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In diesem Tal unweit der Stadt ermordeten die Deutschen im Zweiten Weltkrieg mindestens 16.000 jüdische Einwohner Charkiws. Die Schätzungen der tatsächlichen Opferzahl reichen noch weit höher. Iryna Ferentseva, die Leiterin der Gedenkstätte, führte den Gast aus Deutschland über das weiträumige Gelände und berichtete zum Thema Erinnerungskultur in der Sowjetunion und in der heutigen Ukraine. So wurde erst gegen Ende der 1980er Jahre erstmals öffentlich darüber berichtet, dass dieses eigentlich idyllisch gelegene Tal Schauplatz des nationalsozialistischen Massenmords an der jüdischen Bevölkerung Charkiws war. Die heutige Gedenkstätte wurde dann Ende 2002 eingeweiht.
Der Besuch der Gedenkstätte fand im Rahmen eines Informationsprogramms des KAS-Vorsitzenden in der Ostukraine statt.
Ebenfalls dem Thema Erinnerungskultur gewidmet war ein Treffen mit Kostiantyn Lewin vom Projekt „Decommunize Kharkiv“. Auf einer interaktiven Karte ermöglicht dieses Projekt es den Einwohnern Charkiws, kommunistische Symbole und Denkmäler zu melden. Das ukrainische Parlament hatte 2015 eine weitreichende Dekommunisierung des Landes beschlossen.
Mit den Gefahren für die Presse- und Meinungsfreiheit setzt sich die von dem ukrainischen Graphikdesigner Mykola Kowalenko konzipierte Plakatausstellung „Shut up! The Voice of Democracy is in Danger“ auseinander. Die Ausstellung wird derzeit mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung im Charkiwer Operntheater gezeigt. Mykola Kowalenko berichtete Prof. Dr. Lammert unter anderem von der großen internationalen Resonanz dieses Projekts, das Plakate aus insgesamt 36 Ländern zeigt.
Die religiöse Situation in der Ostukraine, das Verhältnis von Politik und Religion und die Bedeutung der Christdemokratie waren Thema eines Gesprächs des KAS-Vorsitzenden mit Vertretern verschiedener Glaubensgemeinschaften und Konfessionen. Neben den Vertretern der drei orthodoxen Kirchen der Ukraine nahmen daran Vertreter der römisch-katholischen, griechisch-katholischen und evangelisch-lutherischen Kirche sowie der jüdischen Gemeinde Charkiws teil.
Zum Abschluss seines Besuchs stattete Prof. Dr. Lammert der Nichtregierungsorganisation „Ukrainian Frontiers“ einen Besuch ab, die Binnenflüchtlinge aus der Ostukraine unterstützt. Rund 1,6 Millionen Menschen haben im Zuge des Konflikts ihre Heimat im Osten des Landes verlassen müssen und Zuflucht in anderen Teilen der Ukraine gesucht. Rund 125.000 sind derzeit offiziell in Charkiw registriert. Inna Atschkasowa und Jewhenija Lewinstein berichteten von den Schwierigkeiten der Binnenflüchtlinge auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. Ergänzt wurden die Ausführungen von Prof. Dr. Viktoria Melman, die an einem GIZ-Projekt zur Unterstützung der ukrainischen Gemeinden im Zusammenhang mit der erhöhten Zahl der Binnenflüchtlinge beteiligt ist.
Bereits am Vortag hatte sich Prof. Dr. Lammert mit der Gouverneurin der Region Charkiw, Dr. Julia Switlitschna, zur deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit ausgetauscht. Beide nahmen zudem an der Festveranstaltung anlässlich der offiziellen Eröffnung des zweiten Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ukraine teil.