Jacob Zuma ist in Haft. Für den Aufarbeitungsprozess milliardenschwerer Korruptionsskandale bedeutet dies ein Meilenstein und stellt eine überraschende Wende jüngster Ereignisse dar. Zu lange konnte sich Jacob Zuma als einer der Hauptverdächtigen den unbequemen Fragen der eingesetzten Untersuchungskommission unter Führung von Richter Raymond Zondo entziehen. Zuma führte die südafrikanische Gerichtsbarkeit so lange vor, bis dieser letztlich der Geduldsfaden riss. Mit der 15- monatigen Erzwingungshaft möchte das Verfassungsgericht nun erreichen, dass Zuma im Rahmen der Aufarbeitungsarbeit kooperiert und zudem ein Zeichen setzen, dass niemand in Südafrika über dem Gesetz steht. Für den Kampf gegen die weitverbreitete Korruption im Land und die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats ist das Urteil ein wichtiger Etappensieg. Gleichwohl ist in der Substanz wenig erreicht, denn bislang ist noch nie ein ANC-Politiker wegen Korruption verurteilt worden.
Von den Anfängen der Korruptionsaufarbeitung
Der Beginn der endemischen Korruption in der ANC-geführten Regierung liegt bereits viele Jahre zurück und erreichte in der Amtszeit von Jacob Zuma (2009-2018) vorerst ihren Höhepunkt. Dieser hat nicht nur Korruption im Staatsapparat zugelassen, er steht sogar im Zentrum eines Netzwerks von ANC-Politikern und kriminellen Geschäftsleuten, die den Staat systematisch zum Zweck der Selbstbereicherung unterwandert hatten. Die ehemalige Public Protector Thuli Madonsela war die erste, die im Oktober 2016 in ihrem Bericht dieses Phänomen der sogenannten „State Capture“, also die Vereinnahmung und Aushöhlung staatlicher Institutionen, öffentlich anprangerte. Obwohl viele Fälle von Korruption und Veruntreuung den Strafverfolgungsbehörden und der breiten Öffentlichkeit wohl bekannt waren, passierte in der Folge nichts und bis heute wurde niemand zur Rechenschaft gezogen.
Erst als Cyril Ramaphosa im Dezember 2017 zum Vorsitzenden des ANC gewählt wurde, kam Bewegung in die Sache. Ramaphosa, der ankündigte Korruption bekämpfen zu wollen, gewann den Parteivorsitz mit nur knapper Mehrheit vor seiner Herausforderin aus dem Zuma-Lager. Entgegen den Gepflogenheiten des ANC wollte Zuma in der Folge des Parteitags sein Amt als Staatspräsident nicht vorzeitig an Ramaphosa abgegeben, sondern bis zur Wahl im Mai 2019 weiterregieren. Um den Druck aus seiner Partei entgegenzuwirken, berief er auf Empfehlung des „State Capture“-Berichts von Madonsela eine Kommission, die die Korruptionsereignisse aufarbeiten solle. Die Kommission solle dem Verfassungsgericht unterstehen. Zuma, der damals wie heute seine Unschuld beteuert, war sich seinerzeit noch sicher, er könne die Untersuchungsprozesse zu seinen Gunsten beeinflussen.
