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Discussion

„In Serbien kann es keine Diktatur geben“

Des Teufels Advokat

In der Ära der elektronischen Medien und „Kriege“, die auf unterschiedlichen Internet-Portalen geführt werden, ist die serbische Gesellschaft geschlossen geblieben, wenn es um Debatten über die aktuellsten Gesellschaftsfragen geht.

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Auch wenn sie von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen oder Organisationen initiert werden, bleiben sie meistens unbemerkt und haben keine Auswirkung auf die breite Öffentlichkeit. Dadurch wird der Gesellschaft der Meinungspluralismus entzogen und es wird eine Atmosphäre geschaffen, in welcher es sehr einfach ist, die dominante Denkweise aufzuzwingen.

Eine der angesehensten wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazine – NIN – und die Kon-rad Adenauer Stiftung (KAS) haben beschlossen, mit einer Reihe von Debatten über Stereotypen „Des Teufels Advokat“ intrigante Tribünen zu gestalten. Durch die Beteiligung der Vertre-ter auch aus anderen Medien sowie einem provokativen Konzept, soll das Thema interessant gestaltet werden als auch die breite Öffentlichkeit angesprochen werden. Das Thema wird radikal definiert und es werden je zwei Gesprächspartner eingeladen um die These zu verteidigen oder sie zu widerlegen. Die Treffen finden auf der Fakultät für Medien und Kommunikation der Universität Singidunum in Belgrad statt, danach wird eine halbstündige Sendung aufgenom-men, die später auf der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt (RTS) gesendet wird.

Das Thema der vierten Veranstaltung am 3. April 2014 war „In Serbien kann es keine Dik-tatur geben“. Ist in Serbien die Herrschaft eines Mannes oder einer kleinen Gruppe von Men-schen möglich? Sind wir Zeugen einer Demokratie in Theorie und Diktatur in der Praxis? In wieweit machen die institutionellen Rahmenbedingungen sowie die Verfassung und die Gesetze die Einführung einer Diktatur unmöglich? Wie sehr ist die Situation nach den Wahlen in Serbien verändert und was haben die Bürger bekommen und was verloren? Wo befinden wir uns jetzt auf der Linie zwischen Demokratie und Diktatur? Der Meinungsaustausch fand statt zwischen Prof. Dr. Predrag Marković, Historiker und Prof. Dr. Vladimir Vuletić aus der Philosophischen Fakultät, die die These vertraten, dass es in Serbien keine Diktatur geben kann. Die Journalistin Gordana Suša und der Rechtsanwalt Nikola Barović versuchten dagegen, die Ausgangsthese zu widerlegen.

Professor Vuletić definierte die Diktatur als Zustand einer Macht im Staat, die sich als absolute Kontrolle über den Staatsapparat, das Ministerium für Innere Angelegenheiten, das Verteidigungsministerium sowie das Gerichtswesen zeigt. Seinen Worten zufolge besteht diese Art der Diktatur gegenwärtig fast nirgendwo in der Welt, weil Gesellschaften politisiert sind und ein Teil der Gesellschaft immer Widerstand leistet. Heute kann man viel mehr über autoritäre Regimes sprechen, meint Professor Vuletić.

Gordana Suša betonte, es sei egal, ob wir über eine Diktatur, ein autoritäres Regime oder über Samtene Revolutionen sprechen, solange unsere Rechte ständig eingeschränkt werden und wir in einer Zeit des Diktats leben. Es ist egal, ob es sich um das Diktat der Schönheit, der Silikone, des Twitter- oder Youtube-Verbots handelt. Professor Marković setzt sich für die These ein, dass für eine ernsthafte Diktatur ein ernsthafter Staat notwendig ist. Dies sei in der ehemaligen DDR der Fall gewesen. Menschen, die in Armut leben, mögen autoritäre Führer und Diktatoren, doch es ist charakteristisch für unseren Geist, jeden Führer zu verhaften, zu töten oder zu vertreibe. So könne aufgrund der Mentalität des serbischen Volkes eine Diktatur in Serbien schwer Fuß fassen.

Rechtsanwalt Nikola Barović betonte, der Terror sei der gemeinsame Nenner für autoritäre und diktatorische Regimes. Sobald die Menschen Angst verspüren, ist völlig egal welches Regime die Angst verursacht hat.

Nach den parlamentarischen Wahlen hat eine politische Partei in Serbien mehr als die Hälfte der Mandate im Parlament bekommen und sie hat die Gelegenheit, die Macht alleine auszu-üben. Gleichzeitig ist die Opposition zersplittert und sie schafft es nicht, sich der regierenden Mehrheit zu widersetzen. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, wie groß diese Herausforderung für die schwache demokratische Gesellschaft in Serbien ist und ob absolute Macht hierzulande automatisch Diktatur bedeutet?

Gerade weil die Meinungen der Gesprächspartner und der Diskussionsteilnehmer geteilt waren, ist es schwierig, eine Antwort auf diese Fragen zu geben. Die Länder in unserer Umgebung, wie bspw. Ungarn oder Mazedonien, haben in veränderten politischen und ökonomischen Umständen in Europa nicht in allen wichtigen Bereichen europäische Standards eingehalten, aber wir können sie nicht deshalb zu den undemokratischen oder absolutistischen Regimes zählen. Es ist die Aufgabe der serbischen Gesellschaft und der Bürger, sich verantwortlich mit den Her-ausforderungen der empfindlichen Demokratie auseinanderzusetzen und es ist die Aufgabe der größten Partei in Serbien, den Herausforderungen der absoluten Macht standzuhalten. Denn wenn sie das nicht schafft, werden die Bürger sie bei den nächsten Wahlen dafür strafen und die jetzt regierende Partei wird im nächsten Mandat in der Opposition sein.

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Belgrad

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