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Darüber hinaus zeigen sich Regierungsvertreter wie auch Präsident Boris Tadic über die Vehemenz überrascht, mit der Merkel beispielsweise die Abschaffung von „parallelen Strukturen“ im Norden des Kosovo forderte. Dieses Ersuchen wird von serbischer Seite abgelehnt, gerade auch mit dem Verweis darauf, dass die serbischen Bildungs-, Gesundheits-, Kultur-, Sozial- und Informationseinrichtungen im Norden des Kosovo legitime, demokratisch-gebildete Institutionen seien. Zudem habe die serbische Bevölkerung kein Vertrauen in die albanisch-dominierte kosovarische Verwaltung.
Auch auf Seiten der Opposition sind kritische Stimmen zu vernehmen:
Vojislav Koštunica, Parteivorsitzender der mitte-rechts orientierten Demokratischen Partei Serbiens (DSS), fordert, dass die serbische Politik den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber ehrlich sein und eingestehen sollte, dass eine EU-Mitgliedschaft Serbiens ohne Anerkennung des Kosovo unmöglich sei. Koštunica zieht daraus den Schluss, nun nüchtern und ruhig zu erklären, dass Serbien die EU-Mitgliedschaft nicht mit eigenem Territorium bezahlen werde. Höchste Priorität Serbiens sollte es jetzt stattdessen sein, sich auf die Entwicklung des eigenen Landes zu konzentrieren und mit anderen Staaten auf gleicher Augenhöhe zu kooperieren. Das sei wichtiger als ein EU-Beitritt.
Politische Beobachter aus Serbien schätzen die Aussagen Merkels ebenfalls so ein, dass die Anerkennung des Kosovo notwendige Voraussetzung für einen EU-Beitritt Serbiens sei.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Besuch von Angela Merkel zu einer Intensivierung der politischen Debatte geführt hat, in wie fern sich EU-Annäherung und Kosovo-Problematik miteinander vertragen. Dabei ist zu erkennen, dass die demokratischen Kräfte in Regierung und Opposition sich einer Anerkennung des Kosovo weiterhin verschließen, dabei jedoch der Kurs eines friedlichen, regionalen Dialogs nicht aufgegeben wird.