Gründung der Zondo-Kommission
Bereits im Februar 2018 musste Zuma allerdings dem innerparteilichen Druck nachgeben und übergab das Amt des Präsidenten vorzeitig an den neuen Parteivorsitzenden Cyril Ramaphosa. Dieser unterstützte die Idee einer Aufarbeitungskommission, so dass im August 2018 die Untersuchungskommission über „State Capture“ – auch nach ihrem Vorsitzenden gemeinhin „Zondo-Kommission“ genannt – ihre Arbeit aufnahm. Bis Dezember 2020 hörte die Kommission über 270 Zeugen und trug fast 160.000 Seiten Beweismaterial zusammen. Ein weitverzweigtes Netz von Korruption im Staatsapparat offenbarte sich. Minister wurden bestochen und eine Vielzahl von großen wie kleinen Staatsunternehmungen wurden schamlos geplündert. Aufgrund der Struktur der südafrikanischen Volkswirtschaft, die sich durch große Staatsmonopolisten oder -oligopolisten in wichtigen Kernbereichen charakterisiert, hat die „State Capture“ einen großen Anteil am wirtschaftlichen Niedergang des Landes. Dies wird besonders in den Bereichen Logistik und Transport, Elektrizität oder auch Nahverkehr deutlich. Die Zeugenaussagen vor der Zondo-Kommission verdeutlichen, wie selbstverständlich eine Vielzahl von ANC-Politikern ihre Macht einzig zur persönlichen Bereicherung nutz(t)en und hierbei eine ungeheuerliche Dreistigkeit an den Tag legen. Über 40 Zeugen belasteten in ihren Aussagen immer wieder den damaligen Präsidenten Zuma schwer. Dazu zählen der ehemalige Finanzminister Nhlanhla Nene, der ehemalige stellvertretende Finanzminister Mcebisi Jonas wie auch der ehemalige Regierungssprecher Themba Maseko. Zusammen mit der indischstämmigen Unternehmerfamilie Gupta stand Zuma im Zentrum von „State Capture“.
Zuma vs. Zondo-Kommission: Genese einer Gerichtsposse
Die Zondo-Kommission kann zwar keine Urteile fällen, allerdings erhielt sie durch das Verfassungsgericht die Befugnisse, Zeugen vorzuladen und zu einer Aussage unter Eid zu zwingen. Von diesem Recht machte die Kommission Gebrauch als sie Zuma erstmalig als Zeugen vorlud. Erst im Juli 2019 stimmte er einer Befragung durch die Zondo-Kommission zu. Statt Fragen zu beantworten und zu einer Aufklärung beizutragen, nutzte er jedoch die Gelegenheit, sich als Opfer darzustellen und witterte eine Verschwörung bestehend aus Netzwerken von ehemaligen Apartheidsfunktionären und ausländischen Geheimdiensten, die die Regierung unterwandert hätten. Ziel der Zondo-Kommission sei es, so sinnierte er, ihn ins politische Abseits zu drängen und letztlich vermutlich auch zu töten. Mit seinen kruden Behauptungen wollte Zuma erreichen, den Aufarbeitungsprozess zu politisieren und alte Reflexe in der schwarzen Bevölkerungsmehrheit zu seinem Vorteil zu instrumentalisieren. Zuma gilt nach wie vor als Held des ANC-Befreiungskampfes gegen die Apartheid. Bereits vor Nelson Mandela war er in dem berüchtigten Gefängnis auf Robben Island inhaftiert. Neben seiner politischen Macht hat er auch seine Meriten als Freiheitskämpfer bereits in der Vergangenheit geschickt ausgespielt, so dass hunderte (!) von Anklagen gegen ihn im juristischen Nirgendwo verliefen.
Der erste Auftritt Zumas vor der Untersuchungskommission endete damit, dass er sich einseitig zurückzog und der Kommission unterstellte, sie werde ihres ursprünglichen Auftrags nicht gerecht. Stattdessen verfolge sie das Ziel eines politisch motivierten Prozesses gegen Zuma, wogegen man Klage erheben werde.
Im Oktober 2019 wurde Zuma zum zweiten Mal vorgeladen, um zu weiteren Zeugenaussagen Stellung zu nehmen, die gegen ihn erhoben wurden. Die Anwälte des ehemaligen Präsidenten erklärten zunächst, dass man mehr Vorbereitungszeit brauche. Später lehnten sie eine Aussage vor der Kommission ab, mit dem Verweis, dass Zuma zu krank sei. Anfang 2020 erfolgte eine erneute Vorladung, doch wurde auch diese zurückgewiesen, da man behauptete, dass der Kommissionsvorsitzende, Verfassungsrichter Raymond Zondo, ein alter Bekannter Zumas ist und so stellte das Anwaltsteam einen Befangenheitsantrag, der erfolglos blieb. Obwohl der Tatsache gewiss, dass Zuma alles versuchen werde, um sich einer erneuten Befragung durch die Zondo-Kommission zu entziehen, wurde er im Oktober 2020 wiederholt vorgeladen. Als Zuma im November erneut vor die Kommission trat, stellte er zunächst einen Antrag auf Absetzung Zondos, da dieser eine persönliche Abneigung gegen Zuma hege. Als Zondo den Antrag ablehnte, zog sich Zuma ohne Erlaubnis zurück. In der Folge stellte die Untersuchungskommission einen Strafantrag beim Verfassungsgericht, um Zuma zu einer Aussage zu zwingen. Dieses gab dem Antrag im Januar 2021 statt mit der Begründung, dass Zuma der zentrale Zeuge hinsichtlich der Aufarbeitung von „State Capture“ sei und der Anordnung der höchsten richterlichen Instanz des Landes nachkommen müsse. Gleichzeitig rügte das Verfassungsgericht die Zondo-Kommission dafür, dass man offensichtlich alles tue, um den Anliegen Zumas möglichst entgegenzukommen.
