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Das Seminar „Schatzkammern der Thüringer Heimat: Das Erbe der Henneberger und der Reformation in Südthüringen“ war in zwei Teile gegliedert. Am Freitag wurde durch einen Vortrag die Einführung in das Thema vollzogen. Darauf folgten zwei Tage mit Exkursionen zu ausgewählten Objekten, an denen das bereits im Vortrag teilweise angesprochene hautnah erlebt werden konnte.
Die Teilnehmer wurden von Tagungsleiter Steffen Krech im Hotel Thüringen in Suhl willkommen geheißen und in die Tagung eingeführt. Im Anschluss an die Begrüßung folgte der Vortrag von Prof. Dr. Helmut-Eberhard Paulus zum Thema: „Südthüringen als Wiege der Henneberger und der Reformation“. Der Direktor der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten skizzierte vor allem das Wirken der Henneberger in Südthüringen, welche auch ein dynastische und kulturelle Basis des Bundeslands Thüringen darstellen, nach und ging er dabei insbesondere auf ihre baulichen Hinterlassenschaften ein, welche heute Identifikationspunkte für Bürgerinnen und Bürger und viele Heimatvereine bilden. Die Henneberger waren in verschiedener Hinsicht eine Dynastie mit beachtlichen Leistungen. So bestand das Staatsgebilde auch nach dem Aussterben des Geschlechts im Mannesstamme noch etwa 300 Jahre weiter. Zwar beherrschten die Henneberger ein vergleichsweise kleines Gebiet, jedoch waren es nach Ansicht von Prof. Dr. Paulus gerade die kleinen Territorien, die immer wieder Innovationen hervorbrachten und somit Identitätsträger für das spätere Thüringen wurden. Die Henneberger waren eine der ersten Dynastien mit einem eigenen Hauskloster, dem Kloster Veßra. 1310 schafften sie den Aufstieg in den Stand der Reichfürsten. Auch die Landesordnung von 1539, die bis 1806 fortbestand, galt anderen Herrschern als Vorbild.
Mit der Einführung der Reformation zögerten die Henneberger aufgrund ihrer Verbindung zum Bistum Würzburg. Erst 1544 trat Graf Georg zum evangelisch-lutherischen Glauben über. Das Kloster Veßra wurde säkularisiert und fortan landwirtschaftlich genutzt.
Nachdem am Freitag der einführende Vortrag durch Prof. Dr. Paulus erfolgte, reisten die Teilnehmer am Samstag zu vier Exkursionszielen. Die dortigen Referenten wurden in ihren Ausführungen durch Prof. Dr. Paulus ergänzt. Das erste Ziel war das Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden. Museumsdirektor Dr. Lehmann führte durch das Objekt und wusste die Anwesenden durch seine Vortragsweise zu begeistern. Als nach dem Aussterben der Henneberger im Mannesstamme Schmalkalden an Hessen-Kassel fiel, setzte Landgraf Wilhelm IV. durch den Bau der Wilhelmsburg als Nebenresidenz ein Zeichen. Schmalkalden war damals eine reiche und vergleichsweise bevölkerungsreiche Stadt. Da die Wilhelmsburg nach etwa zwei Herrschergenerationen wieder in Vergessenheit geriet und so von Umbauarbeiten weitgehend verschont blieb, ist noch heute größtenteils die originale Raumstruktur des 16. Jahrhunderts erhalten. Dies macht das Objekt zu einem Prunkstück unter den deutschen Renaissance-Schlössern.
In seinem Vortrag ordnete Museumsdirektor Dr. Kai Lehmann die Reformation in einen größeren Gesamtzusammenhang ein. Viele verschiedene Entwicklungen, wie die Entdeckungsfahrten, Universitätsgründungen, der Aufstieg der Städte oder der Buchdruck mit beweglichen Lettern gingen ihr voraus. Lehmann erörterte die Bedeutung der Schmalkaldischen Artikel und erklärte das Scheitern des Schmalkaldischen Bundes unter anderem mit dem Fehlverhalten von Landgraf Philipp.
