingehen, trifft der Vorwurf der Gotteslästerung den eigenen Glauben in seinen Grundlagen und ganzem Sinn. Er stellt die Christen geradezu in Gegnerschaft zu Gott.
Umso wichtiger ist der beharrliche Dialog, der solche Zusammenhänge für die Vertreter anderer Religionen, aber auch für die Christen selbst, die ihre Religion nicht recht kennen, bewusst macht. Damit dieses Gespräch geführt werden kann, bedarf es einen aufgeklärten Raum der Freiheit, der durch funktionierende Institutionen der Freiheit geschaffen wird. Das gewährleistet die rechtstaatlich, pluralistische Demokratie. Dafür setzt sich die Konrad-Adenauer-Stiftung als christlich demokratische Einrichtung weltweit ein. Sie verbindet das Bekenntnis zu Rechtsstaat und Demokratie mit der Orientierung an den Grundsätzen christlicher Wahrheit.
Deshalb haben wir auch gerne das Projekt eines „Treffens zwischen den Religionen“ gefördert, dass das Edith Stein Haus in Breslau 2008 erfolgreich durchgeführt hat. Edith Stein war als Jüdin, die zum Christentum konvertierte und Anfang August 1942 von den deutschen Barbaren in Auschwitz ermordet wurde, eine wahrhafte Grenzgängerin und Bekennerin. Der polnische Papst Johannes Paul II. hat sie 1999 zur Schutzheiligen Europas erklärt, wo man ihr am 9. August in besonderer Weise gedenkt.
Stephan Raabe
Direktor des Auslandsbüros Polen der Konrad-Adenauer-Stiftung
Warschau, 22. Juni 2009