Als Zuma im Februar 2021 einen Vorladungstermin verstreichen ließ, stellte die Zondo-Kommission einen Antrag auf Festnahme und zwei Jahre Beugehaft des ehemaligen Präsidenten, da dieser nicht der höchstrichterlichen Anordnung nachkam. Als der Antrag einen Monat später vor dem Verfassungsgericht behandelt wurde, nahm Zuma nicht teil. Statt die Chance zur Verteidigung zu nutzen, veröffentlichte Zuma über Twitter eine Stellungnahme, in der er dem Verfassungsgericht unterstellte, eine „juristische Diktatur“ gegen ihn zu betreiben und erklärte, er habe das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit in Südafrika verloren.
In einem letzten, rechtlich fragwürdigen wie auch unüblichen Versuch des Entgegenkommens setzte das Verfassungsgericht im April 2021 eine weitere Anhörung an, in der Zuma die Gelegenheit geboten wurde, sich über das Strafmaß zu äußern. Zuma lehnte eine Teilnahme ab mit der Aussage, er sei bereit ins Gefängnis zu gehen, schließlich habe er bereits in der Vergangenheit im Kampf gegen einen Unrechtsstaat eingesessen. Um sich nicht weiter der Lächerlichkeit Preis geben zu müssen und die Glaubwürdigkeit zu bewahren, blieb dem Verfassungsgericht keine andere Möglichkeit, als gegen Zuma schließlich eine 15-monatige Haftstrafe wegen Missachtung des Gerichts zu verhängen. Er sei durch die Strafverfolgungsbehörden umgehend festzusetzen und in das Gefängnis in Estcourt/KwaZulu-Natal zu bringen.
Verfassungsgericht verhängt Haftstrafe – Tumulte in KwaZulu-Natal
Das Urteil vom 29. Juni war nicht nur für Zuma, sondern für das gesamte Land ein großer Paukenschlag. Für die junge Demokratie war der Vorgang ein Präzedenzfall, den man angesichts der langen Straffreiheit für Zuma für unmöglich gehalten hat. Während die Zivilgesellschaft, die Medien, die Oppositionsparteien sowie Teile des ANC das Urteil begrüßten, orchestrierten Zuma und seine Gefolgsleute in kurzer Zeit Demonstrationen wütender Anhänger, die sich um seine Wohnanlage im ländlichen Örtchen Nkandla (Provinz KwaZulu-Natal) scharrten. Zuma, der sich gerne als stolzer und traditionsbewusster Zulu inszeniert, hat besonders viele Anhänger unter der Zulu-Ethnie. Daher war es nicht verwunderlich, dass viele Protestierende emotional mit Schildern und traditionellen Waffen Zumas Verteidigung gelobten und verhindern wollten, dass die Polizei Zuma in seinem Heimatort festnimmt. Dies wäre nicht nur für Zuma, sondern auch für hochemotionale Zulus als Demütigung empfunden worden.
