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„Niemandszeit“

Im Dreiländerdreieck von Sachsen, Schlesien und Böhmen

Der in Dresden lebende Autor Dr. Jörg Bernig stellte während einer Lesereise durch vier Thüringer Städte seinen Roman „Niemandszeit“ vor. Dieser spielt „im Dreiländereck von Sachsen, Schlesien und Böhmen“ und beschäftigt sich mit einem Verbrechen, das unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges begangen wurde – die Vertreibung von Millionen Deutschen aus dem Sudetenland.

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Lesereise mit Dr. Jörg Bernig (Dresden)

Was ab 1945 in Böhmen und Mähren, parallel dazu in Schlesien, Pommern, Ostbrandenburg, Ost- und Westpreußen, (Alt-)Polen, der Slowakei, Ungarn, Rumänien oder weiten Teilen Jugoslawiens geschah, ist allerdings nicht nur ein historisches Verbrechen. In den neunziger Jahren beherrschten erneut Berichte von Vertreibungen aus ethnischen oder rassischen Motiven die Schlagzeilen internationaler Medien, als der Vielvölkerstaat Jugoslawien in brutalen Kriegen auseinander brach. Nachrichten von Vertreibungen erreichten uns ferner aus afrikanischen Staaten wie Ruanda, Kongo, Liberia, Algerien oder dem Sudan, ebenso aus Indonesien/Ost-Timor sowie aus weiteren asiatischen Regionen. Diese Beispiele zeigen, dass es sich bei Bernigs Buch nicht ausschließlich um einen historischen Roman handelt, sondern um ein Werk, das leider an Aktualität nichts eingebüßt hat.

Der von Literaturkritikern mit überwiegend sehr positiven Urteilen versehene Roman „Niemandszeit“ führt in besagtes Grenzgebiet in einer Zeit, als die verheerenden Folgen des Krieges für viele Menschen in Flucht und Heimatlosigkeit mündeten. Eine Gruppe von unterschiedlichsten Personen und Charakteren sucht in einem verlassenen und von dem wild wuchernden Wald geschützten Dorf – im Niemandsland zwischen Ost und West – Zuflucht vor ihren Verfolgern, den Revolutionsgarden, und häufig auch vor ihrer eigenen Vergangenheit. Bernigs Roman wirft ein literarisches Schlaglicht auf einen kaum beschriebenen Teil unserer Geschichte und weist angesichts der beschriebenen jüngeren politischen Entwicklungen und Ereignisse gleichzeitig auch weit darüber hinaus. Die verheerenden Auswirkungen und Verwerfungen kriegerischer Auseinandersetzungen sind immer gegen die einzelnen Menschen gerichtet, nicht selten vor allem die Schwächeren und Minderheiten. Vertrieben, heimatlos, von gewaltsamen Übergriffen bedroht suchen sie nach einem neuen Leben, nach Schutz und neuen Orten eines friedlichen Zusammenlebens.

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Jörg Bernig stellte in vier Thüringer Städten seinen Roman "Niemandszeit" vor.

In seinen Lesungen im Rahmen des „Nordhäuser Gesprächs“ - gemeinsam mit Thüringens Sozialminister Dr. Klaus Zeh -, bei einer Abendveranstaltung in Mühlhausen sowie an den Gymnasien von Lengenfeld unterm Stein bzw. Schlotheim konzentrierte sich Bernig auf die ersten Kapitel des Romans, in dem die Grundkonflikte des Romans bereits angelegt und die betroffenen bzw. handelnden Personen – mit zumindest Teilen ihrer Biographien und Schicksale - vorgestellt werden. Deutlich wird zudem der historische Hintergrund, vor dem der Spannungsbogen des Romans sich aufbaut und in der Folge entwickelt.

Der Verfasser stellte dem Zuhörer auf seinen ersten Seiten des Romans die Hauptpersonen der Handlung vor, wie zum Beispiel den Deserteur Antonin Mrha, den Tschechen Thomas Andel, welcher wiederum auf der Suche nach seiner Freundin Theres ist. Stück für Stück begleitet der Zuhörer in Form von Rückblicken die Wege und Abenteuer der Romanfiguren bis hin zu jenem verlassenen Dorf. In seiner wunderbaren sowie melancholischen Art zu schreiben, schaffte es Dr. Bernig, das Hörerpublikum an seine Worte zu fesseln und das Gefühl zu bekommen, selbst in der Nähe des Geschehens zu sein. Nachdem er die Romanfigur Mrha im Ort ankommen lässt, beendete der Autor seine Lesung und weckte eine große Neugier in den Zuhörern, den weiteren Verlauf der Geschichte zu ergründen.

Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., 10.06.04

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