Von Schmalkalden aus reiste die Seminargruppe in Richtung Bad Liebenstein, um den Englischen Garten des Schlosses Altenstein zu besichtigen. Prof. Dr. Paulus merkte bereits während der Busfahrt an, dass die Bezeichnung Englischer Garten nicht gänzlich zutreffend sei, da diese normalerweise nicht im Mittelgebirge angelegt wurden. Stattdessen sei der Begriff Parkanlage besser geeignet. Die Führung durch das Parkgelände übernahm Herr Muschiol. Er erläuterte unter anderem die Arbeit der Landschaftsgärtner, die das insgesamt 160 ha große Areal bewirtschaften. Seit dem Jahr 2002 wurden wieder die typischen Teppichbeete angelegt. Muschiol wies daraufhin, dass Georg II. selbst die Gartenpflege inszenierte. Während seiner Anwesenheit mussten die Gärtner und Gärtnerinnen bestimmte Kleidung tragen. Georg II. unterhielt eine enge Verbindung zu Johannes Brahms. Dem Komponisten zu Ehren soll eine Gedenkstätte im Schloss errichtet werden. Obwohl der „Englische Garten“ ein vergleichsweise landesgeschichtliches unbedeutendes Kleinod repräsentiert, ist es als kultureller Schatz der Stolz der Region.
Im Anschluss an die Besichtigung der Anlage machten sich die Teilnehmer auf den Weg nach Schleusingen. Durch das Schloss Bertholdsburg wurden sie von Burgverwalter Stoischek geführt. Nach dem Umzug von der Stammburg Henneberg wurde die Bertholdsburg die Hauptresidenz der Henneberger. Schleusingen wurde zu einem Ort des Humanismus. Die Schlossherren stifteten eine umfangreiche Bibliothek. Auch wenn sich die Bertholdsburg von außen als bauliche Einheit präsentiert, so werden im Innern die verschieden Entwicklungsphasen sichtbar. Heute beherbergt sie das Naturhistorische Museum.
Letztes Reiseziel am Samstag war das Kloster Veßra. Dieses wurde 1131 gegründet und diente als Grabstätte der Stilisierung der toten Henneberger. Museumsdirektor Witter führte über das ca. sechs Hektar große Areal, das entscheidend durch den Doppelturmbau der Basilika geprägt wird. Die restlichen Teile der Basilika wurden durch einen Brand stark in Mitleidenschaft gezogen. Witter ermöglichte den Teilnehmern einen Einblick in die aktuellen archäologischen Arbeiten im Refektorium.
Am letzten Seminartag stand die Fahrt zur Veste Heldburg auf dem Programm. Die Geschäftsführerin des Fördervereins Veste Heldburg, Frau Rose, führte die Seminargruppe durch das Objekt. Im Heidenbau ist bereits eine Pilotausstellung des bis 2015 entstehenden Deutschen Burgenmuseums zu sehen. Neben den einzelnen Ausstellungsstücken dient die Veste Heldburg selbst als Anschauungsobjekt. Immer wieder ist der mittelalterliche Originalzustand ansatzweise zu erkennen. Nach seiner Heirat mit seiner bürgerlichen Gemahlin zog sich Herzog Georg II. auf die Veste Heldburg zurück. Er baute die ursprüngliche Burg nach seinen Vorstellungen um. Aus dieser Zeit stammt auch die eigens von Georg II. entworfene Freifraukemenate. Im französischen Bau, der 1982 durch einen Brand stark beschädigt wurde, erläuterte Prof. Dr. Paulus die unterschiedlichen restauratorischen Vorhaben für die einzelnen Etagen.
Den Abschluss des Seminars bildete die Seminarauswertung. Die Teilnehmer zeigten sich sehr zufrieden. Vor allem Prof. Dr. Paulus wurde wegen seiner fachlichen Kompetenz und rhetorischen Fähigkeiten gelobt. Die Möglichkeit, Einblicke in die Restaurationsarbeiten nehmen zu können, hat den besonderen Reiz dieser Veranstaltung ausgemacht. Gerade Details aus der Landesgeschichte zu den eher unbekannten Wurzeln des Freistaats Thüringen waren von besonderen Interesse für die TeilnehmerInnen aus Thüringen und anderen Bundesländern, Das Seminar zeigte, dass die Thüringer Schatzkammer reich mit kulturell, politischen und historischen Zeugnissen gefüllt ist, die regional und auf Landesebene das Heimatgefühl der Bürgerinnen und Bürger bestimmen.