Bis zum letzten Moment versuchte Zuma sich der Verhaftung zu entziehen. Einerseits suchte der den Weg über das Oberste Gericht, das allerdings nicht zuständig ist. Andererseits wollte er seine Festnahme zum Politikum machen: das Bild eines Freiheitskämpfers, der zu Apartheidszeiten im Gefängnis einsaß und nun in der Demokratie erneut verhaftet wird, ist für nicht wenige Südafrikaner eine emotionale Angelegenheit und bedient Verschwörungstheorien, nach der ein Komplott aus Kapital im Besitz der Weißen („White Monopoly Capital“) im Hintergrund nach wie vor die Fäden zieht. Die Gründe für die Haft spielen keine Rolle, da im Zweifel die meisten seiner Anhänger nicht den Unterschied zwischen einer Verurteilung wegen Korruption und einer richterlich angeordneten Erzwingungshaft wegen Aussageverweigerung und Missachtung des Gerichts verstehen. Die Vorgänge zeugen zudem von einem weit verbreiteten falschen Rechtsverständnis, nach dem jene Personen, die eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Apartheid hatten, über dem Gesetz stehen.
Gleichzeitig wurde die Situation zunehmend für die Regierung zum Problem. Eine Missachtung der richterlichen Weisung durch die Exekutive hätte den südafrikanischen Wählern deutlich gemacht, dass Angehörige des ANC über dem Gesetz stehen und ungeachtet der Umstände Straffreiheit genießen. Besonders die Reformbestrebungen und der Anti-Korruptionskampf von Präsident Ramaphosa hätten an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Mit Blick auf die im Oktober anstehenden Lokalwahlen hätte das Ignorieren der Haftanordnung somit politische Folgen gehabt.
Auch für den Polizeiminister Bheki Cele, der ein gutes Verhältnis zu Zuma pflegt, war die Lage delikat. Stets mit einem Hut mit breiter Krempe gekleidet, geht Cele gerne selbst auf Polizeipatrouille, um sich als eine Art Sherriff zu präsentieren, der mit harter Hand für Ordnung sorgt. Angesichts gewaltbereiter Zuma-Anhänger drohte die Festnahme auch für ihn zum Fiasko zu geraten. Dabei bestand für ihn allerdings Handlungszwang, da ihm sonst selbst eine Klage drohte.
Die Regierung entsandte schließlich vier hochrangige ANC-Politiker zu Vermittlungszwecken. Zunächst zeigte sich Zuma uneinsichtig. Angesichts seines fortgeschrittenen Alters käme eine Haftstrafe in Zeiten einer Covid-Pandemie einem Todesurteil gleich, so der 79-jährige Ex-Präsident. Zudem sei er noch nicht geimpft. Doch vor dem Hintergrund der Ausweglosigkeit stimmte er schließlich am Abend des 7. Juli seiner Haft zu und fuhr mit staatlicher Eskorte, die Ex-Präsidenten obligatorisch zusteht, direkt in das Gefängnis in Escourt. Zum Zeitpunkt seiner Abfahrt waren die meisten Demonstranten bereits entschwunden – ein Zeichen, dass Zumas allgemeiner Rückhalt geringer ist, als er es selbst glaubt.
Ausblick: Kein Ende der Korruption ohne politischen Wandel
Die Ereignisse um Jacob Zuma zeigen, dass der südafrikanische Rechtsstaat wehrhaft ist, solange der politische Wille gegeben ist, die verfassungsmäßige Ordnung einzuhalten. Dahingehend ist die Festsetzung Zumas als Erfolg zu interpretieren. Größter Gewinner ist Cyril Ramaphosa, der sich den südafrikanischen Wählern weiterhin als Reformer präsentieren und sein Versprechen aufrechterhalten kann, der Korruption ein Ende zu bereiten. Hierbei geht es vielmehr um den Eindruck, Dinge würden sich zum Besseren wenden, als um substanzielle Ergebnisse.
Gleichwohl ist die Annahme verfehlt, dass der Weg zur Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit in Südafrika gesichert sei. Hierfür gibt es eine Vielzahl von Gründen:
Erstens muss Zuma nicht wegen einer seiner zahlreichen Schwerstvergehen hinter Gitter, sondern wegen Aussageverweigerung und Missachtung des Gerichts. Somit gibt es keinerlei Schuldeingeständnis seinerseits, was von jemanden wie Zuma auch nicht zu erwarten ist.
