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Am 26. April 2012 machte die „Rednertour Europa!“ der Konrad-Adenauer-Stiftung Halt in Erfurt. Im Comcenter Brühl wurde unter dem Titel „Deutschlands Rolle in Europa: Freiheit und Verantwortung in der sozialen Marktwirtschaft“ über Wirtschafts- und Finanzpolitik Deutschlands und Europas gesprochen.
Nach der Begrüßung durch die Leiterin des Bildungswerks Erfurt Maja Eib, leitete der Moderator Prof. Dr. Gerhard Wegner kurz in das Spannungsfeld des Veranstaltungsthemas ein und stellte dabei die wirtschaftliche Situation Deutschlands Anfang der 2000er Jahre der aktuellen Lage gegenüber. Wegner stellte dabei fest, dass die von der damaligen rot-grünen Regierung beschlossene Agenda 2010, die notwendige arbeitspolitische Reformen einleitete, mit eine der entscheidenden Weichenstellung für die positive wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands war. Die zentrale Frage, die sich nach dieser Gegenüberstellung ergab, war, ob Deutschland trotz konstanten wirtschaftlichen Erfolgs wieder in alte Muster zurückfallen kann. Da die Europäische Union auf diesem Politikfeld mittlerweile erhebliche Kompetenzen vorweist, ist insbesondere die europäische Dimension bei der Betrachtung der Wirtschaftspolitik zu berücksichtigen. Denn vermehrt werden innerstaatliche Entscheidungen von Entwicklungen auf der EU-Ebene abhängig gemacht. Mit der sich daraus ergebenden Frage, ob diese Verknüpfung zwischen Politik und Wirtschaft zukunftsfähig ist, übergab Wegner das Wort an Herrn Göhner.
Dr. Göhner betonte nachdrücklich die große Bedeutung des europäischen Binnenmarkts für die deutsche Wirtschaft. Der Großteil des deutschen Exports verbleibt schließlich im EU-Raum. Doch auch innerstaatliche Faktoren stützen die Wirtschaftskraft Deutschlands. So war es dem guten Zusammenwirken der Tarifpartner zu verdanken, dass es zu keiner Beschäftigungskrise kam. Dadurch konnten vielerorts die Beschäftigungsplätze gesichert werden, wovon der Binnenkonsum Deutschlands erheblich profitierte.
Göhner wies weiter darauf hin, dass vor allem die gemeinsame europäische Währung ein entscheidender Faktor dafür ist, dass der deutsche Export so gut läuft und die deutsche Wirtschaftskraft sich positiv entwickeln konnte. Ein großes Problem sah Göhner allerdings in den Staatsschulden aller europäischen Staaten, inklusive Deutschlands. Um Wettbewerbsfähig zu bleiben, schlug Göhner daher eine Doppelstrategie von Haushaltskonsolidierung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit vor. Daher sieht er einen wichtigen und richtigen Schritt in einer Vergemeinschaftung der Finanz- und Wirtschaftspolitik der EU-Staaten. Der Fiskalpakt, der allerdings noch nicht in Kraft getreten ist, sei dafür das geeignete Instrument. Göhner räumte ein, dass Deutschland nicht für die versäumten Strukturveränderungen anderer Staaten zahlen soll. Jedoch sollen Finanzhilfen unter klaren Bedingungen, wie Haushaltskonsolidierung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, vergeben werden.
In der anschließenden Diskussion wurde kritisch angemerkt, dass die finanz- und wirtschaftspolitischen Versäumnisse auf die schwäche der EU-Organe zurückzuführen sind. Um diesen Funktionsdefiziten der EU-Organe entgegenzutreten, machte sich Göhner dafür stark, dass die EU staatsähnlicher werden müsse. Im Gegensatz dazu wurde auf das Proportionalitätsproblem bei der Stimmengewichtung der Mitgliedstaaten hingewiesen, die eine adäquate Repräsentation bisher unzureichend erfüllt.
Zum Schluss wurde festgehalten, dass die übergeordnete Aufgabe für Deutschland und Europa die Rückführung der Staatsschulden ist, wollen Deutschland und Europa ihre Wirtschaftskraft bewahren und weiterhin eine tragende Rolle in einer globalen Welt spielen.