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Zur Auftaktveranstaltung der Reihe „8 Sterne Heimat für Thüringen“ lud das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. am 11. März 2019 nach Sondershausen in das Bürgerzentrum Cruciskirche ein. Unter dem Titel „Von Schwarzburg-Sondershausen bis zum Kyffhäuserkreis“ wurde an diesem Abend die Geschichte Sondershausens näher betrachtet.
Daniel Braun, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Politischen Bildungsforums Thüringen, begrüßte die anwesenden Gäste und betonte die Bedeutung von Heimat und Identität. Das Bedürfnis der Menschen die eigene Verwurzelung zu zeigen, wachse in der heutigen Welt stetig, daher wolle man mit der Reihe „8 Sterne Heimat für Thüringen“ die Thüringer Geschichte an ausgewählte Region betrachten. Der Regionalhistoriker Dr. Steffen Raßloff aus Erfurt begleitet die Veranstaltungsreihe, um die Historie Thüringens und seiner Landkreise darzustellen.
Thüringer Geschichtsabriss
Thüringen habe im Vergleich zu den anderen Bundesländern die längste Vorgeschichte und sei vielfach mit Weltkultur ausgestattet, so Raßloff. Daher wolle er betrachten, was genau die Thüringer Geschichte ausmache. Die erste Erwähnung Thüringens datiere sich zurück auf das späte 4. Jahrhundert und im Jahre 531 sei die das Königreich Thüringen bis zur Donau und nach Hessen ausgedehnt gewesen. Das Bundesland Thüringen existiere also nicht, wie oft fälschlicherweise behauptet, erst seit der Wiedervereinigung. Nach dem Zerfall des Königreiches habe sich Thüringen zu einer „Kleinstaatenwelt“ entwickelt, deren Landgrafschaften die dichte Kulturlandschaft mit acht Residenzstädten entscheidend geprägt hätten. 1920 sei dann der Freistaat Thüringen gegründet worden. Die Stadt Erfurt habe nicht zum Freistaat, sondern zu Preußen gehört, da Preußen keine Gebiete hätte abgeben wollen und auch die Einwohner selbst sich nach dem Ersten Weltkrieg eher mit Preußen identifiziert hätten. Das heutige Thüringen sei weitestgehend ähnlich zur Struktur von 1945, die aktuelle Form sei jedoch erst nach der Wende mit der Kreisstrukturreform 1994 gekommen. Das heutige Wappen Thüringens mit dem rot-silbernen Landgrafenlöwen und den acht Sternen beschwöre die Einheit in der Vielfalt in Thüringen und bilde das Kleinstaatengefüge gelungen ab.
Die Entwicklung Sondershausens
Das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen sei bis 1920 eines der wichtigen regierenden Geschlechter in Thüringen gewesen, obwohl deren Ursprungsgebiet eigentlich in Süd-Thüringen gelegen habe. Bad Frankenhausen habe damals dem Geschlecht Schwarzburg-Rudolstadt angehört, so Raßloff. Wie in ganz Thüringen habe es auch in Sondershausen einen Beitrag zur Kultur in Thüringen gegeben. Nach Raßloff sei die Musik hier prägend gewesen. Die Hofkapelle hätte einen exzellenten Ruf gehabt und die Komponisten Franz Liszt und Richard Wagner seien hier besonders gefördert worden. In der heutigen Zeit spiegelt sich die musikalische Tradition auch dadurch wieder, dass die Thüringer Landesmusikakademie in Sondershausen ansässig sei. Die heutige Struktur des Kyffhäuserkreises mit dem Städtedreieck Ebeleben, Bad Frankenhausen, Sondershausen habe seine Ursprünge im Jahr 1922, nach der Wiedervereinigung sei die Region Artern wieder hinzugekommen. In der Zeit zwischen 1952 und 1990 habe Sondershausen zum Bezirk Erfurt gehört. In der DDR habe man versucht Landkreisstrukturen bewusst klein zu halten, weswegen es in Thüringen nur drei Bezirke gab: Erfurt, Gera und Suhl.
Das Wappen des Kyffhäuserkreises
Wappen seien Stenogramme der Geschichte, so Raßloff. Unter diesem Aspekt sei das Kyffhäuser Wappen sehr gelungen, da es sowohl die Geschichte mit dem Schwarzburger Löwen abbilde, die Ursprünge des Adelsgeschlechts der Mansfelder als auch den Naturraum des Kreises enthalte, symbolisiert durch die Höhen- und Wellenlinien.
Was ist Heimat?
Anschließend an den historischen Vortrag, sprach Stefan Schard, Fachbereichsleiter Zentrale Verwaltung der Stadt Sondershausen, über den Begriff „Heimat“. Dieser sei schwer allgemeinverbindlich zu definieren, da für jeden Menschen Heimat etwas anderes bedeute. Unstrittig sei die Verknüpfung von Heimat mit Sprache, Identität und Kultur. Schard sehe jedoch auch eine enge Verknüpfung vom Ehrenamt mit Heimat. Daher sei die Auswirkungen auf das Engagement der Bürger eine der drängendsten Fragen, welche bei möglichen Gebietsreformen behandelt werden müssten. Dieses würde, ebenso wie die Wahlbeteiligung, sinken, da die Bezug zum Kreis für die Bürger verloren ginge. Die mittlerweile gescheiterte Gebietsreform der Thüringer Landesregierung beschrieb Schard als ein fast ideologisches Projekt, welches dem Drang der Regierung nach Zentralisation Ausdruck verliehen hätte. Sie hätte dazu geführt, dass der persönliche Kontakt der Bürger zur Politik verloren gegangen wäre, dabei sei dieser entscheidend für Wahlausgänge. Denn dort wo Abgeordnete, Verwaltung und öffentliche Institutionen für immer mehr Menschen zuständig sei, werden Kontakte natürlicherweise weniger, was die Bürgernähe als auch das Engagement der Bürger selbst verringere. Natürlich gebe es keine allgemeingültigen Größenvorgaben und auch Anpassungen seien im Laufe von Veränderungen nötig, doch müsse hierbei sowohl Rücksicht auf gewachsene Strukturen als auch Identitäten genommen werden. Einfaches Umsetzen von Planungszahlen, helfe hier nicht weiter. Die Gebietsreformen in anderen Bundesländern hätten zudem gezeigt, dass Einsparungen nicht wie angenommen, eingetreten seien.
Abschließendes Gespräch
Im abschließenden Gespräch wurden vom Publikum weitere Fragen zur Gebietsreform gestellt. Nach Schard gebe es eine Idealgröße von Gemeinden, denn die Effizienz in der Verwaltung müsse nicht zwangsläufig mit der Größe einer Gemeinde wachsen. Identität sei zwar eindeutig wichtiger bei Städten oder Dörfern, als bei Kreisen. Gleichwohl sei wie im Kyffhäuserkreis zu beobachten, dass man dies auch auf Kreisebene etablieren will, um die Verbundenheit mit den Bürgern zu stärken.