Country reports
Nico Lange: Herr Kardinal Marx, herzlich willkommen bei der Konrad-Adenauer-Stiftung hier in Washington DC. Sie sind gerade eben angekommen, wollen hier Gespräche führen aber nicht nur über religionspolitische Fragen reden, sondern auch über Handel, über andere Fragen die uns gerade zwischen Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika interessieren. Warum ist es für Sie wichtig nach Amerika zu kommen und hier Gespräche zu führen?
Kardinal Marx: Ich habe mir seit über 10 Jahren so zur Regel gemacht, alle zwei, drei Jahre in die Vereinigten Staaten zu reisen, zunächst mal war ich etwas zurückhaltend, aber dann habe ich gemerkt, wie wichtig es ist hier die Gespräche zu führen und zwar eben nicht nur im politischen Feld. Regierungen kommen und gehen. Sondern auch gerade im wissenschaftlichen Feld, das ist für uns von außerordentlicher Bedeutung.
Wie geht es mit der Globalisierung weiter?
Sozialethische Fragen, wirtschaftliche Fragen, Handelsfragen die Sie angesprochen haben. Wie geht es mit der Globalisierung weiter? Wer sind die Gewinner? Wer sind die Verlierer? Das interessiert die Kirche natürlich insbesondere; Immigrationspolitik, welche Erfahrungen haben die Amerikaner, die Bischöfe, die Caritas? Aber, auch welche politischen Diskussionen werden geführt im Silicon Valley? Was für technologische Entwicklungen kommen auf uns zu, die uns auch als Kirche herausfordern? Also, eine Unmenge von Punkten, die eben wichtig sind und die wir eigentlich am besten vor Ort im Austausch miteinander klären. Nicht nur indem wir hören sondern indem wir uns auch der Diskussion stellen und unsere Argumente mit einbringen. Ich habe auch schon mehrere Vorträge hier gehalten an Universitäten.
In Amerika muss man über Zukunftsfragen in die Diskussion einsteigen
Also, ich finde es sehr, sehr wichtig; Amerika bleibt für uns ein wichtiger Partner und ist eine Nation, ein Land, wo eben sehr viel Innovation und das, was in Zukunft auch für die Welt von Bedeutung ist, geschieht. Wo man also in die Diskussion einsteigen muss.
Nico Lange: Es gibt hier in Amerika, es gab schon immer, das ist jetzt nicht neu unter Trump, aber es gibt viele Politiker, die sich explizit auf ihr Christsein berufen wenn sie Politik machen. Sehr prominent gerade der Vize-Präsident Mike Pence, aber zum Beispiel auch Marco Rubio, den wir auch treffen werden zu Gesprächen. Was ist denn Ihre Botschaft an die amerikanische Politiker die sich sehr explizit darauf beziehen das sie Christen sind?
Kardinal Marx: Zunächst einmal ist ja die Geschichte der Vereinigten Staaten ganz klar eine Geschichte der Trennung von Religion und Staat. Deswegen sind sie ja nach Amerika gekommen damals, die Auswanderer, weil sie die Religionspolitik des Staates eben nicht wollten, der bestimmt was jemand glauben soll. Und trotzdem war für alle Amerikaner, glaube ich, immer klar, dass eine religiöse Bindung für den Menschen von großer Bedeutung ist. Und das ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Da sind sehr viele Konfessionen, Gruppen, Gemeinschaften, nicht nur Christen.
Die Christen sind noch immer eine starke Stimme in Amerika
Aber die Christen sind immerhin noch eine starke, starke Stimme in Amerika. Das kann ich nur begrüßen. Ich kann ihnen eigentlich nur empfehlen immer wieder das Evangelium anzuschauen und die Gestalt des Christentums ist ja nicht diffus, da kann man nicht irgendwas erzählen. Sondern, da muss man in das Evangelium schauen, muss man an der Gestalt Jesu Maß nehmen, und möglichst, das würde ich mir wünschen, auch in einem ökumenischem Schulterschluss, die großen Themen die uns von der Bibel vorgegeben sind, auch zu versuchen wenigstens in politische Optionen umzusetzen.
Nico Lange: Seit der Wahl Donald Trumps, aber nicht nur seitdem, auch schon vorher, im Zusammenhang mit dem Aufkommen von Populismus in Europa, wird viel darüber gesprochen, dass gerade Menschen die sich als zurückgelassen empfinden, dazu neigen Protest zu wählen. Und auch hier wird viel darüber gesprochen dass es Zurückgebliebene sind, vielleicht auch Verlierer sind. Hier wird darüber gesprochen, dass es Verlierer von Globalisierung sind, die Donald Trump unterstützen. Ist das ein Thema, dass auch für Sie als Vertreter der Kirche ein Wichtiges ist?
Kardinal Marx: Absolut wichtig. Ich bin früher Professor gewesen für Soziallehre und da geht’s natürlich schon um die Frage: geht’s gerecht zu? Ist die gesellschaftliche Entwicklung, die wirtschaftliche Entwicklung, so dass alle partizipieren? Nicht jeder gleich ist, das wissen wir, gleich an würde, aber dass jeder natürlich aber doch eine gleiche Chance bekommt, eine gerechte Chance mitzuwirken, mit dabei zu sein. Und da ist die Frage von Gewinnern und Verlierern, von denen, die auf der Strecke bleiben, immer ein großes Thema gewesen.
Der Populismus geht quer durch die Gesellschaft
Der Populismus geht quer durch die Gesellschaft, das ist etwas was mir auffällt. Zwar bekommt er Nahrung aus dieser Verwerfung, aus den sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen, die wir in manchen Ländern sehen. Aber, es gibt ihn eben Querbett in allen Gesellschaftsgruppen und auch in den Ländern. Das hat sehr, sehr viele Ursachen die man gar nicht so schnell auf einen Punkt bringen kann. Es ist sicher auch die Erfahrung der Unübersichtlichkeit der Welt, die Sehnsucht nach klaren Orientierungen, nach einfachen Antworten. Erst recht wenn man große Probleme hat, möchte man eine klare Antwort, eine klare Ansage, und wenn jemand sie gibt, dann folgt man eben. Also, das sehe ich mit großer Sorge. Weil im Grunde genommen ist auf diese vielen Fragen, die wirtschaftlich, sozial, kulturell da sind, nicht einfache Antworten gibt.
Nico Lange: Herr Kardinal Marx, vielen Dank für das Gespräch.