Zweitens kann Zuma bereits nach vier Monaten ein Gnadengesuch stellen. Mit Hinweis auf sein hohes Alter, seinen Gesundheitszustand und der Tatsache, dass trotz aller Umstände das Verfassungsgericht wie auch die Regierung recht nachsichtig mit dem Ex-Präsidenten umging, könnte diesem durchaus stattgegeben werden. Vermutlich werden die Anwälte bereits jetzt nach juristischen Wegen suchen, die ihm eine Entlassung aus der Haft ermöglichen.
Drittens stellt sich die Frage, ob Zuma nach Ende seiner Haft der Aussagepflicht nachkommt. Immerhin hat er gute drei Jahre mit juristischen Kniffen eine Aussage verzögern können.
Viertens wurde kein einziger hochrangiger ANC-Politiker jemals wegen Korruption verurteilt. Für die gern zitierte Narrative, nach der das Lager Ramaphosas das der „Saubermänner“ sei, die im ANC einer kriminellen „Zuma“-Fraktion gegenüberstehe, gibt es keinerlei Evidenz. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Jüngstes Beispiel hierfür ist der Skandal um den Ramaphosa-getreuen Gesundheitsminister Zweli Mkhize, der zu Pandemiezeiten umgerechnet rund neun Millionen Euro veruntreut haben soll. Er wurde zwar beurlaubt und weitere Untersuchungen laufen, jedoch ist nichts weiter geschehen. Auch andere ANC-Politiker sind in Korruptionsskandale verstrickt, unabhängig zu welchem innerparteilichen Flügel sie zählen. Bestechung, Veruntreuung und Vorteilsnahme im Kleinen wie im Großen sind tief auf allen Ebenen der Regierungspartei verankert. Es besteht oft kein Unrechtsverständnis, vielmehr sieht man eine Einheit zwischen Partei und Staat, den man nach Belieben schröpfen kann. Die wiederholte Aussage Zumas, man möge ihm doch sagen, was er falsch gemacht habe, spiegelt diese im ANC weitverbreitete Denkweise wider. Denn das politische Mandat zum Zwecke der eigenen Bereicherung auszunutzen, ist bei einer kritischen Masse im ANC alles andere als verpönt.
Fünftens ist das „Phänomen Zuma“ ein Produkt der Mehrheitsverhältnisse im Land. Seit 1994 ist der ANC mit erdrückender Mehrheit an der Macht. Nicht nur in der Nationalversammlung, sondern auch in fast allen Provinzparlamenten und Gemeinderäten verfügt der ANC über die absolute Mehrheit. Eine Kontrolle der Legislative über die Exekutive ist so gut wie kaum gegeben oder wird nur selektiv ausgeführt. Dieser Modus operandi hat sich über die Jahre hinweg derart verselbständig, dass sich Korruption und Veruntreuung immer fester institutionalisiert haben, ohne dass diese geahndet wurden. Je mehr ANC-Politiker in Korruption verwickelt sind, umso schwieriger ist das Aufbrechen krimineller Strukturen. Solange sich die Mehrheitsverhältnisse im Land nicht ändern, dürfte es ein hoffnungsloses Unterfangen sein, in der Regierungspartei ANC die Korruption beenden zu wollen.
In der Breite der Bevölkerung ist der Unmut über den ANC längst angekommen. Die emotionale Verbundenheit mit der ehemaligen Befreiungsorganisation ist jedoch nach wie vor hoch. Statt sich für andere Oppositionsparteien bei der Wahl zu entscheiden, bleiben die meisten enttäuschten ANC-Sympathisanten der Urne lieber fern. Das erklärt den hohen Anteil an Nicht-Wählern von zuletzt 51 Prozent bei den Parlamentswahlen. Sofern die südafrikanischen Wähler jedoch nicht beginnen, andere Parteien zu wählen und somit die Macht des ANC in den Parlamenten zu mindern, wird sich die Regierungspartei aufgrund des fehlenden Drucks sehr schwer damit tun, sich selbst an den Pranger zu stellen und die Korruption im eigenen Hause zu beenden.