Asset Publisher

Event reports

Doping im DDR-Leistungssport

Heidecksburger Schlossgespräch

Asset Publisher

Doping gehört auch 20 Jahre nach dem Ende der DDR noch zu den größten Herausforderungen des Leistungssports und selbst der Breitensport ist teilweise davon betroffen, wie der CDU-Landtagsabgeordnete Gerhard Günther und Dr. Helmut-Eberhard Paulus, der Direktor der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, in ihren Grußworten feststellten.

/documents/269099/269151/7_file_storage_file_962_1.jpg/be3b1514-08cb-7494-bf9f-75462e285bbf
Thomas Purschke
Dennoch verwies der Referent Thomas Purschke darauf, dass die Dopingpraxis heute und in anderen Ländern einen gravierenden Unterschied zur DDR aufwies: Der Leistungssport als Teil einer Strategie zum Erhalt internationaler Anerkennung wurde nach einem „Staatsplan“ systematisch vorangetrieben, welcher die Verzahnung von Sportmedizin und Pharmaforschung vorantrieb, um die Optimierung der sogenannten „unterstützenden Mittel“ fortzuführen. Thomas Purschke verortete den Beginn aus seinen Recherchen in Archiven der Staatssicherheit und Interviews auf den Beginn der 70er Jahre. In einem eingangs gezeigten kurzen Fernsehbeitrag zur Rolle des Pharmabetriebs Jenapharm aus Jena wurde das Ausmaß als auch die Folgen aufgezeigt, denn das systematische Staatsdoping der DDR forderte einen hohen gesundheitlichen Preis der Sportler, welcher bis hin zu Todesfällen und viele Spätfolgen aufweist. In diesem Zusammenhang verwies Thomas Purschke darauf, dass sicher ein großer Teil der Sportler wusste, dass leistungssteigernde Substanzen eingenommen wurden, jedoch die gesundheitlichen Folgen von Trainern und Vorgesetzen nie thematisiert worden waren. Er ergänzte, dass der zusätzliche Druck durch „Leistungspläne“, Staatssicherheitsdienstüberwachung und die Chance als Leistungssportler ins Ausland zu fahren und Versorgungsprivilegien haben zu können, die Hinterfragung des Themas Leistungssteigerung nicht zum Regelfall werden ließ. In dieser Hinsicht betonte Purschke gleichfalls, dass die DDR den Begriff „Doping“ nie verwendete und stets einen konspirativen Stil pflegte, um keinesfalls Zweifel am Zustandekommen der Sportgroßmacht DDR aufkommen zu lassen.

Dennoch konnte Purschke in seinen Forschungen nachweisen, dass die beteiligten DDR-Sportmediziner und Forscher bei Jenapharm über die Risiken der Behandlung insbesondere mit dem anabolen Medikament „Oral-Turinabol“ wussten, so dass der Vorsatz der körperlichen Schädigung klar vorhanden war, wobei gerade das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Sportler und Trainer missbraucht wurde. Gerade in dieser Hinsicht ist die DDR-Dopingpraxis besonders verwerflich, da man die bereits früh im Kindesalter geförderten Talente in den Kinder- und Jugendsportschulen, die ihre Eltern meist nur am Wochenende sahen, bereits ab 10 Jahren mit Dopingpräparaten versorgte, welche gerade in der Wachstumsphase besondere Schäden verursachten.

Thomas Purschke gab Gegenbeispiele von Sportlern und Eltern, die sich dieser Methodik verweigerten und verwies darauf, dass damit in der Regel die Karriere der Sportler beendet war.

/documents/269099/269151/7_file_storage_file_963_1.jpg/8ff24ea3-d552-ccbe-0873-60dcdc5cba2e
Gerhard Günther, MdL und Thomas Purschke

Purschke regte in der Diskussion mit den Gästen auch 20 Jahre nach der Wiedervereinigung an, die Sportgeschichte aktuell und in der Vergangenheit weiterhin kritisch zu beobachten und gab zu bedenken, dass er persönlich von vielen Sportfunktionären als „Nestbeschmutzer“ diffamiert wird, obwohl er nicht die sportliche Leistung der Athleten schmälern will, sondern einen gesellschaftlich so relevanten und beispielhaften Bereich gerade für die Jugend, als Vorbildinstitution erhalten will. Insbesondere die große finanzielle Förderung des Staates für den Sport, muss damals wie heute das Recht der Steuerzahler auf sauberen Sport berücksichtigen.

Die Diskussion mit den Teilnehmern erbrachte viele Facetten des Themas, so dass die Veranstaltung erst nach mehr als zwei Stunden zu Ende ging.

Asset Publisher

comment-portlet

Asset Publisher