Country reports
In den letzten Wochen fanden zwischen der Troika (Botschafter Aleksandar Bocan Harchenko für Russland, Frank Wisner für die USA und Wolfgang Ischinger für die EU) und den beiden Seiten, Belgrad und Pristina, einige Gespräche statt, die als Vorgespräche bezeichnet wurden. Sie sollten noch mal eine Gelegenheit bieten, die jeweils eigene Position darzulegen, vor allem aber auch, neue Vorschläge und Aspekte einzubringen. Bewusst hat sich die Troika als ein Team verstanden, dass nicht mit eigenen Vorschlägen kommt, sondern als Vermittler agieren möchte. Bislang gab es aber keine neuen Aspekte, über die gemeinsam beraten werden könnten. Vielmehr haben beide Seiten ihre Position bekräftigt. Ihre „Angebote“ dienen der Bestätigung ihrer Haltung und sind somit für die jeweils andere Seite nicht annehmbar.
Das Verhandlungsteam aus Pristina legte vor einigen Tagen einen Vertrag über gute nachbarschaftliche Beziehungen vor, welchen man bereit wäre zu unterzeichnen, sobald Kosovo die Unabhängigkeit erreicht hätte. Es wurde klargestellt, man könne über viele technische Fragen verhandeln, aber nicht über die Statusfrage – die sei entschieden, für das Kosovo komme nur die Unabhängigkeit in Frage.
Auch die Verhandlungsführer aus Belgrad blieben ihrem Vorschlag einer weitestgehenden Autonomie treu, auch wenn dieses Konzept Raum für neue Nuancen lässt. Nach den letzten Vorschlägen könnten die Albaner im Kosovo ihre Angelegenheiten autonom regeln. Den Grad ihrer Integration in den serbischen Institutionen könnten sie selbst bestimmen, eine Partizipation an Regierung und Parlament stünde ihnen offen, wenn sie dies verlangten. Serbien würde nur die staatlichen Hoheitsrechte im Bereich der Grenzsicherung, der Währungs- und der Außenpolitik wahrnehmen. Die Frage der Grenzkontrolle sollte dabei pragmatisch gelöst werden. Der zuständige Minister, Slobodan Samardzic, machte dabei deutlich, dass Serbien und Kosovo auf die Hilfe der EU zur Implementierung einer Kompromisslösung angewiesen sind. Es sei Europäische Tradition, schwierige Fragen durch einen Kompromiss zu lösen. Einer Seite einseitig eine Lösung aufzuzwingen würde den Konflikt nur verlängern.
Von allen politischen Parteien in Serbien wird vor einer Lösung gewarnt, die außerhalb des VN-Sicherheitsrats gefunden wird. Nur der VN-Sicherheitsrat sei befugt, durch eine Resolution die Statusfrage zu regeln. Eine unilaterale Anerkennung Kosovos würde einen Präzedenzfall mit unabsehbaren Folgen darstellen. Eine Uneinigkeit innerhalb der EU in dieser Frage würde zudem die EU selbst stark beschädigen.
Serbische Politiker machen darüber hinaus deutlich, dass der EU-Integrationsprozess und die Entscheidung über den Kosovostatus zwei verschiedene Themen sind, die nicht miteinander verknüpft werden dürften.
Die Amerikanische Außenministerin, Condoleezza Rice, hat im unmittelbaren Vorfeld der Gespräche noch einmal deutlich gemacht, dass Amerika eine überwachte Unabhängigkeit für den Kosovo befürwortet, weil dadurch der Balkan stabilisiert werden könne. Die klare Befürwortung eines unabhängigen Kosovos durch Amerika und die Botschaft, dies notfalls auch ohne VN-Beschluss zu realisieren, führt in Serbien dagegen zu der Frage, warum die Albaner im Kosovo sich zu Verhandlungen bereit erklären sollten. Dementsprechend reagierte Präsident Tadic indem er darauf verwies, dass solche Statements die Kosovoalbaner dazu veranlassten, sich zurückzulehnen und auf den 10. Dezember zu warten.
Vor diesem Hintergrund erwartet kaum jemand konkrete Ergebnisse von den direkten Gesprächen am 28. September. Ob sie zumindest eine Grundlage für weitere Gespräche bis zum 10. Dezember, an dem der Bericht der Troika an den VN-Generalsekretär abgegeben werden soll, schaffen, ist ebenfalls fraglich. Im Kosovo bereiten sich die Parteien auf die Wahlen am 17. November vor. In diesem zeitlichen Umfeld wird von den Politikern in Pristina wohl kaum über Alternativen zur jetzigen Position der Kosovoalbaner nachgedacht werden.