Täglich landen in Deutschland nach wie vor viele Tonnen genießbarer Lebensmittel im Müll, obwohl es hierzulande viele Menschen gibt, denen es an notwendigen Lebensmitteln fehlt, da sie oft nicht im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten liegen. In der 11. Folge des Agenda 2030 Talk sprach das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. mit Beate Weber-Kehr, Vorsitzende des Landesverbandes Thüringer Tafeln, über ihre Arbeit bei der Tafel in Thüringen. Die Veranstaltung wurde von Charlotte Becker moderiert.
Zu Beginn der Veranstaltung sprach Beate Weber-Kehr über die Arbeit der Tafeln und wie diese zur Lebensmittelrettung beiträgt. Die Tafeln sind Einrichtungen, die bedürftigen Menschen Lebensmittel geben, die im Wirtschaftskreislauf nicht mehr benötigt werden aber noch hochwertig sind. 1993 startete die Initiative in Berlin bei Lebensmittelhändlern, welche nach Lebensmitteln gefragt wurden, die nicht mehr in den Verkauf gebracht werden können. Die Händler waren froh, dass sie nicht mehr so viele Lebensmittel wegwerfen mussten und dass diese für einen guten Zweck verwandt wurden. Selbst die Hersteller von Lebensmitteln, wie z. B. eine Fabrik in Apolda, die Pizzen herstellt, geben überschüssige Lebensmittel an die Tafeln ab. Des Weiteren gibt es Gastwirtschaften oder Großküchen, die ihre übrig gebliebenen Speisen den Tafeln überlassen. Ein Arbeitstag bei den Tafeln beginnt mit der Abholung der Lebensmittel z. B. bei den Supermärkten. Anschließend werden die Lebensmittel von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort nach Güte und dem Mindesthaltbarkeitsdatum kontrolliert. Die Besucher der Tafel können zu den jeweiligen Öffnungszeiten die Lebensmittel je nach Bedarf und Anzahl der Familienmitglieder abholen. Am Ende des Tages müssen die noch vorhanden Lebensmittel weggeräumt und die Abholräume geputzt werden. Trotz der Coronapandemie und den damit verbundenen Einschränkungen, wollen die Tafeln es allen Besuchern ermöglichen, Lebensmittel zu erhalten. Es besteht für die Bedürftigen unter anderem die Möglichkeit, vorgepackte Tüten kontaktlos abzuholen.
Beate Weber-Kehr hat in ihrer langjährigen Arbeit viele Momente erlebt, die sie geprägt und motiviert haben. Sie hat Familien beobachtet, in denen die Kinder sich unter anderem durch die Versorgung durch die Tafeln, gut entwickelt haben. Im Kontext der Agenda 2030 geht es vor allem um das Ziel gegen Armut, Hunger und Lebensmittelverschwendung vorzugehen. Was kann die Politik dagegen tun? Laut Weber-Kehr spielen die Tafeln heutzutage schon eine wichtige politische Rolle. Jährlich werden 265.000 Tonnen Lebensmittel gesammelt. Die Tafeln haben somit einen wichtigen ökologischen aber auch sozialen Ansatz im Hinblick auf die Daseinsvorsorge, welche im Wesentlichen vom Staat geleistet werden muss. Sie geben den bedürftigen Menschen eine Stimme in der Politik. Derzeit geht es um die Sicherstellung des Inflationsausgleichs. Hier muss die Politik aktiv werden. Weitere Forderungen sind, die Armutsbekämpfung im Alter, zum Beispiel durch die Ernennung eines Armutsbeauftragten. Es stimmt nachdenklich, wenn jedes Jahr in Deutschland elf Millionen Tonnen Lebensmittel vernichtet werden. Jeder einzelne kann etwas tun, gegen Verschwendung und für mehr Engagement für die Menschen am Rande der Gesellschaft, so das Plädoyer der Gesprächspartner am Ende des Talks.